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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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26.01.2008
 

Im Einzelnen Folgendes
Quasi-amtliche Fundsachen

... gilt im Einzelnen Folgendes:

So steht es in dem bekannten Drohbrief, den die GEZ an alle Menschen verschickt, von denen sie vermutet, sie hätten ein Rundfunkgerät anzumelden. Ich werde mich an diese Großschreibung nie gewöhnen, weiß ich doch zu gut, warum sie nach den Großschreibungsexzessen des 19. Jahrhunderts wieder abgeschafft worden ist. Es wird immer antiquiert aussehen, und da mache ich nicht mit; die Zeitungen rücken auch mehr und mehr davon ab.
Übrigens habe ich mich 30 Jahre lang törichterweise darüber gewundert, daß die GEZ zwar einen rüden Ton anschlägt und das Ganze mit amtlich-grünem Umschlag und Aktenzeichen (wie einen gerichtsanhängigen Vorgang) versieht, aber nicht einmal das Rückporto zu zahlen bereit ist wie doch jeder Zeitschriftenwerber. Aber das ist ja klar: als Behörde, wie sie ja auftritt, darf die GEZ natürlich das Porto gar nicht übernehmen! Trotzdem nennt sich die entsprechende Fahndungsabteilung "Teilnehmerbetreuung" ...
Da meine Tochter erst seit ihrer Immatrikulation und nicht seit Erreichen der Volljährigkeit solche Schreiben erhält, nehme ich an, daß die Universitätsverwaltung und nicht das Einwohnermeldeamt die persönlichen Daten weitergegeben hat. (Man muß der GEZ Auskunft geben, aber man muß kein Porto zahlen, nicht wahr? Wir haben jedenfalls noch nie geantwortet.)

Mal was anderes: Auf den Einbürgerungstest mancher Bundesländer kann man sich vorbereiten. Die hilfreichen Texte bei wikibooks sind großenteils in klassischer Rechtschreibung abgefaßt, die Musterantworten sind gemischt geschrieben. Hier eine der interessanten Seiten: Link.
Man soll ja auch den Begriff "Holocaust" erläutern. Die Schreibweise mit c deutet auf die Herkunft hin, die uns Älteren ja noch erinnerlich ist. Ich würde antworten: Durch die amerikanische Unterhaltungsindustrie um 1978 bekannt gewordene Umschreibung für den Völkermord der Nazis an den Juden. Vorher war "Holokaust" im Sinne von "Brandopfer" ein Fachbegriff der Religionswissenschaft. Minister Zehetmair setzte sich seinerzeit für die Schreibweise mit c statt k ein, vermutlich aus Treue zur Römischen Kirche (Kath. Männerverein Tuntenhausen). Vgl.: "Der Begriff Holocaust (...) ist unübersehbar einem bestimmten Verständnis der Ereignisse verpflichtet. (...) Besonders in israel.-jüd. Kreisen wird deshalb oft der neutralere neuhebr. Begriff 'haschoah' bevorzugt." (Wörterbuch des Christentums, hg. von Volker Drehsen u. a., München 1995. S. 492)
(Letzteres aus meinem Kritischen Kommentar übernommen.)



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Kommentare zu »Im Einzelnen Folgendes«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.07.2018 um 16.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#39112

Die folgende Unterscheidung wurde eingeebnet, weil sie den Deutschen angeblich zu schwer ist:

Gib auf folgendes acht = Gib auf dies acht: (deiktisch, kataphorisch)
Gib auf Folgendes acht = Gib auf die Folgen acht. (appellativisch)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.03.2015 um 04.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#28243

Von der Uni Mainz suchen E-Mailende in ganz Deutschland nach Teilnehmenden (vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11313). Ich bekomme immer wieder solche Mails:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer,
im KSSA-Modul 1 "Vokabeln vermitteln und lernen" 20150061 im Rahmen des Kontaktstudiums "Sprachandragogik" gibt es noch freie Plätze.


Das wundert mich eigentlich nicht. Manche Nischen sind einfach zu eng.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.06.2014 um 07.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#26059

Früher schrieb man in Sonderheit.
Dann schrieb man einige Jahrhunderte lang: insonderheit.
Das ist jetzt veraltet, man schreibt modern: in Sonderheit.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.05.2014 um 13.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#25911

Die ersten in der CDU flirten schon mit der AfD (einige Stunden später)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.05.2014 um 11.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#25909

Die Ersten in der CDU flirten schon mit der AfD

(Überschrift unter welt.de)

Nach herkömmlicher Rechtschreibung wäre darunter die Parteiführung zu verstehen. Diese Feinheit ist jetzt verloren.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 11.11.2009 um 18.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#15251

"Holokaust" kommt ganz sicher nicht aus dem Lateinischen, höchstens aus dem Kirchenlatein, sondern aus dem Altgriechischen: "holos" ganz, "kaustos" verbrannt. Zu letzterem gibt es eine altgriechische Wortfamilie, aber keine lateinische; es wäre höchstens ein altgriechisches Fremdwort im Lateinischen.

"Pogrom" ist zusammengesetzt aus der gemeinslawischen Vorsilbe "po" und dem gemeinslawischen Wort "grom" oder "hrom" (ukrainisch im Nom. Sg. "hrim"). "grom" kommt laut Herkunftsduden von dem indogermanischen Wort "ghrem", von dem auch das deutsche Wort "Grimm" abstammt. "grom" bedeutet gemeinslawisch Donnerschlag, Blitzschlag; "Pogrom" bedeutet wörtlich Zerschlagung, Verwüstung (am besten übersetzt es der Mackensen). In einigen slawischen Sprachen gibt es das Verb "gromiti" zerschlagen. Herkunftsrichtig aussprechen müßte man [pógrom] mit Betonung auf "po" und kurzem [o] in [grom].
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.11.2009 um 11.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#15243

Zum "Holocaust" noch eine Ergänzung: Auch die zweite offizielle Bezeichnung im Zusammenhang mit der Judenvernichtung ist ja ein Fremdwort: Pogrom. Es ist den Deutschen so fremd, daß der Duden hilfreich mitteilen muß:
"Das Substantiv stammt aus dem Russischen und ist nicht verwandt mit Bildungen lateinischen Ursprungs auf Pro-, pro-, wie etwa Programm, Produkt, Profit. Es wird daher nach dem P ohne r geschrieben.“
Allerdings ist Programm griechischen Ursprungs.
Meiner Ansicht nach legen die beiden exotischen Wörter eine gewisse (wohltätige) Distanz zwischen die schreckliche Sache und die heutigen Deutschen.
 
 

Kommentar von N. N., verfaßt am 06.02.2008 um 05.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11357

Behände zur Stände- und Ständelgesellschaft ...
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 05.02.2008 um 18.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11356

Es ist unglaublich, was in den Holzmedien alles "zu Stande" kommt. Anscheinend sind wir auf dem direkten Weg in eine Ständegesellschaft.
 
 

Kommentar von b.eversberg, verfaßt am 04.02.2008 um 14.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11355

Im Gegenteil wird ja vielerorts versucht, die Kinder nur noch mit schadhaften Produkten abzuspeisen. Damit wird auch die theoretische Chance demontiert, gutes Schreiben zu lernen. Funktionaler Analphabetismus wird unaufhaltsam fortschreiten, aber die Gründe darf keiner benennen oder untersuchen. Und wer die Gefahr anspricht, wird nicht verstanden.
Andererseits: Die Literatur eines Jahrhunderts wird zwar entwertet, aber nun ja, das schafft auch Luft für ein neues, so kann man's ja auch mal sehen. Vielleicht wird ja alles gut, aber eben irgendwie ganz anders. Mir scheint, die Schäden sind irreparabel. Das alte System kann nicht wiederhergestellt werden – allzu wenige wollen das. Man kann nur darauf setzen, daß neues Leben aus den Ruinen sprießen wird, und warum sollte das ganz genauso aussehen wie das alte?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.02.2008 um 14.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11353

Es muß nicht unbedingt jeder Schüler und auch nicht jeder Erwachsene alle sprachlichen Feinheiten fehlerfrei schreiben können.
Aber von Menschen, die Bücher und Zeitungen und andere öffentliche Texte schreiben, kann man wohl verlangen, daß sie sich gut auskennen und eine entsprechende Sensibilität zum fehlerfreien Schreiben haben. Bücher und Zeitungen sind schließlich Vorbilder, von denen alle ständig lernen. Die richtigen Differenzierungen beim Schreiben nutzen dann auch denen, die selbst nicht alles fehlerfrei schreiben könnten.
 
 

Kommentar von b,eversberg, verfaßt am 04.02.2008 um 14.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11352

Die Einsicht, daß Schaden entstanden ist, dämmert nur den wenigsten.
 
 

Kommentar von David Weiers, verfaßt am 04.02.2008 um 13.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11351

"... aber ich bin gar nicht mehr so sicher, ob jeder – auch wenn er deutscher Muttersprachler ist – die sprachliche Sensibilität aufbringt, die Differenzierung zu erfassen."

Da sagen Sie was, Herr Mahlmann. Und weil das nicht jeder kann, darf es nach Ansicht der Reformtreiber auch nicht jeder können. Also müssen alle auf unterstem Niveau zurechtgestutzt werden, damit niemand aufgrund höherentwickelter Sprachsensibilität einen Vorteil hat; denn das wäre ja höchst ungerecht!

Ich frage mich jeden Tag aufs neue, wie man denn dem Bildungsnotstand bitteschön zu Leibe rücken will, wenn bereits an der Basis des Bildungsgerüstes nicht anständig gemauert wird. Sprache und Denken liegen derart dicht beieinander, daß sprachliche Defizite sich automatisch aufs Denken auswirken. Was gedacht werden kann, muß auch sprachlich geäußert werden können; wenn es aber nicht mehr geäußert werden kann, weil die Sprache beschnitten worden ist, dann wird es schwer mit dem Äußern des Gedachten, ja dann ist es fraglich, ob es überhaupt gedacht werden konnte!
(Das wäre eine Entwicklung, die jedem Diktator gut zupaß käme... Aber das nur mal so als Gedankenspiel.)

Wer Kindern die Möglichkeit vorenthält, differenzierte Gedanken sprachlich fassen und äußern zu können, verbaut ihnen damit auch die Möglichkeit, ihr Denken zu schulen.

RSR abschaffen und den Deutschunterricht aus der Niveaulosigkeit hinaustreten, das wäre wirklich ein Beitrag zur Steigerung des Bildungsniveaus. Nur: wer macht's? Wer sieht ein, daß es bitternötig ist? Nicht zuletzt: wer traut sich denn?

Zu #11321: Bin nicht fündig geworden. Muß mich da wohl irgendwie fehlerinnert (hach, wat schönes Wort!) haben.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 04.02.2008 um 10.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11349

Nach einem Gespräch mit einer Studienrätin für Deutsch am Wochenende, das aus einigen Gründen angenehm war, die nicht auf sprachlichem Gebiet lagen, muß ich sagen, daß mein Eindruck davon, wie Lehrer mit der Rechtschreibreform umgehen bzw. zu ihr stehen, bekräftigt worden ist: Sie üben reichlich Kritik daran, glauben aber auch fest, daß sie Verbesserungen gebracht hat. Das im einzelnen an konkreten Beispielen festzumachen, fällt ihnen indes schwer.

Eines läßt sich aber sagen: Es gibt ein Bestreben, das, was gleich aussieht, auch für das gleiche, wenn nicht dasselbe, zu halten und es so zu behandeln. So soll auch alles, was wie ein Substantiv aussieht, eines sein. Und dafür, daß es so aussieht, reicht ein beigeordneter Artikel oder ein eindeutig substantivisches Homonym.

Hier im Forum wird immer wieder die Vielschichtigkeit hervorgehoben, die die deutsche Sprache bietet. Es wird beklagt, daß die Reform die Differenzierbarkeit der Ausdrücke gemindert habe. Das sehe ich auch so, ich muß aber feststellen, daß andere diese Vielfalt als Belastung ansehen, die den Umgang mit der Sprache erschwert.

Gerade bei der Groß- und Kleinschreibung, insonderheit bei Substantivierungen, gibt es offenbar eine Sehnsucht nach Einheitlichkeit. Daß der Andere nicht das gleiche ist wie der andere, kümmert viele nicht – vielleicht überblicken sie es auch nicht.
Nun kann man sagen, daß es Aufgabe des Deutschunterrichtes sei, den Schülern zu vermitteln, daß es einen Unterschied macht, ob im Einzelnen Folgendes geschieht oder im einzelnen folgendes, ja im Einzelnen folgendes oder im einzelnen Folgendes, aber ich bin gar nicht mehr so sicher, ob jeder – auch wenn er deutscher Muttersprachler ist – die sprachliche Sensibilität aufbringt, die Differenzierung zu erfassen.

Gleichwohl bin ich der Meinung, daß man es zumindest versuchen sollte, und im Studium – nicht nur dem linguistischen, sondern vor allem auch dem journalistischen – muß der Kandidat in der Lage sein, solche Unterscheidungen zu treffen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.02.2008 um 17.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11337

zu Y.N., #11330, Augenweide:
Ich dachte zunächst, daß sich dieses Wort nur auf die Rechtschreibung (das hier besprochene "im einzelnen" u.a.) bezieht.
Aber ich mußte den Abschnitt wieder und wieder lesen, und bemerkte dabei, wie ich doch die hier versammelten Linguisten um ihr interessantes Fach und Fachwissen beneide. Wäre ich nochmal 20, so hätte ich wohl einen heftigen inneren Kampf auszustehen, anstelle des Mathematikstudiums mich vielleicht doch lieber von dieser Vorlesungsbeschreibung verführen zu lassen.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 01.02.2008 um 23.26 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11335

Theodor Ickler fand ein weiteres Element aus der Reihenbildung in der Folge des unsäglichen Leid tun:

"Heute lese ich 'Leck schlagen' – ein weiterer Fall von Substantivose."

Die Deformer haben zwar leck in "Der Kahn ist leck" noch nicht zum Substantiv "erhoben" und sicher dämmert ihnen auch das Verb in "Der Kahn leckt". Aber mit dem inzwischen klammheimlich zurückgenommenen Unsinn, den wie immer nimand verantwortet, ist das einst Gewisse zerstört. Den jüngeren Presse-Autoren, die mindestens Soziologie, Politologie, Ökologie, Bioethik und noch einiges Humanes studiert haben, wurden die letzten sprachlichen "Unterweisungen" vor ihrem 14. Lebensjahr zuteil. Die der Verflüchtigung entgangenen Reste grammatischen und semantischen Bewußtseins hat ihnen nun die "Reform" endgültig weggeblasen. Ein "Institut für Runderneuerung von Schreibern" könnte gutes Geld verdienen, wenn man denn sähe, was da auf der Tastatur so gekritzelt wird.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 01.02.2008 um 19.49 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11331

Wer hätte gedacht, welches soziale, politische, emanzipatorische etc. Potential der scheinbar unschuldige (Neo)gräzismus "Andragogik" auf die Waage bringt.

"In allen anderen Wortbildungen mit 'andro-' ist das männliche Geschlecht gerade das entscheidende Bedeutungsmerkmal."

Ja, aber das können Pädagog(inn)en nicht wissen.

Die "Andragogik" bzw. ihr Name ist bei ihnen allseits so beliebt, weil sie über allem stehen, d.h. auch über der Sprache im allgemeinen und dem Griechischen im besonderen. Sie irritieren sich nicht mit (Einzel)fachwissen. Als das Volk rundum Belehrende oder gar Bekehrende halten sie in ihrem sprachlichen und historischen Nicht- und Überwissen unwissentlich das Patriarchat hoch. Die von Germanist vorgeschlagene Benennung wäre sinnvoll, ist aber für Pädagogen nur mit Krämpfen nachvollziehbar, daher die volksnahe und ungenaue "Erwachsenenbildung", denn eigentlich "Erwachsenenerziehung". Dieser Name wiederum ist allzu penetrant. Ergo doch besser (büldungs-)pädagogiksprachlich und zugleich anti-koedukativ "Andra- und Gynägogik". Diese Graeco-Composita sollten von der UNESCO und so zum Internationalismus durchgetrommelt werden.

Die ganze Völkerstämme beglückende usw. Pädagogik heißt ja in Deutschland korrekt "Erziehungswissenschaft", so daß wenigstens deutsche Pädagogen in etwa sicher glauben sein können, es sei eine solche, wenn auch weitgehend ohne eigenen Gegenstand.
 
 

Kommentar von Y.N., verfaßt am 01.02.2008 um 13.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11330

Eine Augenweide aus dem Kommentar von Prof. Vennemann im Vorlesungsverzeichnis WS 07/08 der LMU:

Die Vorlesung nimmt ihren Ausgang bei der Beobachtung, daß sich das Germanische in auffälliger Weise anders vom Ur-Indogermanischen wegentwickelt hat als die übrigen indogermanischen Sprachen. Die Besonderheiten des Germanischen werden also einen ersten Schwerpunkt bilden. Ein zweites Hauptthema entwickelt sich aus der Beobachtung, daß sich das Englische und Deutsche viel stärker unterscheiden, als bei normalem Sprachwandel zu erwarten gewesen wäre. Die Erklärung der extremen Auseinanderentwicklung der beiden Sprachen, die ja eigentlich nur Dialekte einer und derselben Sprache sind, wird einen großen Teil der Vorlesung in Anspruch nehmen. Im einzelnen werden zahlreiche Erscheinungen aus allen Teilen der Grammatik behandelt, darunter auch prüfungsrelevante wie der Lehnwortschatz, die Wortstellungssyntax, die Entstehung des Systems der starken Verben, die Lautverschiebungen und die Entwicklung des Akzents.
 
 

Kommentar von Gudrun Pampsch, verfaßt am 01.02.2008 um 12.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11329

Wenn einer mit Dreck wirft, sind das dann auch Erd-Geschosse?
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 01.02.2008 um 11.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11328

Zu #11326: Immerhin verdanken wir dieser Logik so erheiternde Schlagzeilen wie »Frachter schlägt Leck«. (Auf jene Seeschlacht der besonderen Art machte uns einst Rominte van Thiel aufmerksam, siehe hier.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.02.2008 um 10.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11327

Die Studentenkanzlei unserer Universität teilt mit: "In Erlangen finden Sie unser Büro am Schlossplatz 3/Halbmondstraße 6, Zi. 0.034 im Erdgeschoß."

"Erdgeschoß" ist ein Appellativum und hätte geändert werden müssen, wie es dem Wunsch der früheren Rektors und der Pressestelle entspräche. Dagegen sind die Straßennamen in Erlangen bisher nicht geändert worden, folglich heißt der "Schloßplatz" immer noch so. Über die "Bismarckstrasse" hatte ich ja früher schon berichtet. Dort liegen die Gebäude der Philosophischen Fakultät, in der man jetzt zum Beispiel Schreiben bekommt mit dem Absender: "Promotionsausschuß der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie". Fast möchte man triumphieren: Das kommt davon, wenn man die freien Künste mit einer unfreien zusammenlegt!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.02.2008 um 10.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11326

Heute lese ich "Leck schlagen" – ein weiterer Fall von Substantivose, auch Morbus Gallmann. Die Reform hat hier ursprünglich nichts geändert, es blieb bei der alten Dudenvorschrift "leckschlagen" (während ich natürlich nur fakultative Zusammenschreibung vorsah, wie es der Schreibwirklichkeit entsprach). Erst in der letzten Fassung des amtlichen Wörterverzeichnisses taucht plötzlich "leck schlagen" als neue Variante auf. Duden und Wahrig verzeichnen es, empfehlen aber weiterhin Zusammenschreibung.
Die Großschreibung "Leck schlagen" entspricht der von Gallmann und Sitta entwickelte Logik laienhafter Herleitung (aus "ein Leck schlagen", wie "in die Pleite gehen" usw.). Solche verkehrten Gedanken zeugen sich fort und gebären immer wieder neue Leibesfrüchte.
 
 

Kommentar von Sprengmeister, verfaßt am 01.02.2008 um 09.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11325

Mit "Badenweiler Marsch" wäre Ihr Wortspiel schöner geworden, weil ohne Bindestrich.

In Österreich haben unterdessen die Kriegsdienstverweigerer gegen den Radetzky-Marsch als traditionellen Abschluß des Neujahrskonzerts protestiert. Ohne Erfolg, denn irgendwas Militärisches muß Österreich schließlich in seine internationalen Partnerschaften einbringen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 31.01.2008 um 17.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11323

Wie SPIEGEL ONLINE berichtet (http://www.spiegel.de/), hat nach dem Radetzky-Marsch nun auch jemand den "Wasserwerfer Marsch" geschrieben:

68er-Schau in Berlin: Wasserwerfer Marsch!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.01.2008 um 16.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11322

Ja, wo eigentlich? Ich krieg es im Augenblick nicht auf die Reihe, habe auch gerade keine Zeit zum Suchen. Vielleicht später.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 30.01.2008 um 17.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11321

Lieber Herr Weiers, versuchen Sie es doch mal mit einer Suche nach verschiedenen Stichwortkombinationen wie z.B. Regel%Artikel%Substantiv o. ä. (das Prozentzeichen steht für beliebigen Text). Wenn Sie etwas gefunden haben, vermerken Sie das am besten an einer passenden Stelle im Forum (mit Link), weil man es dort leichter wiederfinden dürfte.

Oder könnte es sein, daß Sie an die Diskussion über die These gedacht haben, daß "universalgrammatisch" nach Präpositionen ein Substantiv bzw. eine Nominalphrase stehe?
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 30.01.2008 um 17.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11320

Lieber Herr Ickler, könnten Sie dieses "anderswo" bitte noch ein wenig spezifizieren und z. B. einen Buchtitel o. ä. angeben?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.01.2008 um 13.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11319

Laut SZ ging Wulff ("der Geschmeidige" wird er oft genannt, wie wahr nach unseren Erfahrungen mit ihm!) am Wahltag mit seiner Tochter Essen. Wer es für möglich hält, daß "pleite gehen" von "in die Pleite gehen" abgeleitet ist und daher entsprechend groß geschrieben werden muß, wird unschwer erkennen, daß "essen gehen" aus "zum Essen gehen" gekürzt ist usw. Wer es besser weiß, ist gebildet und daher ein Haßobjekt der Rechtschreibreformer. Denn die Bildung ist es noch mehr als die Kultur, worauf sie so scheel blicken. GEW-Tradition halt. Belege sind anderswo zusammengestellt.
 
 

Kommentar von David Weiers, verfaßt am 29.01.2008 um 11.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11318

Nein, nein, ich meine etwas anderes: Wenn ich mich recht erinnere, wurde hier im Tagebuch einmal darüber berichtet, daß in irgendeiner Regeldarstellung die Ansicht vertreten wurde, daß ein Artikel immer vor einem Substantiv stehe, somit alles, was nach einem Artikel stehe, auch ein Substantiv sei, was es dann rechtfertige, "im Einzelnen" zu schreiben.
Als (vernichtendes) Gegenbeispiel wurde ein kurzer Satz angeführt, in dem vor dem Adjektiv ein Artikel stand (so etwas wie "Das blaue Haus steht auf dem Berg."); der "Regel"logik zufolge müßte in einem solchen Satz das flektierte Adjektiv ein Substantiv sein, wenn es nach dem Artikel steht – das war der Kern der Widerlegung, soweit ich mich jedenfalls erinnere.
Ich kann mich aber auch irren! Gut möglich, daß ich hier gerade einiges durcheinanderwerfe.
 
 

Kommentar von David Konietzko, verfaßt am 28.01.2008 um 21.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11317

Wegen der Gleichstellung der Geschlechter müßte man auch eine Gynäkagogik erfinden (empfohlene Worttrennung: Gynä-kagogik).
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.01.2008 um 15.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11316

"Andragogik" bedeutet wörtlich übersetzt "Männererziehung". Das findet beim Militär statt. "Erwachsenenbildung" würde ein Neugrieche wohl mit "Enhälikopaidie" übersetzen, von "enhälikos" mündig, volljährig und "paideia" Erziehung, Unterricht, Bildung.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.01.2008 um 15.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11315

zu #11305:
Ich meine mich erinnern zu können, daß solch eine vermeintliche Reform"regel" auf diesen Seiten auch einmal angesprochen worden ist.

Ich glaube, Sie meinen die hier schon öfters erwähnte "Regel":
Was wie ein Substantiv aussieht, ist auch eins.

Wo ein Artikel davorsteht, das sieht eben wie ein Substantiv aus.

Der Artikel ist bestimmt einer der Stolpersteine, aber nicht der einzige, wie ich mit den Beispielen #11300, (2) zeigen wollte. Sehr oft wird trotz Artikel richtig geschrieben, aber nur, wenn das Ziel der Bezugnahme noch in unmittelbarer Nähe schwarz auf weiß dasteht.

Es ist natürlich ein Witz der Reform, wenn die Groß-Klein-Schreibung von der räumlichen Entfernung zum Bezugswort abhängt.
 
 

Kommentar von David Weiers, verfaßt am 28.01.2008 um 12.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11314

Ist jetzt vielleicht keine neue Erkenntnis, aber ich wollte es doch mal hier anbringen:

Zu #11307: Ein "Meistes" wäre eigentlich eine interessante Sache. Und es wäre ja auch vollkommen unverfänglich, von einem Meisten zu sprechen, wenn man denn auch schön erklären kann, wie denn so ein Wesen aussieht. Oder ist es im Falle Karl Mays vielleicht sogar ein "hineingekörperter" großer Bruder, der einfach viel zu viele biologische Ressourcen beansprucht?

Sprachspielchen in der Art habe ich zuletzt bei Lem gelesen, ich weiß aber nicht mehr, in welchem Buch (vermutlich die "Sterntagebücher", aber ich weiß es wirklich nicht mehr genau). Und es ist ja auch im Deutschen eigentlich einfach, solche Spielereien zu vollführen; um so mehr ist es eine Schande, daß die ja so großartige RSR bereits schon Kindern diese Möglichkeit nimmt, indem sie mit ihrer borniert-paragraphenreiterischen Art die Schriftsprache zum toten und seelenlosen unflexiblen Minimalzweckwerkzeug degradiert, das die Kinder aber paradoxerweise bitteschön im allerhöchsten Grade kreativ anzuwenden haben!
Kreativ aber nur nach Anleitung, versteht sich; ein Blick in die zur Zeit aktuellen Deutschbücher, und das Frühstück meldet sich zurück...

Was für ein grenzenloser Haß auf Kultur muß Reformer- und Reformtreiberkreise seit Jahrzehnten schon regieren, daß so etwas dabei herauskommen konnte.

Wie hat Harry Rowohlt noch gleich einmal gesagt?
"Die Seelchen, die diese Rechtschreibreform erfunden haben, sind graue Gesellen, die noch nie mit Genuß ein Buch gelesen und noch nie einen wohlklingenden Satz gesprochen haben."
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.01.2008 um 06.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11313

Im Vertrauen auf den Schwund von Griechischkenntnissen hat man "Erwachsenenbildung" zu "Andragogik" aufgepeppt. In Bamberg gibt es einen Lehrstuhl dafür. Er beruft sich auf die Erfindung des Terminus durch Alexander Kapp, der 1831 darüber geschrieben habe. Allerdings meinte Kapp tatsächlich "Weiterbildung im männlichen Alter". In allen anderen Wortbildungen mit "andro-" ist das männliche Geschlecht gerade das entscheidende Bedeutungsmerkmal.
Nimmt man noch die politische Korrektheit hinzu, so ist man bei "Sprachandragogik für Sprachkursleitende". Das gibt es an der Universität Mainz. Sprachunterricht in den Händen der Sprachverhunzer.
 
 

Kommentar von N.N., verfaßt am 28.01.2008 um 00.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11310

Das Problem der Groß-Klein-Schreibung ist doch seit 1996 gelöst. Zumindest laut Gallmann:

http://www.dante.de/dante/events/dante2008/vortraege/Gallmann.pdf
 
 

Kommentar von R. H., verfaßt am 27.01.2008 um 14.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11307

"Das Meiste von Karl May", so heißt Roger Willemsens Buch (mit seinen gereimten Roman-Kurzfassungen) im Untertitel.
 
 

Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 27.01.2008 um 14.09 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11306

Vor Jahren schrieb ich in einem Leserbrief zu einer entsprechenden Zeitungsmeldung: „Muß diese nette 85jährige Dame der GEZ in regelmäßigen Abständen mitteilen, daß sie keine Kleinkriminelle, nämlich Schwarzseherin geworden ist?“ Ich selbst antwortete der GEZ, sie könnten nach meiner Einäscherung wieder nachfragen. Leider wurde meinem Sohn bald darauf ein explosionsgefährdeter Fernseher geschenkt, so daß meine Frau nichts Eiligeres zu tun hatte, als ihn zu ersetzen. Ich verfluche diese Zeit- und Kulturvernichtungsmaschine bis heute.
 
 

Kommentar von David Weiers, verfaßt am 27.01.2008 um 13.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11305

Zu Herrn Riemer (#11300):
Könnte es sein, daß ein Artikel diese Fehlleistung jeweils auslöst? Ich für meinen Teil habe oft beobachten können, daß da jemand "am Besten", "am Meisten" usw. schreibt, weil "am" ja nur die Kurzform von "an dem" ist, wo ja nun bitteschön ein Artikel Verwendung findet. Und wenn ein Artikel vorweg steht, dann muß das folgende Wort ja wohl ein Substantiv sein, sonst würde man es ja nicht großschreiben, nicht wahr?

Ich meine mich erinnern zu können, daß solch eine vermeintliche Reform"regel" auf diesen Seiten auch einmal angesprochen worden ist.

Wenn diese Fehlleistung also wirklich "programmiert" ist, dann wiegt für den Reformiertschreiber doch der syntaktische Aspekt schwerer als der semantische.

Im Klartext:
Diese Fehlleistung kann sich zu einer "Regel" ausweiten, die unterbewußt greift, weil sie in Teilen mit "ererbtem Sprachgefühl" konveniert; aufgrund des ererbten Sprachgefühls "weiß" der Schreiber: Substantive werden großgeschrieben und haben einen Artikel. Davon bleibt dann anscheinend hängen i.S.v. gereicht dem automatisierten Prozeß zur Grundlage: Wenn ein Wort in einem Satz hinter einem Artikel bzw. einer "Verschmelzung" von Präposition und Artikel (am, vom, aufs) steht, dann wird es großgeschrieben.

Ob das dann aber wirklich eine hinreichende Begründung für die Großschreibung ist, ist herzlich egal. Hauptsache, es paßt in ein scheinbar glasklares Schema. Damit wäre nämlich eine vermeintlich logisch nachvollziehbare Schreibleistung erbracht, also das Ziel erreicht: das Schreiben ist einfacher geworden.
 
 

Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 27.01.2008 um 12.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11304

Wird das staatliche Fernsehen nicht demnächst über Steuern finanziert? Diesenfalls wüßte ich gerne, wohin die ganzen GEZ-Mitarbeiter versetzt werden sollen. Soviele Gerichtsvollzieher brauchen wir doch eigentlich gar nicht.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 27.01.2008 um 10.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11303

Vielleicht war die Firma "Vorne Industries" gemeint, die Indutriedisplays herstellt (www.vorne.com).
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 27.01.2008 um 07.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11301

Der Landrat in seiner Neujahrsansprache (nach Redemanuskript): Empfänge zum Jahresbeginn gebe man, um Rückschau zu halten und, ja, natürlich, um "nach Vorne" zu blicken.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 27.01.2008 um 02.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11300

Was ich bei den angeblichen Substantivierungen oft beobachte, möchte ich beispielhaft so darstellen:
Das erste (1) Problem ist schwierig, das zweite (2) ist noch schwieriger. Am schwierigsten ist das Dritte (3).

Die folgenden Belege stammen aus "Poincarés Vermutung" von Donal O'Shea, S. Fischer Verlag 2007 (Hervorhebungen von mir):

zu (1):
Direkt vor dem Substantiv ist die Kleinschreibung noch selbstverständlich.

zu (2):
Innerhalb eines Satzes gehen Zurückverweisungen meistens auch gut:
S. 86: "Wenn wir nun eine gegebene Gerade nehmen ... und zwei weitere Geraden hinzufügen, die die erste so schneiden, dass ..."
S. 76: "...talentierte Mathematiker, von denen Archimedes ... und Apollonius ... die brillantesten waren."
Aber manchmal auch nicht:
S. 160: "... seine Ergebnisse kündigte er in zwei kurzen Beiträgen im Februar 1981 und einem Dritten am 4. April desselben Jahres an."

zu (3):
Wenn ein neuer Satz beginnt, sind zurückverweisende Wörter so gut wie immer großgeschrieben:
S. 85: "Schauen Sie sich die ... fünf Postulate an. Die ersten vier sind jeweils nur gut eine Zeile lang. Nicht jedoch das Fünfte."
S. 116: "... reichte Riemann ... drei Themenvorschläge ein. Zum Ersten hatte er ..., für das Zweite war er ..., und das Dritte lautete ..."

Es scheint so zu sein, daß, wenn eine Bezugnahme klar erkannt wird, auch die Einsicht da ist, das entsprechende Wort kleinzuschreiben. In einem neuen Satz oder wenn das Ziel der Bezugnahme überhaupt nicht explizit genannt, aber dennoch vorhanden ist, fehlt dagegen wohl bei vielen Schreibern bis hin zu den "gelehrten" Reformern das Verständnis für solche Zurückverweise.

Übrigens ist auch dieses Buch von S. Fischer wieder eine Zumutung, nicht nur wegen der Reformschreibung, sondern auch aufgrund von widersprüchlichen Schreibweisen. In bunter Folge wechseln sich darin ab:
aufs engste, aufs Engste, als nächstes, als Nächstes, bei weitem, im Weiteren, Recht/Unrecht haben, recht haben, verlorenging, verloren gegangen, ...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.01.2008 um 13.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=959#11298

Hier noch etwas Staatsbürgerliches: Zur Zeit geht durch die Presse, daß bayerische Schüler gescheiter sind als zum Beispiel brandenburgische. Auch über die DDR wissen sie besser Bescheid. Wie die Süddeutsche Zeitung (25.1.08) andererseits kritisch vermerkt, weiß fast die Hälfte nicht, wer Wilhelm Pieck oder Willi Stoph war. Ist das so wichtig? Warum werden Pieck und Stoph dann in der Süddeutschen Zeitung so gut wie nie erwähnt? (Ich habe einige Jahrgänge durchgesehen, im ganzen Jahr 1998 zum Beispiel kam Stoph genau viermal vor! Im Duden steht sein Name auch nicht, obwohl viele Leute nicht mehr wissen, welcher Willy welchen Willi in Erfurt traf.) Bedenken wir doch, was unsere Kinder in der Schule sonst noch alles lernen müssen und lassen wir die Kirche im Dorf!
 
 

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