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18.03.2005
 

Konsens für den Nonsens

Daß die Rechtschreibreform mißlungen ist, zu dieser Erkenntnis kann sich der Schweizer Nationalrat zwar nicht durchringen, aber er stellt immerhin fest, sie sei nicht konsensfähig.

Wie der Zürcher Tages-Anzeiger meldet, hat der Nationalrat deshalb den Schweizer Delegierten im „Rat für deutsche Rechtschreibung“ nicht etwa den angesichts der Sachlage naheliegenden Auftrag erteilt, für eine Wiederherstellung der bisher konsensfähigen Rechtschreibung zu sorgen, sondern dafür, daß auf alle Fälle wenigstens im „Rat“ für den Nonsens ein Konsens herbeigeführt wird, d. h. eine Stimmenmehrheit.



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Kommentare zu »Konsens für den Nonsens«
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Kommentar von Peter Lüber, verfaßt am 18.03.2005 um 23.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=223#470

Im erwähnten Tagesanzeiger-Artikel heißt es: „Der Nationalrat hat stillschweigend von einer entsprechenden Petition von Rechtsprofessoren Kenntnis genommen, ohne ihr Folge zu geben.“ – „Stillschweigend“! Das kann entweder feige und duckmäuserisch oder, ganz einfach, dumm heißen. Von „Rechtsprofessoren“ (wohlgelesen! nicht von Sprachwissenschaftlern) wird berichtet: Und weshalb nur von ihnen? Etwa deshalb, weil Studenten und Studentinnen lieber spazieren als demonstrieren?


Kommentar von Helmut Jochems, verfaßt am 18.03.2005 um 21.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=223#469


Was haben wir vom Rat für deutsche Rechtschreibung zu erwarten?

In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause wird der RfdR vermutlich über eine Empfehlung abstimmen, wie die Kultusministerkonferenz zum 1. August 2005 verfahren solle. Drei Anträge könnten zur Abstimmung stehen. Falls die Schweiz ihren 9. Sitz bis dahin nicht eingenommen hat, der Vorsitzende Zehemair dagegen an der Abstimmung teilnimmt, sind 34 Mitglieder stimmberechtigt. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung könnte allerdings in der Zwischenzeit dem Vorbild des PEN-Zentrums Deutschland gefolgt sein und ihre zwei Sitze eingenommen haben. Dann wären 36 Mitglieder stimmberechtigt. Im folgenden wird dieser Fall in Klammern berücksichtigt.

1. Antrag: "Der Rat für deutsche Rechtschreibung empfiehlt, die Neuregelung in der Fassung von 2004 mit den ergänzenden Änderungsvorschlägen der Arbeitsgruppe des RfdR in Kraft zu setzen."
Vermutliches Ergebnis: 26 Ja-Stimmen, 8 (10) Nein-Stimmen.

2. Antrag: "Der Rat für deutsche Rechtschreibung empfiehlt, die Neuregelung in der Fassung von 2004 ohne Ergänzungen in Kraft zu setzen."
Vermutliches Ergebnis: 19 Ja-Stimmen, 15 (17) Nein-Stimmen.

3. Antrag: "Der Rat für deutsche Rechtschreibung empfiehlt, zu der vor der Neuregelung gültigen Rechtschreibung zurückzukehren."
Vermutliches Ergebnis: 8 (10) Ja-Stimmen, 26 Nein-Stimmen.

Daraus folgt: Wenn es der "Arbeitsgruppe" gelingt, fristgerecht einen Vorschlag zur Getrennt- und Zusammenschreibung und vielleicht auch zur Eindeutschung von Fremdwörtern, zur Silbentrennung und zur Interpunktion vorzulegen, könnte der erste Antrag mit einer großen Mehrheit rechnen. Das wäre im Sinne des Auftrags der KMK und der Konferenz der Ministerpräsidenten. Sonst würde es - mit oder ohne Abstimmung - bei der "Neuregelung in der Fassung von 2004" bleiben. Für die Rückkehr zur alten Rechtschreibung würden zwar mehr Ratsmitglieder stimmen, als nach den ersten Meldungen über die Zusammensetzung des Rats zu befürchten stand, mehrheitsfähig wäre ein entsprechender Antrag aber nicht.

Für die unveränderte Neuregelung treten insbesondere die aus der Zwischenstaatlichen Kommission in den neuen Rat übergewechselten Mitglieder ein, dazu die Vertreter der Wörterbuch- und Schulbuchverlage. Die Vertreter des Instituts für deutsche Sprache, der Lehrerverbände und der Jugendbuchverlage würden Nachbesserungen begrüßen, vor allem aber die Vertreter der Journalistenverbände und der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger sowie der Nachrichtenagenturen.

Letztere Gruppe würde auch für die Rückkehr zur bisher üblichen Rechtschreibung stimmen, sich also dem deutschen PEN, dem österreichischen Autorenverband und den deutschen Akademien der Wissenschaften anschließen. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung würde vermutlich ebenfalls diesen Antrag unterstützen.

Und wie kommen wir dabei weg? Vom Rat für deutsche Rechtschreibung ist keine Rückkehr zur Rechtschreibnormalität zu erwarten. Wichtig ist aber, daß Professor Ickler und andere jetzt die Verlogenheit der offiziellen Reformbefürwortung in einem offiziösen Gremium entlarven können, vielleicht sogar medienwirksam. Darüber sollten wir nicht vergessen, daß auch die vernünftigsten Beschlüsse dieses Rates an der anonymen Arbeitsgruppe Rechtschreibung des Schulausschusses der KMK scheitern würden. Von der Politik ist nichts zu erwarten - weder in der Schweiz (wie gerade gesehen) noch bei uns. Es gibt aber hoffnungsvolle Anzeichen, daß die deutschen Nachrichtenagenturen und fast die gesamte Presse die offizielle Hinhaltetaktik leid sind. Wenn ab 1. August 2005 die Presseorthographie in Deutschland zu den traditionellen Schreibungen zurückkehrte, wäre die Rechtschreibreform bald vom Tisch - nicht nur bei uns. Was sich im Rat abspielen wird, ist jetzt schon nebensächlich. Die Rückreform der Reform muß aus der Schreibgemeinschaft kommen.



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