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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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08.05.2006
 

somit
Wortartwechsel leicht gemacht

Nicht unbedingt nötig, aber es gibt schon wieder eine Wortbildungslehre:
Lohde, Michael (2006): Wortbildung des modernen Deutschen. Ein Lehr- und Übungsbuch. Tübingen. (Narr Studienbücher)

(Ich gebe hier nur einige Beobachtungen zur Rechtschreibung wieder, nicht zum sachlichen Gehalt des Buches.)

Die Rechtschreibreform wird nur in den Fußnoten ausdrücklich thematisiert. In seiner eigenen Praxis erweist sich der Verfasser als überaus folgsamer Adept. Er gebraucht zeitaufwändig, bespricht es aber nicht. Er schreibt auch stets selbstständig, sodass, gleich lautend, weit reichend; schwer kranke Patienten usw.

Weit über hundert "Fehler" vom Typ Nomen agentis entstehen allerdings durch Unkenntnis der GKS-Regelung.

... zwischen freien und gebundenen Morphemen. Zu den Ersteren ... (wahrscheinlich falsch, aber § 57 des amtlichen Regelwerks ist nicht sehr deutlich)

Lohde schreibt einige Eigennamen durchgehend falsch: Behagel (statt Behaghel), Furhop (statt Fuhrhop), Hebermann (statt Herbermann), Bocaccio (statt Boccaccio).

Bei Hoheslied usw. werde die Binnenflexion nach der neuen Rechtschreibung umgangen (22).

„Nach der neuen Rechtschreibung wird eine ganze Reihe von Adverbien großgeschrieben (u. a. Vormittag, Abend, Nacht). Sie stellen somit (!) Substantive in adverbialer Funktion dar.“ (50, Fn. 22)

notlanden wird zu den trennbaren Verben gezählt (53).

„Durch die Rechtschreibreform (Stand Februar 2005) hat sich die Zahl der Verbalkomposita erheblich verringert.“ (222)

„Der Anteil verbaler Komposita mit substantivischem Erstglied ist gering. (Anm.:) Als Folge der Rechtschreibreform ist deren ohnehin begrenzte Zahl noch weiter zurückgegangen, denn einige geläufige Komposita werden jetzt getrennt geschrieben: Rad fahren, Kopf stehen, Halt machen.“ (227)

Wie kann die Rechtschreibnormierung solche Folgen haben? Seit den „Empfehlungen“ wird übrigens kopfstehen wieder zusammengeschrieben.

Bei römisch-katholisch „muss laut Duden ein Bindestrich gesetzt werden“ (168). – Nicht nur laut Duden!

Insgesamt wäre das Buch, das nicht mehr sachliche Fehler enthält als die konkurrierenden Werke, wegen der vielen Beispiele und Übungen (mit Lösungen) empfehlenswert, wenn es nicht in der archaisierenden Rechtschreibung gehalten wäre und dieser auch sonst einen zweifelhaften Tribut leistete.



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Kommentare zu »somit«
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Kommentar von rrbth, verfaßt am 19.05.2006 um 11.14 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4110


Dann müßte ich aber etwas schwerfällig schreiben: „Nur-Regeln-Folgen ist nicht genug.“

Halt, da ist ein Bindestrich zu viel hineingeraten, oder?
„Nur Regeln-Folgen ist nicht genug.“

Und zum „zu“:
Ich würde soetwas immer mit „zu“ schreiben.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 19.05.2006 um 00.06 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4098

Zum Beitrag von Herr Ludwig:
In dem angeführten Beispiel stellt sich die Frage, ob der Infinitiv ohne „zu“ überhaupt korrekt ist.

Betrachten wir zunächst das vereinfachte Beispiel:
„Nur Regeln (zu) folgen(,) ist nicht genug.“
1. Infinitiv mit zu:
Nach herkömmlicher Schreibung steht kein Komma, weil der Infinitivausdruck Subjekt ist. Nach reformierter Schreibung ist das Komma optional.
2. Infinitiv ohne zu:
Ist das überhaupt zulässig? Jedenfalls dann, wenn ich den Infinitivausdruck als Substantiv auffasse. Dann müßte ich aber etwas schwerfällig schreiben: „Nur-Regeln-Folgen ist nicht genug.“ Dann stünde natürlich kein Komma.
Bleibt die Frage, ob „Nur Regeln folgen(,) ist nicht genug“ mit oder ohne Komma überhaupt zulässig ist. Wenn ja, würde die Analogie zu 1. nahelegen, nach herkömmlicher Schreibung kein Komma zu setzen.
Was sagen die Grammatiker dazu?

Im ursprünglichen Beispiel gibt es den Ausweg, den zweiten Infinitivausdruck als Einschub aufzufassen. Damit ließe sich das zweite Komma so oder so rechtfertigen.

 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 18.05.2006 um 13.12 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4083

Nochmal zu Herrn Germanist:
Soeben stieß ich auf ein hübsches Rätselspiel im Internet: „the 28-year-old diplomat's mother“. Nun mag jeder mal raten, wer wohl 28 Jahre alt ist.
Das Beispiel illustriert sehr schön die Fallstricke sowohl des englischen „Wortverbandes als Wort“ als auch die des „group genitive“.
Bildungen wie „private schoolboy“ oder „free churchman“ sind in meinen Augen keinen Deut besser als „reitende Artilleriekaserne“ oder „schnelle Brütertechnologie“. Der „natural historian“ (Naturkundler, nicht Naturgeschichtsschreiber) ist zwar eingebürgert, aber bestimmt nicht nachahmenswert. „Great power“ kann im Englischen sehr wohl auch „große Macht“ neben „Großmacht“ bedeuten. Was gemeint ist, läßt sich nur aus dem Zusammenhang erschließen. Allerdings schreibt man auch oft „the Great Powers“. Das Deutsche unterscheidet dagegen sehr deutlich zwischen „großer Macht“ und „Großmacht“, nämlich dreifach: durch Zusammenschreibung, Flexion des Adjektivs und Betonung.
Die Endstellung der Päposition ist im Englischen weit verbreitet, aber stilistisch auch nicht unumstritten. Die Formulierung „Wortverbände können Präpositionen haben“ erscheint mir dafür verfehlt. Das gleiche könnte sonst man auch über das Deutsche sagen: „Hiermit teilen wir Ihnen mit.“
Was soll die Feststellung, daß Wortverbände mit (nicht nur lateinischen) Wörtern synonym sein können? Das versteht sich doch von selbst und ist im Deutschen nicht anders.
Auch im Deutschen kann man Satzphrasen zu Wörtern zusammenfassen: das „Nur-seine-Pflicht-Tun“, die „Was-scheren-mich-die-anderen-Einstellung“. Der Unterschied liegt nur in dem im Deutschen wohl nicht möglichen attributiven Gebrach solcher Wortungetümer.
Ich kenne das Buch von Leisi und Mair nicht und kann es daher nicht beurteilen. Die Zitate von Herrn Germanist stimmen mich aber skeptisch.

 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 16.05.2006 um 16.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4063

Nur Regeln folgen ("nur seine Pflicht Tun"?), nur immer seine Pflicht tun, (das) ist eben nicht genug und führt zu Problemen. Meins hier ist: Wenn das Beispiel ohne "das" geschrieben wird, muß da nach "tun" ein Komma stehen? Wir haben einen Infinitivausdruck ohne "zu"! Ich würde da eins setzen; aber ich schreibe natürlich, so daß der Leser es einfachund schnell auch laut lesen kann. (Das ist bei der regierungsvorgeschriebenen Rechtschreibreform-Schreibung eben leider nicht der Fall. Die Kultusminister diktieren hier eben nicht nur, daß man in den Schulen lernen muß, auf ihre Art zu schreiben, sondern auch, daß man auf ihre Art lesen lernen muß und das Auf-ihre-Art-Lesen akzeptieren muß.)
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 15.05.2006 um 22.58 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4062

Zu Herrn Fleischhauer:
Laut herkömmlicher und reformierter Schreibung sind bei substantivierten Infinitivgruppen nur Zusammen- oder Bindestrichschreibung möglich.

Duden 1991:
R 41 In einer Aneinanderreihung aus einem Grundwort und mehreren Bestimmungswörtern werden alle Wörter durch Bindestriche verbunden (durchgekoppelt).
R 42 Besteht die Bestimmung zu einem substantivierten Infinitiv (zu einer substantivierten Grundform) aus mehreren Wörtern, dann werden alle Wörter durch Bindestriche verbunden.

Amtliche Regeln 1996:
§ 43 Man setzt Bindestriche in substantivisch gebrauchten Zusammensetzungen (Aneinanderreihungen), insbesondere bei substantivisch gebrauchten Infinitiven mit mehr als zwei Bestandteilen.

Bemerkenswert an § 43 ist übrigens die Gleichsetzung von "Zusammensetzungen" und "Aneinanderreihungen". Sie widerspricht der sonstigen Systematik der Amtlichen Regeln, die zwischen "Zusammensetzungen" und "Wortgruppen" (beides "Aneinanderreihungen") unterscheidet.

Müßte man aus R 41 und § 43 aber eigentlich nicht auch schließen, daß nur der "Nur-seine-Pflicht-Tuende" geschrieben werden kann?
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 15.05.2006 um 12.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4058

Zu Herrn Achenbach: Das "nur seine Pflicht Tun" dürfte auch möglich sein.
 
 

Kommentar von quod offendit, verfaßt am 15.05.2006 um 09.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4053

Es muß heißen:

Inter natis mulierum (natis = Backe)
Quod loquor (was ich sage) non est verum (ist nicht wahr)
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.05.2006 um 22.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4051

Das "außerordentlich schlechte Englisch" sind Zitate aus "Ernst Leisi, Christian Mair, Das heutige Englisch: Wesenszüge und Probleme", achte, neubearbeitete Auflage 1999, Seiten 94 - 101.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 14.05.2006 um 21.58 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4049

Da muß ich doch die englische Sprache verteidigen. Einige der von Herrn Germanist genannten Beispiele, wie "natural historian" oder "public schoolboy", sind außerordentlich schlechtes Englisch. Ein "natural historian" ist außerdem ganz bestimmt kein Geschichtschreiber, weder Natur- noch natürlich. Die "mounted artillery barracks" schreibt man besser "mounted-artillery barracks". Ein Butterbrot ist nicht "bread and butter", sondern ein "sandwich".
Die Wortgruppen, die angeblich "Präpositionen haben", ergeben sich aus der englischen Wortstellung. Sie sind ähnlich der Endstellung von Verbzusätzen im Deutschen.
Auch im Deutschen gibt es vergleichbare syntaktische Ungeheuer, z.B. die Substantivierung von Wortgruppen. Der "nur seine Pflicht Tuende" suggeriert ein Substantiv, "der Tuende", der ein direktes Objekt regiert. Das ist zwar, nach herkömmlicher und nach reformierter Rechtschreibung korrekt, aber bestimmt kein schönes Deutsch. Ein Beispiel aus der RSR-Diskussion: "Eine Rücknahme der Reform ist den Schülern nicht zumutbar" - ein Adjektiv, das ein indirektes Objekt regiert. Warum verwendet man eigentlich im Deutschen beim Infinitiv den Bindestrich, das "Nur-seine-Pflicht-Tun", beim Partizip aber nicht? Warum nicht auch der "Nur-seine-Pflicht-Tuende"?
 
 

Kommentar von David Weiers, verfaßt am 14.05.2006 um 12.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4046

„Nach der neuen Rechtschreibung wird eine ganze Reihe von Adverbien großgeschrieben (u. a. Vormittag, Abend, Nacht). Sie stellen somit (!) Substantive in adverbialer Funktion dar.“ (50, Fn. 22)

Wortartwechsel leichtgemacht.
Waren es nicht die Reformer, die laufend beteuert haben, daß die Rechtschreibung ja nur äußerliche Form sei? Wie paßt denn das hier jetzt damit zusammen?

Wie sieht es eigentlich mit Wörtern wie z.B. "Dienstagvormittag" aus? Habe das kürzlich in einem Jugendbuch als Kapitelüberschrift gelesen; ein ganz bestimmter Dienstag kann also eher weniger gemeint sein. Ich habe das also als eine Verlegenheitslösung zum reformtreuen "Dienstag Vormittag" interpretiert – oder ist "Dienstagvormittag" mittlerweile auch reformgemäß?

Wie auch immer.
Ich las auf diesen Seiten vermehrt schon den Begriff "Deppendeutsch". Ich find ihn gut!
Und den Deppen sollte man noch viel öfter vorhalten, daß sie eben totale Deppen sind.
Wie wär's denn dann analog dazu mit "Idiotendeutsch", "Spießerdeutsch", "Staatstreuendeusch", "Regierungsdeutsch", "Vasallendeutsch", "Devotendeutsch", "Abhängigkeitsdeutsch", "Befehlsdeutsch" oder schlicht "Schwachsinnsdeutsch"?

Sollte man in den Wortschatz aufnehmen. Dann kann man wieder neue Wörter in den Duden aufnehmen, denn der will ja die Kritiker auch einbinden. Und im Synonymwörterbuch kann man dann auch noch ein paar Einträge ergänzen. Dann gibt's wieder neue Auflagen.

 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.05.2006 um 11.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4045

Die Reformer wollten einen neuen Begriff in die deutsche Sprache einführen: die Wortgruppe als Wort. Das ist aber ein Anglizismus, den Prof. Ernst Leisi in seinem Standardwerk für Anglisten "Das heutige Englisch" im Kapitel "Der Wortverband als Wort" beschrieben hat: Bedeutungsmäßig stehen englische Wortverbände für einen einzigen Begriff, der nicht mehr der Summe der Teile entspricht: great power = Großmacht, bread and butter = Butterbrot, good for you = bekömmlich, lily of the valley = Maiglöckchen. Englische Wortverbände können synonym sein mit Einzelwörtern lateinischer Herkunft: bring about = accomplish, put up with = tolerate, turn over = surrender, come about = originate, keep on = continue. Wortverbände können Suffixe annehmen: A natural historian ist ein Naturgeschichtsschreiber, kein natürlicher Geschichtsschreiber, private schoolboy ist ein Privatschuljunge, kein privater Schuljunge, free churchman ist ein Freikirchenmann, kein freier Kirchenmann, mounted artillery barracks sind keine reitenden Artilleriekasernen. Wortverbände können einen group genitive annehmen: the King of England's power, somebody else's hat, all good old men's; einen group plural: the Miss N.s. Wortverbände können Präpositionen haben: we acknowledge receipt of and thank you for your letter, the bed has been slept in, the inn is well spoken of, an idea she cannot be talked out of, the place he was going to, a habit I will not put up with. Dieses Muster ist ungeheuer produktiv: a winner-take-it-all strategy, a two-sandwiches-short-of-a-picknick kind of guy = ein tolpatschiger Mensch, an everybody-out-for-themselves-and-devil-take-the-hindmost attitude.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.05.2006 um 08.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4044

Meine aus der Beobachtung der Schriftgeschichte gewonnene These lautet, daß im Deutschen gewisse "Errungenschaften" allmählich durch noch bessere überspielt worden sind. So war es ein Fortschritt, die Substantive groß zu schreiben. Das fing bei Luther an und war bei Gottsched im wesentlichen abgeschlossen und kodifiziert. Überspielt wurde es durch das textsemantische Prinzip der Auszeichnung der "Redegegenstände". Das brachte natürlich, wie jeder Übergang, der mit den nun einmal vorhandenen Mitteln bewerkstelligt werden muß, gewisse "Zweifelsfälle" mit sich. Ein Problem hauptsächlich für den Grundschulbereich, der sich noch nicht den souveränen Umgang der Erwachsenen mit den Normen leisten kann. Der Gewinn war aber so groß, daß es bis zur stupiden RSR nicht gelang, ihn aufzugeben. Angriffe im 19. Jahrhundert wurden erfolgreich zurückgeschlagen.
Ähnlich mit der GZS. Wörter werden zusammengeschrieben, jedes aber vom anderen getrennt. Abweichungen hielten sich in Grenzen. Phraseologismen wie "gang und gäbe" könnte man als Wörter bezeichnen, sie werden aber meist noch getrennt geschrieben. "ein und derselbe" ist, wenn der erste Teil nicht flektiert wird, ein Wort, wird aber meist noch getrennt geschrieben usw. Der größte Fortschritt bestand in der Zusammenschreibung von Verbzusatzkonstruktionen. Wortart und syntaktischer Status des Zusatzes sind strittig, aber das kümmert den schreibenden und lesenden Praktiker wenig. Er genießt offensichtlich die als sinnvoll empfundene Zusammenschreibung von "zusammenschreiben" (vs. "zusammen schreiben"), "miesmachen", "auseinandersetzen" usw. Dieser Vorteil wurde leichtfertig aufgegeben und nun im Zuge der Revision wenigstens teilweise wiederhergestellt, wenn auch immer noch ohne Einsicht, eher als zähneknirschende Konzession seitens der Reformer.
Hat man die Grundzüge dieser Entwicklung einmal verstanden, stören einen die Zweifelsfälle nicht mehr. Es muß doch nicht alles bis ins Letzte festgelegt sein. Die bisherige Schreibweise in seriösen Zeitungen usw. war, wie in "Normale deutsche Rechtschreibung" dokumentiert, hinreichend einheitlich, aber nicht pedantisch.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 13.05.2006 um 22.06 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4043

Zum Beitrag von Herrn Germanist:
Ist das wirklich so einfach mit den Wörtern und den syntaktischen Fügungen? Gerade die Verbzusatzkonstruktionen, die wohl das Hauptproblem bei der GZS darstellen, sind ja gewissermaßen Zwitter, mal zusammen, mal getrennt geschrieben. Nach Prof. Ickler sind sie ja keine "Zusammensetzungen", sondern stellungsbedingte Zusammenschreibungen. Mir scheint tatsächlich, daß die Grenzen zwischen Wortbildung und Syntax durchaus fließend sind.

Kürzlich fragte mich ein Engländer, was wohl das längste Wort im Englischen sei. An die Antwort kann ich mich nicht mehr erinnern, aber es war so etwas wie "Donaudampfschiffahrtsgesellschaft", wobei im Englischen die Bestandteile natürlich alle auseinander geschrieben werden. Das zeigt immerhin, daß auch getrennt geschriebene Wortfolgen durchaus als ein Wort empfunden werden können.
 
 

Kommentar von borella, verfaßt am 12.05.2006 um 17.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4037

Trotz nur lückenhaftem Lateinfundament:
Quinam loquor non est verum?
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 12.05.2006 um 16.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4036

Quid significant verba ad borellam?
 
 

Kommentar von an borella, verfaßt am 11.05.2006 um 20.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4033

Inter nates mulierum
quid loquor non est verum
 
 

Kommentar von borella, verfaßt am 11.05.2006 um 19.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4031

Heute las ich in den Oberösterreichischen Nachrichten: "Geleise seit Langem unbenutzbar". Zunächst vermutete ich, daß es einen Ort namens Langem gibt. Aber der Kontext klärte mich dann auf: Hier handelt es sich offenbar um ein "Substantiv in adjektivischer Funktion".

Langeweile kommt da keine auf bei solchen Fundstücken. Übrigens: In Neuschrieb dürfte immer noch "lange Weile" richtig sein.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 10.05.2006 um 16.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4025

Die nächste Sitzung des Rechtschreibrats soll planmäßig am Freitag, den 22. September 2006, von 11.00 bis 15.00 Uhr in Wien stattfinden (siehe hier), und ich gehe davon aus, daß dem auch so sein wird. Also kann man jetzt schon mal an Frau Dr. Güthert schreiben, damit noch Zeit für einen Schriftwechsel bleibt und sie das Thema wirklich auf die Tagesordnung nimmt. Wo ist das Problem?
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 10.05.2006 um 15.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4024

Es hat sich ausgebastelt

Lieber Herr Wagner, die Reformer darf man nun ganz gewiß nicht mehr fragen, was sie sich wobei gedacht haben. (Die Antwort: "Gar nichts oder etwas Falsches" wird es meistens treffen.) Verfasser von Grammatik- oder Wortbildungslehrbüchern sollten sich ebenfalls nicht auf die Reformer und ihr Werk berufen, sondern einfach die KMK als Quelle und Autorität nennen. Das und nichts anderes ist der Stand der Dinge in Sachen deutsche Orthographie. Soll man sich noch wundern, daß ein Autor, der es gewiß schon einmal besser wußte, ganz neue Erkenntnisse im Lichte der verordneten Rechtschreibung gewonnen hat?
 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 10.05.2006 um 15.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4023

Eingaben an den Rechtschreibrat gehen vermutlich ins Leere, denn zur Bearbeitung müßte er sich schon noch einmal treffen. Bestenfalls wird man Frau Gütherts oder Herrn Zehetmairs Ansicht erfahren können, aber wen interessiert die?
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 10.05.2006 um 11.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4022

Wörter werden im Deutschen zusammengeschrieben, andernfalls sind sie syntaktische Wortverbindungen (Wortgruppen) oder Sätze. Durch die vermehrte Getrenntschreibung bisher existierender Wörter hat die Rechtschreibreform die Zahl der Wörter verringert, denn die Bestandteile existierten ja auch schon als Einzelwörter. Als Folge davon gibt es jetzt auch zwei Wortbildungssysteme: eine Mehrheitswortbildung entsprechend der Mehrheit der normalen Schreiber und eine Minderheitswortbildung des Staates für die Schulen. Interessant ist, welche an den Universitäten geprüft wird und ob die bisherigen Wortbildungslehrbücher für ungültig erklärt und verbrannt werden.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 10.05.2006 um 10.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4020

Was mir unbegreiflich ist: Von den Reformern wird immer wieder darauf hingewiesen, daß die Schreibung eines Wortes eben nur seine Schreibung betreffe und an der Sprache an sich nichts ändere, Herr Lohde führt in seiner Wortbildungslehre nun aber offensichtlich genau das Gegenteil vor (Substantive in adverbialer Funktion, verringerte Zahl der Zahl der Verbalkomposita). Wie kann er sich so ins Bockshorn jagen lassen? Auf was für einem geistigen Niveau bewegt er sich dabei?

Andererseits könnte man mit diesen Auszügen beim Rechtschreibrat vorstellig werden und um einen offiziellen Kommentar bitten, ob diese Darstellung zutrifft. Wie auch immer die Antwort ausfällt (wenn man denn eine bekommt), sie dürfte in jedem Fall einen neuen Angriffspunkt liefern.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 08.05.2006 um 20.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=501#4019

Leider erscheint auch die Reihe "...fürs Examen" von Hans Altmann (versch. Bände: Syntax, Wortbildung u.a.) in neuer Rechtschreibung.
 
 

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