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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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19.02.2007
 

Frei nach Schnauze
Aus dem Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm: schneuzen

„In der nhd. schriftsprache hat sich jetzt die schreibung schneuzen, oder, mit unrichtiger anlehnung an schnauze, schnäuzen festgesetzt.“

Hundert Jahre später war die unrichtige Schreibweise völlig verschwunden, aber ausgerechnet diese Schreibung ist zur allein richtigen erklärt worden. Ein Einfall des Reformers Gerhard Augst, von allen seinen Mitstreitern abgelehnt, dann aber doch in alle Wörterbücher, Schul- und Kinderbücher übernommen, und auch die Zeitungen machen mit.

Das ist nur ein Beispiel. Man muß sich mal vor Augen halten, daß der Mitherausgeber der Süddeutschen Zeitung, Joachim Kaiser, und der Mitherausgeber der ZEIT, Altbundeskanzler Schmidt, die Rechtschreibreform ablehnten, aber nicht einmal in ihren eigenen Blättern verhindern konnten oder wollten, daß der ganze Unsinn mitgemacht wurde, mit dessen Rückbau man jetzt schon seit Jahren beschäftigt ist und noch weitere Jahre beschäftigt sein wird. Keiner der beiden Genannten hat auch nur einen einzigen eigenen Beitrag in der von ihm gewünschten Rechtschreibung durchsetzen können oder wollen. Was will man da von minder Prominenten erwarten? Es fehlt eben ganz oben an einfachsten Maßstäben für das, was sich gehört. Das sieht man ja auch an den noch aktiven Politikern: jederzeit große Worte, aber nichts dahinter.



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Kommentare zu »Frei nach Schnauze«
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Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 18.03.2020 um 15.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#43205

Zu #37334: Duden schreibt vielleicht deswegen Schneuze, weil es um ein veraltetes Wort geht, welches damals eben mit eu geschrieben wurde. Das Verb ist aber heute noch gebräuchlich und wird in Reformschrieb mit äu geschrieben, entsprechend steht im Herkunftsabschnitt „zu schnäuzen“. Andererseits findet sich in Duden online zum Beispiel Passschein (statt Paßschein) trotz des Gebrauchshinweises „18./19. Jahrhundert“.

(Dagegen canoonet: Schnäuze.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.12.2017 um 05.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#37334

Duden: die Schneuze „Dochtschere“, zu schnäuzen

???

Den Wikivandalen ist auch etwas entgangen:

Dochte von Talglichtern, die bis Anfang des 19. Jahrhunderts die Mehrzahl der Kerzen darstellten, müssen ständig gekürzt („geschneuzt“) werden. (Wikipedia Docht)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.04.2014 um 07.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#25695

Damals, das war ja noch weit vor der Rechtschreibreform, schrieb man allerdings noch „schneuzen“. Und ich hätte bis Mittwoch auch noch geschworen, dass man das so schreibt.
Inzwischen hat mich der Duden eines besseren belehrt. Man schreibt seit der Reform „schnäuzen“. Und ich versteh auch die Begründung. Schnäuzen kommt von Schnauze. Welche Tiere haben eine Schnauze? Schweine!
(Mainpost 25.4.14)

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.07.2009 um 15.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#14721

Es gibt auch Riesenschnäuzchen:
das Schnäuztüchel (des Riesenfräuleins aus Chamissos Ballade) (SZ 2.7.09, Streiflicht)
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 06.03.2007 um 15.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7905

Wer wissen will, mit welchen Leuten er es bei den Machern der Suchmaschine „Blinde Kuh“ zu tun hat, werfe einen Blick in die Informationen über die Website, insbesondere unter „Blinde Kuh Kriterien“. Man kann eigentlich niemandem zumuten, den ganzen Text zu lesen. Ich habe es gleichwohl getan, weil ich bis zum Schluß hoffte, wenigstens einen (wenigstens sprachlich) brauchbaren Satz darin zu finden – nein, wenn ich ehrlich bin: weil ich nicht fassen konnte, daß es tatsächlich solche Menschen gibt! Bei der Lektüre gingen mir Gedanken durch den Kopf, die viel mit dem zu tun haben, was Frau Pfeiffer-Stolz hier kürzlich zum Thema „Gutmenschen“ ausgeführt hat. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man herzhaft lachen über so viel Naivität und geistlose Selbstverliebtheit. Man muß sich wohl damit abfinden, daß man Kinder vor solchen Leuten nicht wirksam schützen kann; daß aber ein so unsagbar wirres und hohles Geschwätz auch noch staatlich gefördert wird, halte ich für einen handfesten Skandal.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 06.03.2007 um 14.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7903

Der Name „Blinde Kuh“ scheint wirklich Programm zu sein. Weiter unten auf der Pluto-Seite ist folgendes zu finden (Hervorhebung hinzugefügt):

„Die Oberfläche
Der Pluto hat teils dunkle und teils sehr helle Flecken, wobei die hellen Flecken aus gefrorenen Stickstoff (98%) mit ein wenig Methan zu bestehen scheinen.
[...]
Der Pluto-Mond Charon
Man konnte sich einige Bewegungen des Pluto nicht erklären und entdeckte, dass Pluto ein Gespann aus einem Planet und einem Mond ist. [...] Pluto und Charon zusammen sind etwa so groß wie die USA.“

(Was ist nun Pluto: nur Pluto oder Pluto und Charon? – Pluto und Charon sind dreidimensionale Objekte, die USA bilden eine Fläche – was nützt dann der Größenvergleich?)

„Wenn der Stickstoff und das Methan wieder gasförmig wird und in die Atmosphäre des Plutos geht, scheint der Mond Charon Teile der Gase anzuziehen.
Beide, Charon und Pluto, drehen sich so, dass sie sich gegenseitig immer die selbe Seite zeigen. D.h. auch vom Mond Charon aus, würde man immer die selbe Seite vom Planeten Pluto sehen.“
 
 

Kommentar von David Weiers, verfaßt am 06.03.2007 um 11.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7900

Jawohl, frei nach Schnauze.

Gerade bei "Blinde Kuh" gefunden:

Der Pluto trägt den Namen des römischen Gottes der Unterwelt (grieschisch: Hades).
(Hervorhebung ist von mir.)

Link dazu: http://www.blinde-kuh.de/weltall/pluto.html

Und jetzt fragen wir uns zum ersten, wer denn für diese Volksetymologie verantwortlich zeichnet, und zum zweiten, an was dieser jemand denn bei "Grieschentum" gedacht hat, woran jetzt bitteschön alle denken sollen.
Oder aber (wie abwegig!) da hat sich einer vertippt. Kann ja mal passieren, denn es heißt ja auch für die Grundschüler schon "Schreib wie Du sprichst", und gerade Grundschüler sind ja (und ich bitte doch darum!) standardgebend. Ach nein: schtanndartgehbntt.
 
 

Kommentar von Thomas Roediger, verfaßt am 23.02.2007 um 16.04 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7835

Apropos, hätt' noch a Schmankerl aus der Akquise-Küche:

http://www.buchhandel-bayern.de/jobboerse/angebote_verlag.shtml#22

Der Oldenbourg Schulbuchverlag sucht schon seit längerem (warum wohl?) einen Lektor mit folgendem Profil:

Voraussetzungen
"Sie verfügen über ein abgeschlossenes Studium für das Lehramt an Grundschulen und/oder über Verlagserfahrung. Die Beherrschung der neuesten Rechtschreibung setzen wir ebenso voraus wie PC-Kenntnisse (Word, Excel)."

Betonung auf NEUESTE Rechtschreibung.
Hätten Sie vor zehn Jahren an so etwas gedacht!?

Schulbildung der Zukunft – frei Schnauze?
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 23.02.2007 um 14.25 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7834

Bertrand Sterns Titelruf "Schluß mit Schule!" heißt nicht anderes als Schluß mit Volksbildung, die per Schriftzerstörung zu Volksverdummung umfunktioniert wurde.
 
 

Kommentar von Heinz Erich Stiene, verfaßt am 23.02.2007 um 11.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7832

Aus gegebenem Anlaß möchte ich auf eine Neuerscheinung aufmerksam machen: Bertrand Stern, Schluß mit Schule! Das Menschenrecht, sich frei zu bilden, Leipzig (tologo) 2006. Wie ein Signet verrät schon der Titel, daß das Buch in herkömmlicher Rechtschreibung verfaßt ist. Und eben dazu nimmt der Autor S. 17-18 ausdrücklich Stellung. Ich zitiere:

Vielleicht wird sich manche Leserin oder mancher Leser darüber wundern, daß in einem 2006 publizierten Buch die „alte Rechtschreibung“ verwendet wird. Weshalb diese bewußte Entscheidung von Autor und Verlag?
Zweifellos beruhte die Orthographie als eine normierte Übereinkunft auf den zwei Faktoren „Tradition“ und „Wandel“; es war ein Merkmal des kulturellen Selbstverständnisses, daß Lesen und Schreiben nach kodifizierten Regeln zu erfolgen hatte. Da allerdings gerade die Orthographie ein Alibi für die Schule und deren Pflicht bildete, muß deren offensichtliches Versagen hinterfragt werden: Soll schlicht davon ausgegangen werden, die Menschen wären halt zu blöde für die Erkenntnis, wie wichtig die Rechtschreibung sei? Oder können die immer dramatischeren Konsequenzen der Schule in Zusammenhang gebracht werden mit ihren Methoden und Bedingungen? Die vermeintliche Notwendigkeit einer sog. „Rechtschreib-Reform“ könnte vor allem als das Eingeständnis des schulischen Scheiterns gewertet werden! Um dies allerdings zu ignorieren, befahl der Staat in selbstherrlicher Willkür das, was als „Neue Schlechtschreibung“ bezeichnet werden müßte – als ob solche zum verpflichtenden Dogma erhobene, symptomorientierte Kosmetik, solche Verschlimmbesserung es vermöchte, Sinn, Zweck, Logik unserer Sprache hervorzuheben und das erotische Verhältnis zur Schrift zu wecken.
Betrachten wir die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit und umgekehrt: Weshalb, so fragen sich viele besorgte intelligente Menschen angesichts dieser anerkanntermaßen sinnlosen Maßnahme, ist es so schwer, der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen und Widersinniges zu verändern? Bietet vielleicht der sensible Bereich der Schrift eher eine Möglichkeit, sich der staatlichen Willkür zu entziehen? Insofern spiegelt diese Wahl der „traditionellen Schreibweise“ das ethische Ansinnen wider, das sich durch dieses Buch durchzieht: Der Widerstand gegen die Dummheit artikuliert vielleicht die Haltung von freien Menschen, die, als frei sich bildende Subjekte, selbstverständlich Übereinkünfte akzeptieren und respektieren; die es aber ablehnen, vom Staat und seiner Schule verdummt zu werden und zum Objekt einer staatlich verordneten, unsäglichen „Reform der Schlechtschreibreform“ gemacht zu werden!
 
 

Kommentar von Thomas Hartwig, verfaßt am 23.02.2007 um 11.35 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7831

Seitdem ich als Übersetzer arbeite, lese ich auch nicht mehr so gern Übersetzungen ...

Von einigen völlig unqualifizierten Auslassungen einmal abgesehen: Die freiwillige Unterwerfung unter die Deform grassiert unter Übersetzern. Nicht selten wird mir in aufdringlicher und anmaßender Weise klargemacht, daß vielen meiner "Kollegen" die Sprache herzlich wurscht ist, ja, daß sie die richtige Rechtschreibung als völlig veraltet empfinden!

Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtschreibung finde ich übrigens meist bei technischen Übersetzern, das mag wenig überraschen.
Dennoch bedrückt mich diese Haltung.
Und allenthalben die ss-Schreibung!

Wenn ich also den Äußerungen in diesem Forum entnehmen darf, daß viel Unfug sich langsam in Wohlgefallen auflöst, so beglückt mich das zwar, aber den vielen Obrigkeitsgläubigen im In- und Ausland kann m. E. nur durch eine offizielle Rückkehr zur klassischen Rechtschreibung beigekommen werden.
 
 

Kommentar von J. Hohenembs, verfaßt am 23.02.2007 um 08.43 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7829

Im erwähnten Forum (s.u. Beitrag Thomas Hartwig) wird unter anderem dargelegt, man verstünde nicht, worum es bei der Unterscheidung "im Allgemeinen" statt "im allgemeinen" gehe und man daher glücklich sei, daß mit diesem alten Unsinn aufgeräumt wurde.
Tatsächlich wird dieser Standpunkt mit ziemlich deftigen Wörtern vertreten. Dabei dürften einige oder gar die meisten dieser Autoren als Übersetzer tätig sein!
Vor allem das ist der Grund, glücklich zu sein, in sieben Sprachen das Original lesen zu können. Ich arbeite daran, diese Anzahl zu vergrößern. Man kann nur jedem empfehlen, sich soweit wie möglich von Leuten dieser Art unabhängig zu machen. Nicht nur, um zu wissen, was wirklich geschrieben steht.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 23.02.2007 um 08.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7828

Man sollte Gesinnungsterroristen wie "belitrix" wirklich nicht noch dadurch aufwerten, daß man sich mit ihnen auseinandersetzt. Wenn wir alle für ihn "Neu- oder Altnazis oder Dödel" sind, kann er sich ja vorstellen, was er von uns erwarten muß. Man könnte diese Typen vielleicht pauschal als "Orthographieleugner" diffamieren, es gibt ja heute auch schon "Klimaleugner" und natürlich auch "Holocaustleugner", und ihnen allen haftet sehr übler Ruch an.
 
 

Kommentar von Thomas Hartwig, verfaßt am 22.02.2007 um 18.45 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7826

Liebe Ballistol,

ich erlaubte mir heute, Ihre Signatur zu zitieren (siehe www.proz.com/topic/66660), da ich ganz Ihrer Meinung bin.
(Selbst schreibe ich unter meine E-Mails, da ich Übersetzer bin und vor allem für niederländische Übersetzungsbüros arbeite:
"PS. Wenst u Duitse vertalingen naar de klassieke of naar de -ss-spelling? Graag verneem ik wat uw voorkeur geniet. Als u niks aangeeft, krijgt u vanzelf de klassieke.")

Ich wollte das Thema Orthographie-Deform in diesem Übersetzer-Forum mal wieder zur Sprache bringen (meist geht es dort um viel wichtigere Dinge als die Rechtschreibung). Immerhin klickten binnen weniger Stunden mehr als 250 Leute darauf, aber die gegebenen Antworten erschüttern mich ziemlich, und ich hoffe, daß sie nicht repräsentativ sind. Immerhin sind die Übersetzer für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Gebrauchstextproduktion verantwortlich.

In der Hoffnung, mit diesem Zitat keine Verhaltensregeln übertreten zu haben, verbleibt

alle Teilnehmer und Leser dieses Forums (nicht des anderen) herzlich grüßend

Thomas Hartwig
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 22.02.2007 um 13.48 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7817

Wenn die Deformer schon bestrebt gewesen sein sollten, die deutsche Schreibung frei Schnauze zu "regeln", warum applizierten sie ihr dann eine Augstung, statt sie einer Jandlung zu unterziehen. Das wäre viel lustiger, geistreicher und ... billiger vonstatten gegangen. Zudem hätten die Kinder nach der Jandlung nicht nur Blinde Kuh, sondern auch mit der Sprache spülen können. Wieder NIX.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 22.02.2007 um 11.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7816

Das steht ab heute auf jeder meiner Emails als Signatur:

Immer mehr machen die Lachnummer „Rechtschreibreform“ nicht mehr mit. Sie wollen nicht selbst zum Witz werden.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 21.02.2007 um 19.09 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7809

Höchstens Helmut Schmidt könnte irgendeine Beziehung zu "schnäuzen" entwickeln. Der Rest der Nation steht dieser Augstung der Schreibung wohl eher kühl gegenüber.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 21.02.2007 um 18.29 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7808

Das von Thomas Roediger gefundene "Schmankerl" (#7792) macht es legitim, das BFM sofort in die Sammlung der pädagogischen und anderen Vereine etc. "zur Pflege der deutschen Sprache und Kultur" (vorerst im Inland ) aufzunehmen. Verdiente Dekulturierer der wehrlosen Kleinen wie die im Staatsauftrag Destruierenden von "Blinde Kuh" sollten Erfolgsprämien erhalten (für die von "Blinde Kuh": "gezahlt kriegen"), z.B. dafür, daß nun mindesten 20 % der Kinder in Deutschland keine Finita mehr zu verwenden verstehen und das infinite Verb irgendwohin werfen, nachdem sie ein Link oder etwas "abbekommen" haben.
 
 

Kommentar von Wolfgang Scheuermann, verfaßt am 21.02.2007 um 13.32 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7803

Zu zwei Damen der Zeit
Laut heutiger WELT beklagt sich Ségolène Royal, sie würde ständig ihres weiblichen Geschlechts wegen "infrage gestellt". Wer hat eigentlich diese Schreibweise erfunden (die wahrscheinlich sogar der ZER entspricht)?
Die heutige FAZ macht sich Gedanken über die "spearssche Intimsphäre". Läßt die ZER da tatsächlich nichts anderes zu?

Die ursprüngliche Fassung der Rechtschreibreform war grauenhaft, die ZER ist m.E. insgesamt etwas weniger schlimm, aber dafür völlig unlernbar. Ich hoffe sehr auf baldigen "Rückbau".
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 21.02.2007 um 10.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7802

Nicht die gesamte Nation hat es sich einfach so bieten lassen. Aber in welchem anderen Bereich wäre Vergleichbares durchgegangen? Da fällt mir als plausible Erklärung nur die unterschwellige Rotstiftfurcht aus frühen Kindertagen ein, wo jeder junge Mensch erstmals mit einer höheren staatlichen Gewalt handfest und unausweichlich konfrontiert ist, und das über Jahre und ohne Hinterfragung. Bei den meisten ist das wohl derart tief eingegraben, daß das heute resultierende Verhalten gar nicht als Unterwürfigkeit erlebt, d.h. die irrationale Furcht gar nicht bewußt wird. Und natürlich wird oberschwellig die Sache weithin als wenig wichtig und nicht als Zumutung empfunden, als Problem mit weitreichenden Implikationen nicht ansatzweise verstanden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.02.2007 um 09.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7801

Die schlimmsten Folgen der Rechtschreibreform sind eher unterschwellig. Über einzelne Neuerungen mag man den Kopf schütteln oder auch lachen, aber wie ist es um eine Nation bestellt, die sich so etwas auch nur bieten läßt? Zehn Jahre lang hat der Duden empfohlen, "a-däquat" zu trennen, und nur durch einen Verweis auf die Paragraphen angedeutet, daß es auch noch anders geht. Ich bin gerade eben auf dieses Beispiel gestoßen, tausend andere erfüllen denselben Zweck. Warum hat man auch nur eine Sekunde auf Leute gehört, die so etwas angestellt haben? Warum haben der Philologe Zehetmair und seine Ministerkollegen das durchgesetzt? Diese Frage ist eigentlich noch nicht beantwortet.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 20.02.2007 um 20.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7794

Warum es heute wesentlich schwieriger sein soll als früher, dem Nachwuchs die Schreibung der Muttersprache beizubringen, das muß mir erst wer erklären. Natürlich gibt es jetzt viele Dinge, die es früher noch nicht gab, aber es ist doch nur eine Frage der Priorisierung, was Muß-Inhalt und was Kann-Inhalt sein soll.
Wenn man also den Erwerb der Schriftbeherrschung als Muß ansieht (ist das tatsächlich so?), dann kann es eigentlich nur an mangelnder Methode oder Lehrerqualifikation liegen, wenn die Ziele nicht erreicht werden.
Eine Ergebnisorientierung, d. h., nur dann einen guten Job getan zu haben, wenn mindestens 95% der Schüler (Muttersprachler) die Lehrziele tatsächlich erreicht haben, dieses Selbstverständnis hat leider kein einziger Pflichtschullehrer in meinem Bekanntenkreis. Zumindest in Deutsch ist das sehr schade.
 
 

Kommentar von Thomas Roediger, verfaßt am 20.02.2007 um 16.06 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7792

Hätte noch ein Schmankerl zum Thema:

Was das Bundesfamilienministerium so alles finanziert!
Ein Beispiel: Kindersuchmaschine "Blinde Kuh" (mehrfach ausgezeichnet, z. B. Grimme Online Award 2006). O-Ton: "Seit August 2004 fördert das Bundesfamilienministerium die Blinde Kuh auch mit Personalmitteln." Zu finden unter: www.blindekuh.de.

Geben Sie mal in die Suchmaschine nichts ein und drücken auf "Suchen", Sie werden staunen:

"Du hast ja gar nichts eingegeben
Damit ich suchen kann, brauche ich doch Suchworte.
Du verstehen?
NIX Worte = NIX Suche"

Ich glaub mich laust der Affe! Ist das nicht lustig, hip und cool!

Und weiter:

"Kriterien für die Aufnahme in der Blinde Kuh?
Warum es einfach ist, alles in Kriterienkatalogen fest zu legen, aber schwer sein wird, dies in der Praxis durch zu halten. Und, wie man in der Blinden Kuh aufgenommen wird, mit seinen kindgerechten Seiten."

Und noch weiter:

"Gute Kinderseiten gibt es aber nicht nur da. So freuen wir uns, dass wir ebenso mit Anbietern des öffentlich rechtlichen Rundfunks die eine oder andere fruchtbare Zusammenarbeit in der Vernetzung seit Jahren schon vorantreiben können. Deshalb sollen diese auch hier ein paar verdiente Links abbekommen: WDR5 Lilipuz, SWR Kindernetz, ZDF tivi und BR Kinderinsel."

Um beim Thema zu bleiben:
Du einschreiben, Du Doktor!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.02.2007 um 05.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7790

Hier mag denn auch ein Wort zum munteren Treiben unserer Bildungseinrichtungen seinen Platz finden. Unsere Erlanger Universität "stellt sich neu auf", wie man auf der Internetseite derselben lesen kann. Mit diesem Aufstellen sind die Gremien schon lange beschäftigt. Dabei wird auch immer vom "Bologna-Prozeß" geredet, einem Selbstläufer nach Art der Rechtschreibreform: Keiner will ihn, aber er ist unser Schicksal, da kann man nur mitmachen.
Interessanterweise haben die kühnen Pläne zur "Modularisierung" (fertiger Germanist in sechs Semestern usw.) sofort neue Buchreihen ins Leben gerufen, die den Lehrstoff in Pillenform verabreichen. Da kann nichts mehr schiefgehen.
 
 

Kommentar von Karl Berger, verfaßt am 20.02.2007 um 01.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7788

Wer sich die Mühe machte, die hochtrabenden und mit Fachbegriffen gespickten Sätze in ein allgemeinverständliches Deutsch zu übersetzen, wäre überrascht, wie wenig übrigbliebe und welche Platitüden sich herausschälten.

Das kann man auch zu den meisten Schulprogrammen sagen, die in den letzten Jahren der Schulaufsichtsbehörde (ohne weitere Konsequenzen) schriftlich vorzulegen waren. Sie triefen nur so vom Geseire um "gesellschaftliche Erfordernisse" u.ä., ohne wirklich zur Sache zu kommen - und das sogar bei Schulen, von denen ich z.B. weiß, daß sie eine erstklassige, schüler- wie elterbezogene Arbeit leisten. Suchen Sie mal auf der Homepage Ihrer ehemaligen Schule das sog. Schulprogramm, möglicherweise haut es auch Sie um.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 19.02.2007 um 20.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7785

Zur "Selbstevaluation an den Schulen": Alte Bauernweisheit: Das Schwein wird nicht fett, wenn man es nur wiegt, man muß es auch füttern.
 
 

Kommentar von nos, verfaßt am 19.02.2007 um 18.48 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7784

"Eine äußerst interessante Konstellation":
- nicht verhindern können
vs.
- nicht durchsetzen können oder wollen
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 19.02.2007 um 12.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=796#7781

Eben habe ich in einer aktuellen Pädagogikzeitschrift Beiträge über die jetzt grassierende "Selbstevaluationswelle" der Schulen quergelesen. Die Happen, die man sich dabei zuführt, sind schon schwerverdaulich genug. Wer sich die Mühe machte, die hochtrabenden und mit Fachbegriffen gespickten Sätze in ein allgemeinverständliches Deutsch zu übersetzen, wäre überrascht, wie wenig übrigbliebe und welche Platitüden sich herausschälten.
Von Schülern und Unterricht ist überhaupt nicht mehr die Rede. Fast scheint es, als gehe es in der Schule nicht um Kinder und schon gar nicht ums Lernen. Es wird nur noch geprüft, eruiert, befragt, geplant – evaluiert eben. Und immer "selbst". Das ist ganz wichtig. Ja nur nicht fremdgesteuert sein! Selbst ist der Mann – äh – die Frau!
Bei all den bürokratisch untermauerten Vorgängen kann man viele Planstellen einrichten und "akademische" Fachleute beschäftigen, die sonst ohne Job geblieben wären. Die Gelder plätschern munter, während Schulgebäude ver- und Schulstunden ausfallen. Der ganze Evaluationszirkus wird direkt und auf Umwegen vom Steuerzahler finanziert.
Oben wie unten gibt es ein wüstes und unverhülltes Riesengeschnäuze, und aus der Schnauze kommt dasselbe wie ehedem, als noch manierlich mit der Nase ins Sacktuch geschneuzt wurde: Rotze. Man verzeihe mir die drastischen Worte, aber die aufgeblasene und kinderverachtende "Evaluationslektüre" in hochgehorsamem Neuschrieb erzeugt "gräulich" revolutionäre Gedanken.
 
 

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