05.08.2006


SDA

Die Rolle der Nachrichtenagenturen

Dossier zur Rechtschreibreform

Bern (sda) Zeitungen haben ein Interesse daran, dass die Nachrichtenagenturen eine einheitliche Orthographie anwenden. Die Agenturen spielen deshalb bei der Umsetzung der Rechtschreibreform eine bedeutende Rolle.

Von Peter Müller, SDA

Dessen waren sich die Agenturen von Anfang an bewusst. Mitte August 1996, als noch nicht einmal der reformierte Duden vorlag und die Auswirkungen des neuen Regelwerks noch weithin unbekannt waren, befragten die Agenturen ihre Kunden, ob die neue Rechtschreibung übernommen werden sollte.

In einem Begleitbrief stand: "Die Umstellung auf die neue Rechtschreibung ist letztlich unvermeidlich - vor allem, weil die nachwachsende Lesergeneration anderenfalls den Printmedien verlorengehen könnte." Bei der grossen Mehrheit der Zeitungen wirkte der Wink mit dem Zaunpfahl, und sie befürworteten eine Umstellung.

Eigene Wörterliste

Die Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen entwickelte nun eine gemeinsame Wörterliste für Varianten und strittige Fälle.

Sie folgte der Reform namentlich bei der Kleinschreibung von feststehenden Begriffen (gelbe Karte) nicht und wählte bei Varianten meistens die herkömmliche (aufwendig).

Die Liste enthielt allerdings zahlreiche Fehler. Beispielsweise wurde argumentiert, bei Zierrat werde das zweite r (das es in Wirklichkeit gar nicht gibt) nun erhalten.

Im Zweifel für das Herkömmliche

Die SDA sprach sich in der Arbeitsgemeinschaft dafür aus, die herkömmlichen Varianten zu verwenden, sobald sie jeweils wieder zugelassen waren. Die Agenturen hatten die Zulassung verschiedener herkömmlicher Varianten (alleinerziehend, sogenannt) nämlich von Beginn an ausdrücklich gefordert.

Während die anderen Agenturen noch abwarten wollten, führte die SDA im Herbst 2005 den Grundsatz "Bei Varianten die herkömmliche" ein. Sie übernahm damit die bei der ersten offiziellen Reform der Reform 2004 wiedereingeführten herkömmlichen Varianten.

Variantenwahl

Der Grundsatz "Bei Varianten die herkömmliche" hilft aber nicht immer weiter. Es gibt Fälle, in denen die neue Rechtschreibung zwar Varianten bereitstellt, aber keine, die einer herkömmlichen Schreibweise entspricht (vonseiten/von Seiten, herkömmlich: von seiten, Platitude/Plattitüde, herkömmlich: Platitüde).

Im Weiteren gibt es Fälle, bei denen es sowohl in der herkömmlichen wie in der neuen Rechtschreibung mehrere Varianten gibt, die übereinstimmen (anstelle/an Stelle, räkeln/rekeln, sodass/so dass). Die weitaus meisten Fälle dieses Typs finden sich bei den Fremdwörtern, darunter allerdings viele mit Eindeutschungen, die für die Schweiz nicht in Frage kommen (Scharm, Kupee).

Eigenes Wörterbuch

Die SDA beantragte der von der Jean Frey AG und vom Sprachkreis Deutsch gegründeten Schweizer Orthographischen Konferenz, für ihre Empfehlungen den gleichen Grundsatz zu übernehmen.

Die Konferenz vom 1. Juni 2006, an der unter anderen die Weltwoche, die NZZ, der Tages-Anzeiger, die Mittelland-Zeitung, die FAZ, Verlage wie Diogenes und Nagel & Kimche, die Nachrichtenagenturen SDA, AP und Sportinformation sowie die Bundeskanzlei teilnahmen, verabschiedete die Empfehlung.

Die Konferenz setzte eine Arbeitsgruppe aus Sprachwissenschaftern und Praktikern ein, die Wörterlisten für Ausnahmen erarbeiten soll. Diese werden ab 12. Oktober 2006 bereitstehen.

Die Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen hat inzwischen ebenfalls den Grundsatz "Bei Varianten die herkömmliche" übernommen.



Die Quelldatei dieses Ausdrucks finden Sie unter
http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=503