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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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04.06.2008
 

Suhrkamp ganz unten
Die Reformschreibung ruiniert nun auch diesen Verlag

Sturma, Dieter (Hg.) (2006): Philosophie und Neurowissenschaften. Frankfurt (stw)

In Reformorthographie. He-rausforderung, wiede-rum, kons-titutiv, sy-naptisch, Crick hat völlig Recht, falls wir Recht haben, vo-raus, wa-rum, so genannte, im Besonderen, auseinander setzen, im Übrigen, des Öfteren

Die meisten Beispiele sind aus der Übersetzung eines Kapitels aus dem bedeutenden Buch von Bennett/Hacker: "Philosophical foundations ...", es wirkt daher besonders dümmlich. Ich habe das Buch glücklicherweise nur ausgeliehen und nicht gekauft, möchte so etwas auch nicht einmal geschenkt in meinem Bücherregal stehen haben.



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Kommentare zu »Suhrkamp ganz unten«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.05.2018 um 04.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#38634

Das neue Buch von Hans Magnus Enzensberger ("Überlebenskünstler") ist bei Suhrkamp in nicht-reformierter Rechtschreibung erschienen, ebenso der Vorabdruck im SPIEGEL vom 21.4.18.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.03.2016 um 08.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#31898

Bei Suhrkamp ist ein neues Buch von Marion Poschmann (Geliehene Landschaften) in nicht-reformierter Rechtschreibung erschienen und wird auch von der FAZ korrekt so zitiert. Beides muß man loben. Nur die Verlagswerbung ist reformiert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.12.2015 um 08.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#30975

Bei Insel ist "Till Eulenspiegel" erschienen, neu erzählt von Clemens J. Setz. Das Buch ist nicht zu empfehlen. Es ist reformorthographisch gedruckt: Jetzt ist er drei Mal getauft worden usw., und auch das Deutsch ist ungelenk: von Zeit zu Zeit entkam der jungen Mutter ein kurzes Lachen (...) er versuchte alles, damit sein Übermut auf die anderen überspringen würde.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 20.01.2013 um 17.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#22413

Noch ein paar Beispiele, die zeigen, wie schlecht dem Verlag die Uns-ist-alles-egal-Einstellung bekommt, auch wenn man das in Berlin wahrscheinlich ganz anders sieht.

Anläßlich des 50jährigen Erscheinens von Sylvia Plaths Roman „The Bell Jarr“ legt Suhrkamp die Übersetzung von Reinhard Kaiser aus dem Jahr 1997 wieder auf. Diesmal mit einem Vorwort von Alissa Walser. Und da beginnt das Problem, denn die Übersetzung von Kaiser wurde in der herkömmlichen Rechtschreibung belassen, Walser hingegen hat ihr – übrigens vollkommen überflüssiges – Vorwort in Gemischtschrieb verfaßt. Also Heysesche s-Schreibung, ph-Schreibung in „Autobiographie“ usw. Darüber hinaus beherrscht die Online-Redaktion offensichtlich nur noch die Schulorthographie und zitiert nach wurschtigen Grundsätzen den ersten Satz „Es war ein verrückter, schwüler Sommer, dieser Sommer, in dem die Rosenbergs auf den elektrischen Stuhl kamen und ich nicht wusste, was ich in New York eigentlich wollte“, in dem Kaiser jedoch eindeutig „wußte“ schrieb (S. 13).
Vgl. hier: www.suhrkamp.de/buecher/die_glasglocke-sylvia_plath_42365.html.
Den Blick ins Buch gibt es hier: www.suhrkamp.de/download/Blickinsbuch/9783518423653.pdf.

Anders sieht es bei Beckett aus, dessen Briefe nun erstmals in einer 4bändigen deutschen Ausgabe vorgelegt werden sollen. Die Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen stammen von dem Mühsam-Forscher Chris Hirte. Und nun kann auch die Redaktion von Suhrkamp plötzlich wieder richtiges Deutsch: „Ausgewählt aus mehr als 15 000 erfaßten Briefen wurden Schreiben an Freunde, Maler und Musiker ebenso wie an Studenten, Verleger, Übersetzer und Kollegen in der literarischen und der Welt des Theaters.“
Vgl. hier: www.suhrkamp.de/buecher/weitermachen_ist_mehr_als_ich_tun_kann-samuel_beckett_42298.html. Dort geht es dann auch weiter zum Blick in den ersten der vier Bände.

Insgesamt ist das ein groteskes Chaos mit den Neuerscheinungen bei Suhrkamp. Während die meisten Bücher des Insel-Verlages inzwischen für erwachsene und intelligente Leser nicht mehr lesbar sind, geht es bei Suhrkamp noch durcheinander. Der Reisebericht „Allein unter Deutschen“ von Tuvia Tenenbom ist beispielsweise, obwohl in der Reihe „suhrkamp nova“ erschienen, in Erwachsenenorthographie gedruckt (vgl. hier: www.suhrkamp.de/buecher/allein_unter_deutschen-tuvia_tenenbom_46374.html). Sloterdijks neues Buch ist zwar ebenfalls in Erwachsenenorthographie gedruckt, aber die Redaktion hatte damit wohl ihre liebe Mühe und Not. „Die selbst gestellte Frage, wie man sein Werk am knappsten charakterisieren könne, beantwortete Peter Sloterdijk mit dem Hinweis, er sei ein »philosophierender Schriftsteller«. Damit ist der Erfolg seiner Bücher erklärt.“ Der Erfolg seiner Bücher vielleicht, aber nicht die 'selbstverschuldete' Schlampigkeit des Verlags. (Vgl. hier: www.suhrkamp.de/buecher/mein_frankreich-peter_sloterdijk_46297.html)

Womöglich ist der Verlag ja zu sehr mit den juristischen Querelen mit Hans Barlach beschäftigt, denn auch die beiden Verlautbarungen dazu, die sich auf der Internetseite finden, sind teils so und teils so geschrieben. „Da das Landgericht die Anmietung für rechtswidrig hält, hat es dem Antrag auf Abberufung der für diesen Beschluß verantwortlichen Geschäftsführer stattgegeben.“ So steht es in der ersten Stellungnahme der Geschäftsführung, danach folgt dann jedoch „dpa hat heute über einen Prozess vor dem Landgericht in Frankfurt am Main berichtet, in dem beide Gesellschafter des Suhrkamp Verlages wechselseitig beantragen, den anderen Gesellschafter auszuschließen“. Und da muß ich mich doch wieder fragen, ob Suhrkamp überhaupt noch ein Lektorat hat. Liest denn niemand mehr in Berlin die Sachen durch, bevor sie ins Internet gestellt werden? Qualität sieht in jedem Fall anders aus!
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 28.11.2011 um 16.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#19608

Mit viel medialem Getöse (nach dem Video weiß man zunächst gar nicht, ob es um ein Buch oder einen Film geht) kündigt der Insel-Verlag die Übersetzung eines neuen Sherlock-Holmes-Romans an. Nein, nichts aus Doyles Nachlaß, aber doch von den Doyle-Erben autorisiert, stammt der Roman aus der Feder des englischen Schriftstellers Anthony Horowitz: Leseprobe_Horowitz_Sherlock-Holmes.pdf.

Da es sich ausdrücklich um eine "unkorrigierte Leseprobe" handelt, sollte man die Silbentrennung vorerst ignorieren. Aber sonst bietet die Übersetzung von Lutz-W. Wolff den Kotau vor der Schulorthographie in Gestalt des Doppel-s, die grammatisch falsche Großschreibung nach vermeintlichen Präspositionen ("als Erstes") und damit insgesamt wenig Lesegenuß.

Und noch etwas stört mich: Auf Seite 10 unten läßt Horowitz "seinen" Holmes "[d]as war doch ganz elementar" sagen. Was für ein alberner Taschenspielertrick, dessen Horowitz sich hier bedient! Diese Worte stammen bekanntlich nicht von Doyle, sondern wurden dem berühmten Detektiv erst in den Verfilmungen aus den 30er und 40er Jahren von dem Schauspieler Basil Rathbone in den Mund gelegt. Und nun glaubt Horowitz, darauf zurückgreifen zu müssen. Wie überflüssig, auch wenn ich vielleicht zu den wenigen Menschen gehöre, die sich daran stören.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.08.2011 um 07.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#19190

Seit es die Reihen "stw" bei Suhrkamp gibt, scheint mir auch der suhrkamptypische Titel verbreitet, der ungefähr so aussieht:
Dissidente Partizipation: Eine Diskursgeschichte des Feminismus.
Den Rezensenten geht es dann oft wie uns gewöhnlichen Lesern: Nach 300 Seiten wissen wir, wenn wir ehrlich sind, immer noch nicht, wovon das Buch eigentlich handelt, außer daß es irgendwie aufklärend ist. Im angeführten Fall kommen noch reformierte Rechtschreibung und feministische Korrektheit hinzu, um den typischen Suhrkamp-Tiefschlaf zu fördern. Nach jahrelanger Übung genügt schon der Titel, um uns reflexartig in diesen seligen Zustand zu versetzen.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 04.08.2011 um 12.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#19105

Lieber Herr Höher (und auch andere),
man kann gar nicht oft genug betonen, daß bei der Auswahl von Schullektüre die Lehrer sehr weitreichend mitreden können. Zwar sind einige Titel vorgeschrieben, aber oft sehen die Curriculen lediglich ein Genre, einen Literaturbereich oder ähnliches vor, so daß es dem Lehrer anheim gestellt ist, die Bücher auszuwählen.
Meiner Erfahrung nach ist das letzte, auf das die Lehrer achten, die Rechtschreibung. Eiferer gibt es sicher, aber im allgemeinen sieht niemand von einem Buch ab, nur weil es nicht in Reformschrieb vorliegt.

Die Verlage mögen das glauben, und Jugendliteratur wird ausschließlich in (einer Form von) Reformorthographie neuaufgelegt. Insofern sind neuangeschaffte Bücher heute gewiß vorrangig reformiert, aber sollte ein Schüler einen unreformierten Band von zu Hause mitbringen, kümmert's weder die Schule noch den Lehrer.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 04.08.2011 um 11.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#19103

Ich stelle noch einmal einige Beobachtungen zu den Neuerscheinungen des Verlages hierher, dessen Insel-Taschenbücher inzwischen ein neues Äußeres erhalten haben: auffallend bunt, oft mit metallisch-glänzender Schrift bedruckt, und zuweilen auch mit herausgeprägtem Titel. Dabei hat sich die Papierqualität deutlich verschlechtert. Wo ist das dezent getönte Dünndruckpapier geblieben?

Aber egal, zu den Neuerscheinungen:

Marie NDiaye: Drei starke Frauen. Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer. Berlin: Suhrkamp 2011. In tadelloser Orthographie: www.suhrkamp.de/download/Blickinsbuch/9783518462584.pdf

Mario Vargas Llosa: Tante Julia und der Schreibkünstler. Neu übersetzt von Thomas Brovot. Berlin: Suhrkamp 2011. Die Neuübersetzung in Reformschrieb hat diesen Roman leider verhunzt: www.suhrkamp.de/download/Blickinsbuch/9783518422557.pdf
Gerade bei avantgardistischer Prosa, die weitgehend auf Interpunktion verzichtet, hätte die herkömmliche Orthographie den Lesefluß befördern können. Hier stellt er sich gar nicht erst ein.

Andreas Maier: Onkel J. – Heimatkunde. Berlin: Suhrkamp 2011. Maier bleibt der herkömmlichen Orthographie treu: www.suhrkamp.de/download/Blickinsbuch/9783518462614.pdf

Joanna Bator: Sandberg. Aus dem Polnischen und mit einem Essay von Esther Kinsky. Berlin: Suhrkamp 2010. In Reformschrieb: www.bic-media.com

Threes Anna: Warten auf den Monsun. Roman. Aus dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert. Berlin: Insel 2011. In herkömmlicher Orthographie: www.bic-media.com

Insgesamt also das inzwischen hinlänglich bekannte Durcheinander von bewährter und mehrfach gescheiterter Rechtschreibung. Daß nun auch Vargas Llosa in Reformschrieb umgebastelt wurde, hat vielleicht mit weiterer Anbiederung an die Schule zu tun. Womöglich steht er in irgendeinem Bundesland auf einer Leseliste. Vorbei sind ja die Zeiten, wo im Deutschunterricht deutsche Literatur (Österreich und Schweiz inbegriffen!) gelesen wurde. Leser, die der Schulbank entwachsen sind, können sich freilich damit trösten, daß der Roman antiquarisch noch in der Übersetzung von Heidrun Adler aus dem Jahr 1988 erhältlich ist. Die Reformschreibung ruiniert tatsächlich diesen Verlag, aber er hat diesem Gespenst selbst die Tür weit geöffnet. Wird daher demnächst Joyce neu übersetzt, damit er für die Schule komensurabler ist?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.05.2011 um 06.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#18629

Im "Verlag der Weltreligionen" ist gerade ein neues Buch von Jan Assmann erschienen ("Religio duplex"), in klassischer Rechtschreibung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.06.2010 um 10.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#16371

Christa Wolfs neues Buch ("Stadt der Engel") erscheint bei Suhrkamp in herkömmlicher Rechtschreibung. Einige Zeitungen (wie die FAS) zitieren aber in Reformschreibung.
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 26.07.2009 um 05.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#14847

Lieber Herr Höher,

warum bezeichnen Sie "Albtraum" als Patzer? Die Schreibweise ist etymologisch gerechtfertigt, und der F.A.Z. haben wir sie jahrzehntelang nachgesehen. Auch Herr Ickler führt – sehr zu Recht – beide Schreibweisen in seinem Wörterbuch auf.

Hätte sich die "Reform" auf derlei Banalitäten beschränkt, würde sich wohl niemand aufgeregt haben.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 25.07.2009 um 14.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#14846

In meiner vor etwa drei Wochen begonnenen Liste ist doch noch ein Fehler stehengeblieben. Es muß in Nummer 14) heißen:

"Vor diesem Buch muß ich auch aus einem anderen Grund nachdrücklich warnen:" statt "waren".

Dafür sowie für die nochmalige Erwähnung des Buches von Arnoldi, das ich schon einmal erwähnt hatte, bitte ich um Nachsicht.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 25.07.2009 um 14.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#14845

Auch wenn ich so manchen Leser hier mit meinen sporadischen Beobachtungen zur Rechtschreibpraxis des Suhrkamp-Verlages langweile, liefere ich dennoch eine Fortsetzung.

Es geht wieder abenteuerlich hin und her im Frankfurter Verlag, der nach dem Tode des erklärten Reformgegners Siegfried Unseld offensichtlich nicht so recht weiß, ob er nun grundsätzlich für oder gegen den Neuschrieb ist. Die vermeintlich taktisch so kluge, in Wirklichkeit aber für das Ansehen des Verlages katastrophale Entscheidung ist die, sich nicht festzulegen und vor allem Übersetzungen mal so und mal so erscheinen zu lassen.

Daher nur kurz und knapp ein paar Hinweise zu Neuerscheinungen des Jahres 2009 der fiktiven Reihe „As you like it“ aus dem Hause Suhrkamp, wobei ich gelegentlich auch mal zu Insel geschielt habe. Wichtig war mir dabei, neben „hochwohlgeborener“ Literatur auch Kriminalromane und Sachbücher zu aktuellen Themen anzusehen. Anspruch auf Vollständigkeit erhebe ich bei diesen kursorischen Mitteilungen wie üblich natürlich nicht.

1) Angeles Mastrella: ¡Ehemänner! Erzählungen. Aus dem Spanischen von Petra Strien (aus der Reihe „Suhrkamp nova“). Bei Suhrkamp in Neuschrieb erschienen.

2) Marcel Beyer: Kaltenburg. Roman. Bei Suhrkamp in herkömmlicher Orthographie erschienen.

3) Abraham Verghese: Rückkehr nach Missing. Roman. Aus dem Englischen von Silvia Morawetz. Bei Suhrkamp in herkömmlicher Orthographie erschienen.

4) Anna Katharina Hahn: Kürzere Tage. Roman. Bei Suhrkamp in herkömmlicher Orthographie erschienen.

5) Kathryn Miller Hynes: Miss Winters Hang zum Risiko. Rosie Winters erster Fall. Kriminalroman. Aus dem Amerikanischen [!] von Kirsten Riesselmann. Bei Suhrkamp in Neuschrieb erschienen.

6) Don Winslow: Pacific Private. Kriminalroman. Aus dem Amerikanischen [!] von Conny Lösch. Bei Suhrkamp in Neuschrieb erschienen.

7) Christian Dorph; Simon Pasternak: Der deutsche Freund. Kriminalroman. Aus dem Dänischen von Ulrich Sonnenberg. In Neuschrieb (sogar das deutsche Shakespeare-Motto aus dem „Merchant of Venice“ wurde brav „angepasst“).

8) Elsemarie Maletzke: Mit Jane Austen durch England. Mit farbigen Fotografien von Markus Kirchgessner. Im Insel-Verlag in herkömmlicher Orthographie erschienen.

9) Von Jane Austen liegen nun auch die Briefe an ihre Schwester Cassandra auf deutsch vor, die ebenfalls bei Insel erschienen sind: Jane Austen: „Ich bin voller Ungeduld“. Briefe an Cassandra. Ausgewählt und übertragen von Ursula Gräfe. In herkömmlicher Orthographie.

10) Louis Begley: Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte. Aus dem Englischen von Christa Krüger. In herkömmlicher Orthographie bei Suhrkamp erschienen.

11) Ralf Rothmann: Feuer brennt nicht. Roman. Bei Suhrkamp in Neuschrieb erschienen.

12) Daniele Dell’Agli (Hrsg.): Essen als ob nicht. Gastrosophische Modelle. Bei Suhrkamp (= es 2518) in herkömmlicher Orthographie erschienen.

13) Thomas de Quincey: Bekenntnisse eines englischen Opiumessers. Aus dem Englischen übertragen und eingeleitet von Walter Schmiele. Bei Insel in herkömmlicher Orthographie erschienen, wobei der Verlag im Impressum den Patzer „Albtraum“ druckt.

14) Michel Foucault: Geometrie des Verfahrens. Schriften zur Methode. Herausgegeben von Daniel Defert und François Ewald unter Mitarbeit von Jacques Lagrange. Ausgewählt und mit einem Nachwort von Petra Gehring. Übersetzt von Michael Bischoff, Horst Brühmann, Hans-Dieter Gondek, Renate Hörisch-Helligrath, Hermann Kocyba, Ulrich Köppen und Jürgen Schröder. Bei Suhrkamp (= stw 1934) in Neuschrieb erschienen. Mit dem dreisten Hinweis der Herausgeberin: „In Übersetzungen ist an wenigen Stellen und stillschweigend eingegriffen worden. Die Ausschnitte aus der Archäologie des Wissens sind auf neue Rechtschreibung umgestellt.“ (S. 7). Welche der vielen angeblich so neuen Rechtschreibungen Frau Gehring meint, bleibt ihr Geheimnis. Vor diesem Buch muß ich auch aus einem anderen Grund nachdrücklich waren: es enthält viele Texte nur in Auszügen. Welchem wissenschaftlich arbeitenden Menschen diese Sammlung von Schnipseln in Neuschrieb dienlich sein soll, bleibt wohl auch das Geheimnis von Petra Gehring.

15) Axel Honneth erhält zum 60. Geburtstag den Band: Sozialphilosophie und Kritik. Herausgegeben von Raine Forst, Martin Hartmann, Rahel Jaeggi und Martin Saar. Bei Suhrkamp (= stw 1960) in Neuschrieb erschienen. Diesmal auch brav und „angepasst“ mit den „Bibliografischen Informationen“ der Deutschen Nationalbibliothek im Impressum, auf die Suhrkamp sonst so auffällig verzichtet.

16) Jakob Arnoldi: Alles Geld verdampft. Finanzkrise in der Weltrisikogesellschaft. Aus dem Englischen von Niklas Hofmann. Bei Suhrkamp (= es 2590) in Neuschrieb erschienen.

17) EveMarie Engels (Hrsg.): Charles Darwin und seine Wirkung. Bei Suhrkamp (= stw 1903) in herkömmlicher Orthographie erschienen. Trotz des „angepassten“ Abdrucks der „Bibliografischen Informationen“ im Impressum und dem Hinweis auf eine „narßistische Illusion“ (S. 10) im einführenden Text von Frau Engels.

18) Konstantin Richter: Bettermann. Roman. Bei Suhrkamp in Neuschrieb erschienen.

19) Carla Guelfenbein: Die Frau unseres Lebens. Roman. Aus dem Spanischen von Thomas Brovot. Bei Suhrkamp in herkömmlicher Orthographie erschienen.

20) Als letzter Hinweis noch einmal Foucault: Michel Foucault: Hermeneutik des Subjekts. Vorlesungen am Collège de France (1981/82). Aus dem Französischen von Ulrike Bokelmann. Bei Suhrkamp (= stw 1935) in herkömmlicher Orthographie erschienen, was die Kompilation von Petra Gehring noch überflüssiger macht. Zudem erweitert Suhrkamp mit diesem Band die Schriften Foucaults um den ersten Band der Vorlesungen. Welcher intelligente Leser wird sich das alberne Buch von Gehring kaufen, wenn er den kompletten Foucault nach wie vor im selben Verlag bekommt, noch dazu in lesbarer Orthographie? Rätsel über Rätsel, wie Suhrkamp so weit absteigen konnte! Etwas verunstaltet wird dieser Band jedoch durch die „Bibliografischen Informationen“ im Impressum. Mal mit, mal ohne Hinweis auf die Deutsche Nationalbibliothek. Dieses Hin und Her entspricht ungefähr der Rechtschreibpraxis bei Suhrkamp.

Noch ein trauriger Hinweis zum Abschluß dieser Fortsetzung:

Der „Literarische Führer Deutschlands“ (herausgegeben von Fred Oberhauser und Axel Kahrs) ist seit 2008 wieder bei Insel lieferbar. Leider ist er komplett auf uneinheitlichen Neuschrieb umgestellt worden. Heysesche s-Schreibung, aber herkömmliche ph-Schreibung. Diesmal mit einem überflüssigen Vorwort von Günter de Bruyn, das ebenfalls brav ss schreibt. Daher sollte man sich lieber antiquarisch auf die Suche nach der Ausgabe von 1983 umsehen, auch wenn dort die fünf neuen Bundesländer noch fehlen.

Im Herbst werde ich mir noch einmal die Neuerscheinungen des Verlags ansehen, fürchte aber, daß es bei diesem abstrusen Mix aus Neuschrieb und Qualitätsrechtschreibung bleiben wird. Ein Muster kann ich jedenfalls noch nicht erkennen.

 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 25.06.2009 um 22.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#14685

Ich ergänze noch einmal – gewissermaßen in loser Folge – meine Hinweise zu Neuerscheinungen des Suhrkamp-Verlages, in dem Frau Berkéwicz der von ihr so genannten „neuen Seichte“ den Kampf angesagt hat. Anscheinend zählt die seichte, weil etymologisch und grammatisch falsche und zudem nicht akzeptierte Reformschreibung nicht dazu.

So ist denn auch das Buch von Jakob Arnoldi „Alles Geld verdampft. Finanzkrise in der Weltrisikogesellschaft“ (aus dem Englischen von Niklas Hofmann, Frankfurt am Main 2009, es 2590) in seichtestem Reformschrieb gedruckt. „Im Folgenden“ (S. 9 und S. 18), durchgehende Heysesche s-Schreibung, „his-torisch“ (S. 11), das exotische „sodass“ (S. 12), „geografisch“ (S. 15) sowie „Ers-tens“ (S. 16).

Die Lektüre der ersten 20 Seiten hat bei mir so viele tiefgreifende Eindrücke hinterlassen, daß ich mir das Buch niemals kaufen werde. Unnötig noch darauf hinzuweisen, daß es natürlich mit einer „Bibliografie“ ausgestattet ist.

Suhrkamp gestattet hier einen Blick ins Buch: http://www.suhrkamp.de/download/Blickinsbuch/9783518125908.pdf


Es hat übrigens nichts mit dem etwas ermüdenden Thema zu tun. Die Sprachverhunzung geht entweder auf den Autor oder seinen Übersetzer zurück. Denn zu einem ähnlichen Thema ist Ulrich Becks neues Buch „Macht und Gegenmacht im globalen Zeitalter“ (Frankfurt am Main 2009, st 4099) in tadelloser Rechtschreibung erschienen.

Auch hier der Blick ins Buch: http://www.suhrkamp.de/download/Blickinsbuch/9783518460993.pdf

Beschämend ist dagegen, wie das seichtgespülte Lektorat dieses Buch geradezu gehirnfrei ankündigt:

Dieses Buch ist eine Aufforderung zur Ergreifung der Macht, und zwar durch Allianzen. Denn die globalisierte Welt ist ein Möglichkeitsraum, trotz barbarischer Tendenzen. Zurück zur autarken Nation führt ohnehin kein vernünftiger Weg, die Chancen für Staat und Zivilgesellschaft liegen darin, eine konsequent kosmopolitische Perspektive einzunehmen und auf transnationaler Bühne Einfluss auszuüben, statt sich in nationalen Konkurrenzen zu erschöpfen und den Verlust der Macht an die Wirtschaft zu beklagen. Verloren ist nichts, zeigt Beck: „Die Regeln legitimer Herrschaft werden neu ausgehandelt.“ Ein erhellendes Panorama der neuen weltpolitischen Ökonomie.
(www.suhrkamp.de)

Nicht nur daß „Ergreifung der Macht“ unglücklich formuliert ist, der „Einfluss“ schlägt darüber hinaus dem Autor ins Gesicht, der ja nachweislich in normaler Orthographie schreibt.
Gegen welche „Seichte“ kämpft Frau Berkéwicz eigentlich? Die im eigenen Haus kann es nicht sein.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 20.05.2009 um 19.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#14475

Nach der Umgestaltung des Netzauftrittes – groß, aufdringlich und nicht besonders bescheiden – ist ein weiterer vorläufiger Tiefpunkt in der Verlagsgeschichte erreicht:

Liebe Leserinnen und Leser,

der Webauftritt der Verlage Suhrkamp und Insel ist vollständig überarbeitet und neugestaltet worden. Noch mehr als bisher sollen unsere Bücher und Autoren im Mittelpunkt stehen. Sie werden feststellen, dass es nun mithilfe neuer Suchfunktionen und Überblicksseiten ganz einfach geworden ist, sich im Web durch die ganze Breite unseres Programms zu navigieren und aktuelle Bücher genauso schnell zu finden wie diejenigen der letzten 60 Jahre.

Ganz sicher aber ist noch nicht alles perfekt. Wir freuen uns also, wenn Sie Kommentare, Anregungen, aber auch Kritik und Hinweise auf Fehler an folgende E-Mail-Adresse schicken: webredaktion@suhrkamp.de.

Ihre Webredaktion

Mal ganz abgesehen davon, daß ich nicht weiß, wie ich mich (!) im Netz durch die ganze Breite des Suhrkamp-Programms navigieren kann, stehen die Bücher und Autoren nun vor allem dadurch im Mittelpunkt, daß die Schrift riesig geworden ist. Verbale Schaumschlägerei in Riesenlettern!

Und warum der Reformschrieb nun noch weiter um sich greift, wird meine Kritik an die angegebene E-Post-Adresse sein. Mal schauen, ob man mich einer Antwort würdigt.

Liebe Forumsteilnehmer, hier haben Sie zugleich einen neuen Beleg für "mithilfe"!
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 27.04.2009 um 17.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#14360

Das neue Buch von Peter Handke ist erschienen. "Bis daß der Tag euch scheidet" (Frankfurt am Main: Suhrkamp 2009). Der Titel sollte eigentlich für sich sprechen. Aber leider ist der Verlag durch die massenhafte Reformschreibung im eigenen Hause inzwischen dergestalt verunsichert, daß ihm geradezu peinliche Fehler im Lektorat unterlaufen, die es unter Unseld so nie und nimmer gegeben hätte.

Wann beginnt denn endlich der von der Verlagsleiterin angekündigte Kampf gegen die "neue Seichte"? Sie hat diese "Seichte" doch schon längst im eigenen Haus und unternimmt nichts dagegen. Warum kann man denn sonst folgendes bei Handke lesen:

"Grauweiß auch die Augen, hier wie dort geschloßen." (S. 7)

Das glaubt mir jetzt gewiß keiner, aber bitte, hier geht's zur Leseprobe:

http://www.suhrkamp.de/_download/blickinsbuch/9783518420966.pdf
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 31.03.2009 um 19.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#14214

Die Frankfurter Poetikvorlesung 2009 von Werner Fritsch ist jetzt bei Suhrkamp erschienen („Die Alchemie der Utopie“, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2009, edition suhrkamp 2588). Obwohl Fritsch prinzipiell in herkömmlicher Orthographie schreibt, ist im Verlag einiges durcheinandergeraten, was es in dieser Form unter Unseld nicht gegeben hätte. Gibt es denn auch bei Suhrkamp kein Lektorat mehr?

S. 8: „Wer ist der, der der ist, der er ist? Wer der, der nie vergisst, dass er nie mehr der ist, der in den Fluß geschaut, aber immer der, der in den Fluß schaut und sich vergisst und den Fluß vergißt, weil er der Fluß ist, der mündet und entspringt im Strom unseres Bewußtseins, umbrandet vom Meer, was mehr als nichts ist?“

Wer diese vielen Fehler in nur zwei Sätzen auf nur einer Seite nicht glauben mag, gehe auf:

http://www.suhrkamp.de/_download/blickinsbuch/9783518125885.pdf


Erfreulich ist dafür, daß Sibylle Lewitscharoffs neuer Roman „Apostoloff“, der den Preis der Leipziger Buchmesse 2009 erhalten hat, in herkömmlicher Orthographie gedruckt wurde.

Auch hier gestattet der Suhrkamp Verlag einen Blick ins Buch, das zur Abwechslung wohl lektoriert wurde:

http://www.suhrkamp.de/_download/blickinsbuch/9783518420614.pdf

So ruiniert man das Ansehen eines Verlages, indem man sich etwas ins Haus holt, das man dann nicht mehr kontrollieren kann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.06.2008 um 17.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12374

In der Frankfurter Rundschau bespricht Sylvia Staude ein neues Suhrkamp-Buch:
»Heller-Roazens Beispiel ist das "h", das für ihn, nach Celan, die Spur ist, "die unser Atem in der Sprache hinterläßt" (im Deutschen wird es übrigens früher oder später das "ß" sein, das ausgedient hat, auch wenn der Suhrkamp Verlag sich daran klammert, als gelte es sein Leben. Sein Festhalten an der alten Rechtschreibung hat in diesem Buch eine besondere Ironie).«

Erstens hat das ß nicht ausgedient, sondern wird von der Reform nur anders verteilt. Zweitens hat der Suhrkamp-Verlag schon eine ganze Reihe Bücher in vermeintlicher Reformschreibung gedruckt.
 
 

Kommentar von Rüdiger Zielke, verfaßt am 10.06.2008 um 21.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12307

In seinem Blog Nousweek lobt Hanno Birken-Bertsch heute eine Veröffentlichung aus dem Hause Suhrkamp, Einführung in den Buddhismus von Michael von Brück: "... schön gesetzt, in überlieferter Rechtschreibung und altmodisch handlichem Format". Das läßt uns hoffen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.06.2008 um 05.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12294

Um noch einmal auf besagtes Suhrkamp-Bändchen zurückzukommen: Am Schluß gibt es „Hinweise zur Autorin und zu den Autoren“. Die gesamte Anlage des Buches deutet darauf hin, daß der Verlag es nicht besonders hoch einschätzt, übrigens mit Recht. Der Inhalt läßt schnell erkennen, warum deutsche Philosophie international keine Rolle mehr spielt. Sinnlose Begriffe wie „Dialektik“ (gut) und „Szientismus“ (böse) werden nachgesprochen, Husserl geistert durch die Seiten, der Stil ist meistens unklar, besonders im Vergleich mit dem Einleitungskapitel der britischen Autoren.
 
 

Kommentar von Heiko Burger, verfaßt am 06.06.2008 um 12.26 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12278

Suhrkamp ganz unten

Wie schön, daß der Preis für Altpapier sehr hoch ist.
So weiß man wohin mit dem Reform-Müll.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 05.06.2008 um 13.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12270

Bloch, Adorno, Benjamin und Fanon waren Impulsgeber für die Generation, die 1968 eine gesellschaftliche Veränderung wollte. Habermas dagegen war nur deren Nachbereiter. Als solcher muß er eigentlich gar nicht viel merken, sondern nur nachträglich eine ideologische Unterfütterung für Realitäten liefern. Und genau das hat er stets getan und macht es weiterhin. Der orthographische Wind hat sich gedreht und Habermas mit ihm, immer nachträglich.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 05.06.2008 um 11.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12269

Selbst Habermas hätte eigentlich merken können, daß der zwischen den Reformern und ihren Sponsoren in den Erziehungsämtern erzielte orthographische Konsens durchaus nicht einer idealen „kommunikativen Rationalität“ entsprang.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.06.2008 um 05.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12267

Die "Erleichterungen" der Reformorthographie sind für Wenigschreiber eingeführt worden, insbesondere die angeführten Silbentrennungen sollen zulässig sein, wenn man den Bau der betreffenden Wörter nicht (mehr) durchschaut. Der Suhrkamp-Verlag behauptet, "synaptisch", "konstitutiv", "wiederum" usw. nicht zu durchschauen. Er weiß auch nichts vom Fortschritt des 19. Jahrhunderts, adverbiale Wendungen wie "im allgemeinen" klein zu schreiben. Das muß man sich einmal vorstellen!
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 05.06.2008 um 01.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12266

War nicht vielmehr Christoph Hein der erste Suhrkamp-Autor, der auf Reformschrieb bestand? Ich glaube, Habermas gehört nur wieder zu den Mitläufern, die nicht abseits stehen wollen. Wenn Dummheit für alle ausgeteilt wird, möchte der ideologische Begleiter der 68er nicht abseits stehen.

Ich habe meine Regale abgesucht und tatsächlich besitze ich ein Buch von Habermas. Er gehört zu meinen Leih-, aber nicht zu den Kaufautoren. Es ist "Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen", 1985 zuerst erschienen und – ich muß Herrn Bärlein Recht geben – nicht sehr originell geschrieben. Ich habe deshalb auch schon seit geraumer Zeit das ideengebende Originalwerk daneben gestellt: "Einführung in die Modernität. Zwölf Präludien" von Henri Lefebvre. In deutscher Übersetzung sinnvollerweise ebenfalls bei Suhrkamp erschienen. Wie wenig originell: zwölf Präludien und zwölf Vorlesungen!

Ich habe mit Habermas immer das Problem gehabt, daß ich recht genau sagen konnte, was er alles nicht ist. Aber nicht, was er eigentlich ist. Er ist nicht Gadamer, schon allein weil er nicht dessen sprachkritische und hermeneutische Qualitäten besitzt. Er ist nicht Adorno und würde doch so gerne etwas von dessen Stil haben (auch verfügte er nicht über dessen Gesprächs- und Denkpartner Horkheimer, Benjamin und Scholem). Er ist nicht Bloch und hätte doch gerne etwas von dessen Charisma gehabt. Bloch konnte mit seinen Texten und vor allem seiner ansprechenden Schreibweise die Kinder der Adenauerzeit begeistern (mit welchem Ausgang auch immer). Habermas konnte anschließend nur noch die Surrogate in verklausulierte Theoriegebäude einbinden ("Theorie des kommunikativen Handelns"). Die Kommunikationsstörungen zwischen den Generationen, die bald nach 1968 begannen, haben für mich auch ihren Ursprung in so verquasten Texten wie "Technik und Wissenschaft als 'Ideologie'". Schließlich ist Habermas nicht Szondi, der sich auch nie so weit wie Habermas mit den Studenten gemein machte. Und doch hat Szondi sie wohl besser verstanden als letzterer. Man lese hierzu nur Szondis FU-Gutachten aus dieser Zeit und Habermas' "Protestbewegung und Hochschulreform" von 1969. (Sehr instruktiv dazu sind der Marbacher Katalog zur 68er Protestbewegung und das Marbacher Magazin zu Peter Szondi, das leider gegen Königs Willen in Reformschrieb gedruckt wurde.)

Ich stelle gerade fest, daß es bis auf Horkheimer und Gadamer auch alles Suhrkamp-Autoren sind, die ich oben aufzählte. Die sogenannte Suhrkamp-Kultur ist eben doch ein philosopisches Erbe, das der Verlag nicht so leichtfertig durch die Einführung eines Verfallsdatums verspielen sollte.
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 04.06.2008 um 23.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12265

Habermas war anfangs der einzige Suhrkamp-Autor, der auf der Veröffentlichung seiner Werke in Reformorthographie bestand. Das sieht ihm ähnlich. Wobei die rhetorische Frage "Was will man von einem nach links gewendeten früheren HJ-Führer auch anderes erwarten?" jetzt vielleicht doch etwas zu billig wäre. Immerhin repräsentiert er den die Reform tragenden anthropologischen Typus auf dem (in Deutschland) intellektuell höchstmöglichen Niveau.

Ich muß freilich gestehen, nicht wirklich mitreden zu können, weil ich mich auf keines seiner Werke über ein Hineinblättern hinaus eingelassen habe. Was ich dort entdeckte, kannte ich immer schon aus den Büchern von Marx, Lenin oder, ja, auch Schmitt, und die Originaltexte schienen mir allemal spannender. Aber vielleicht muß man doch Habermas lesen, um die Reform verstehen zu können.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 04.06.2008 um 20.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12263

Suhrkamp und andere Verlage beobachte ich schon seit einiger Zeit mit durchaus gemischten Gefühlen. Ich hatte in diesem Jahr auch so ein Erlebnis wie Herr Ickler und bin seitdem wachsam. Das Buch von Maurice Merleau-Ponty "Das Primat der Wahrnehmung" (2003, stw 1676), das im Jahr 2003 (!) erstmals auf deutsch vorlag, war in Reformschrieb gedruckt. Dem Autor kann man hier keinen Vorwurf machen, denn er ist längst tot. Aber der Übersetzer Jürgen Schröder hat ihm wahrlich keinen Gefallen getan, zumal diese Variante des Reformschriebs inzwischen auch schon wieder veraltet ist. Daher ist es in dieser entstellenden Übersetzung tatsächlich Literatur mit einem (inzwischen sogar abgelaufenen) Verfallsdatum geworden. Ich habe das Buch recht erbost bei meinem Buchhändler umgetauscht (er hat sich an so etwas inzwischen gewöhnt).

Das neueste (Mach)Werk von Jürgen Habermas ist natürlich (denn er hat sich ja brav angepaßt) auch in so etwas wie Reformschreibung gedruckt ("Ach Europa", 2008, edition suhrkamp 2551). Mein "so etwas wie" bezieht sich auf unreformierte Idiosynkrasien wie etwa "Portraits", auf die der angepaßte Habermas offensichtlich nicht verzichten wollte.

Auch bei der gesamten – inzwischen leider recht großen – Abteilung der sogenannten Popliteratur muß man aufpassen. Ein erster Hinweis auf Reformschrieb ist auf der Internetseit des Verlages die Schreibweise "Biografie" beim Autor. Leider ist das wie bei Merleau-Ponty nicht immer ganz verläßlich. Also lieber zweimal hinsehen!

Aber auch drei positive Dinge kann ich von Suhrkamp melden. Die neue Reihe "edition unseld", von der bislang acht Bände vorliegen (bis September sollen es 15 sein), ist komplett in herkömmlicher Orthographie gedruckt. Ich besitze inzwischen fünf der acht Titel und weiß daher, wovon ich schreibe. Für alle anderen verweise ich auf http://www.edition-unseld.de

Außerdem startet Suhrkamp gerade die Großoffensive in Sachen Benjamin-Edition. Walter Benjamin erhält nun seine insgesamt vierte Edition in diesem Verlag. Diesmal explizit als "kritische Gesamtausgabe" konzipiert, aber das nur nebenbei. Der Titel "Werke und Nachlaß" sowie der bereits erschienene Band 3 ("Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik", also Benjamins Dissertation) lassen mich nicht vollends verzweifeln. Geplant sind 21 Bände, und wenn der Verlag nicht der Wahl des Titels untreu wird, wird er bis zum letzten Band bei normaler Rechtschreibung in den Apparaten bleiben müssen. Ob nun auch erstmals Benjamins eigenwillige Orthographie im Nachlaß berücksichtigt wird, bleibt abzuwarten.

Abschließend noch der Hinweis auf das neue Buch von Ulla Berkéwicz ("Überlebnis", 2008), das ebenfalls in herkömmlicher Orthographie gedruckt ist. Da ist es – unabhängig vom sehr ernsten und persönlichen Inhalt des Buches – schon fast grotesk, neben Berkéwiczs eigener Ankündigung das Wort "rau" aus der Feder von Frau Radisch lesen zu müssen. Gut, daß Unseld, der ein erklärter Gegner der Rechtschreibreform war, das nicht mehr erleben muß.

Frau Berkéwicz hat ja inzwischen der von ihr so genannten "Neuen Seichte" den Kampf angesagt. Ob man sie da nicht mit einem Schreiben, das auf die zunehmende "Seicht"Schreibung in ihrem eigenen Verlag hinweist, unterstützen sollte?!

Ich habe mehr und mehr den Eindruck, der Verlag hat sich dem Dummschrieb durch die Reihen "Suhrkamp BasisBibliothek" und "Suhrkamp BasisBiographie" zu sehr geöffnet und bekommt die Seuche nun nicht so recht unter Kontrolle.

"Stone walls do not a prison make, / Nor iron bars a cage; …" (Richard Lovelace)
 
 

Kommentar von Rominte van Thiel, verfaßt am 04.06.2008 um 18.46 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1014#12262

Das ist eine betrübliche Meldung. Sollte man denn von renommierten Verlagen nicht mehr Verstand erwarten, wie ihn – eher unerwartet – auch der von Herrn Wagner vor einigen Tagen zitierte Werbekongreß 2008 zeigt?
Merken manche Verlage eigentlich nicht, daß sie statt guter Qualitätsware nun gleichsam Ramsch vom Wühltisch bieten? Wie paßt das zum hohen Anspruch, den man doch laut Werbeprospekten an sich selbst stellt?
 
 

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