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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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26.05.2005
 

O wie komisch!
Man sollte ab und zu auch der Trittbrettfahrer gedenken

Prof. Harald Zimmermann, Universität Saarbrücken, der als Gründer und langjähriger Chef der SOFTEX Rechtschreibprogramme anbietet, stellte 1997 sein „Memorandum zur Rechtschreibreform“ ins Netz. Darin sagt er über die „insgesamt sehr gelungene Reform“:

„Man sollte aber auch nicht die Augen schließen und so tun, als könnten beispielsweise die Presse oder der Rundfunk längerfristig noch der herkömmlichen Norm folgen (mag sich beispielsweise DER SPIEGEL auch heute noch anders äußern und die Presse formal auch nicht dazu verpflichtet sein). Eigentlich sollten die Presseorgane darüber nachdenken, dass sie in 5 – 10 Jahren eine junge Leserschaft haben werden, die nur noch die neue Schreibung und Trennung gewohnt ist und über die 'alten' Schreibweisen vielleicht schon die Nase rümpfen wird ...“
„Ich wage die Prognose, dass in wenigen Jahren bereits niemand mehr über dieses Thema diskutieren wird; allenfalls wird die Enkelin vielleicht dem Großvater, der gerade einen Brief (am Computer) schreibt, über die Schulter sehen und ausrufen: 'O wie habt ihr damals so komisch geschrieben!'“



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Kommentare zu »O wie komisch!«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.05.2005 um 04.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=106#248

Damit kein Mißverständnis aufkommt: der gesamte Text bis zum Ausrufezeichen stammt von Zimmermann. Unfreiwillig komisch wirkt er freilich selbst, wenn man ihn heute liest, aus einer Distanz, die seinen "5 - 10 Jahren" entspricht.
 
 

Kommentar von Ursula Morin, verfaßt am 26.05.2005 um 22.50 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=106#247

Ich denke, "komisch" ist die Reform ganz und gar nicht, und mit einer Umstellung auf eine andere Schriftart hat das auch nichts zu tun.

Das Problem ist nicht so sehr, daß diejenigen, die 10 Jahre lang mit der "neuen Rechtschreibung" erzogen wurden, ältere Texte nicht mehr lesen könnten - die sind ja zumeist in gutem Deutsch und mit ordentlicher Grammatik verfaßt. Das Problem ist vielmehr, daß man diejenigen, die 10 Jahre so erzogen wurden, nicht mehr einwandfrei verstehen kann. Das sage ich nicht nur so dahin - ich habe gelegentlich Verständnisschwierigkeiten bei reformierten Texten, manches muß man dreimal lesen, bis man es versteht - und das liegt nicht an der Schriftart, sondern daran, daß die deutsche Wortbildung und Grammatik inzwischen schwer beschädigt sind. Es kommt z.B. immer häufiger vor (vielleicht durch Analogiebildung zu einigen fälschlich als Substantive behandelten Wörtern wie z.B. "im Übrigen"), daß Verb und Substantiv verwechselt werden. Möglich, daß unsere Enkel das nicht stören wird - aber sollte das der Fall sein, dann hat Deutsch als Kultursprache endgültig abgetakelt. Komisch finde ich das aber nicht .... und ich kann mir auch nicht vorstellen, wie man mit falscher Grammatik gute Literatur verfassen könnte.
 
 

Kommentar von Bernhard Schühly, verfaßt am 26.05.2005 um 14.00 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=106#245

Was ist daran schlimm? Und vor allem: Wäre es nicht noch schlimmer umgekehrt? Wenn nämlich die Enkel von morgen fragen: "Warum habt Ihr da zehn Jahre lang so komisch geschrieben?" "Komisch geschrieben" hat, glaube ich, jede ältere Generation für die nachfolgenden - ganz einfach weil die Sprache kontinuierlich gewachsen ist. Dazu braucht es keiner Reform. Besonders einschneidend wird das dann trotzdem: z.B. als Konrad Duden auftrat, mit dem Verbot der Deutschen Kurrent-Schrift und der Sütterlin im Dritten Reich und ihrer Umstellung auf die lateinische Ausgangsschrift bzw. bei der Fraktur auf die Antiqua. Wenn einer 10 Jahre mit der Reformschreibung "erzogen" wurde, aber die damaligen Quellen lesen kann, soll der jetzt Probleme haben mit der 100 Jahre lang bewährten Rechtschreibung???
 
 

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