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02.06.2008
 

Alles Absicht:
Bildung ist nicht für alle da!

In einem aktuellen Werbeprospekt der Eichborn AG wird „Das Bildungsprivileg. Warum Chancengleichheit unerwünscht ist“ von Bruno Preisendörfer wie folgt vorgestellt:

»Bildung ist nicht für alle da!

Dass bildungsferne Kinder in unserem dreigliedrigen Schulsystem benachteiligt sind, ist keine neue Erkenntnis, sagt Bruno Preisendörfer. Wohl aber, dass dieser Zustand beabsichtigt ist. Mit Verve und bissiger Ironie entlarvt er die Sonntagsreden des Bildungsbürgertums als das, was sie sind: bloße Besitzstandswahrung. Denn wo nicht mehr Geld in Bildung fließt, ist dort, wo Neue hinzukommen, für andere kein Platz mehr – egal ob im Gymnasium, an der Universität oder bei der Karriere.«




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Kommentare zu »Bildung ist nicht für alle da!«
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Kommentar von Pt, verfaßt am 01.08.2014 um 13.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#1384

Auf Change.org gibt es zwei besonders wichtige Petitionen (fast alles auf Change.org ist wichtig), die für das Thema dieses Threads ''Alles Absicht: Bildung ist nicht für alle da!'' relevant sind:

https://www.change.org/petitions/landesschulrat-niedersachsen-bessere-konzepte-gegen-mobbing

http://www.change.org/de/Petitionen/an-den-bundestag-f%C3%BCr-ein-deutsches-mobbing-strafgesetz

Mobbing ist einer der Hauptgründe für Schulversagen und für Probleme, die weit über die Schulzeit hinausreichen und das persönliche Leben von Schülern, Eltern und Unbeteiligten nachhaltig stören oder zerstören können, siehe Winnenden. Nicht jeder kann sich teure Eliteschulen für seine Kinder leisten, wo Lehrer dieses Problem – hoffentlich – besser im Griff haben als an öffentlichen Schulen.

Die erste Petition wurde vom elfjährigen Lars Buckmann aus Schwanewede gestartet
und sollte unbedingt unterstützt werden. Insbesondere scheint es so zu sein, daß die Politik kein Gesetz gegen Mobbing will, was letztlich genau auf den Titel des Threads paßt.

Es ist empfehlenswert, auch die Kommentare durchzulesen, da hier das Problem ungeschönt aufgezeigt und auch Verbesserungsvorschläge genannt werden. Insbesondere zeigen diese Kommentare auch, daß Mobbing ein allgemeines Problem ist, daß jeden treffen kann, und das erschreckend häufig vorkommt.

Bitten Sie auch Ihre Bekannten, Freunde, etc. diese Petitionen zu unterschreiben!

 

Kommentar von Pt, verfaßt am 01.08.2014 um 13.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#1383

Eine fast schon geniale Lösung bietet das Semesterticket in Frankfurt: http://www.studentenwerkfrankfurt.de/beratung-service/semesterticket-haertefonds.html

''Semesterticket-Härtefonds

Studierende in Frankfurt am Main zahlen automatisch mit dem Semesterbeitrag einen Beitrag für das RMV-Semesterticket. Mit diesem können alle im Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) einbezogenen Verkehrsmittel benutzt werden mit Ausnahme von ICE-, IC- und EC-Zügen.

Studierende der Goethe-Universität können bei Vorliegen bestimmter Gründe einen Antrag auf Rückerstattung des Semestertickets bei der Härtefondsstelle des Studentenwerks Frankfurt am Main stellen. Als Gründe können u.a. geltend gemacht werden: Urlaubssemester, gesundheitliche oder soziale Gründe. Eine vollständige Liste finden Sie im Antragsformular und im Merkblatt.''

Zusätzlich wird für einen sehr geringen Semesterbeitrag ein kostenloser Eintritt in den Palmengarten während des gesamten Semesters ermöglicht, was günstig ist, da durch die Passage durch den Palmengarten der Fußweg von Campus Bockenheim nach Campus Westend abgekürzt wird.

 

Kommentar von R. M., verfaßt am 12.02.2013 um 23.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#1034

Nein, aber eine Fundstelle, wie schon viele Schatzgräber erfahren mußten.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.02.2013 um 12.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#1033

Noch zu #1031:

Das Rechenzentrum hat ausdrücklich so formuliert, daß man auch nicht die gewöhnliche Stilfigur der "Enallage" annehmen kann. Diese wird seit je in den Stilratgebern am Beispiel Ich bitte um freundliche Antwort erörtert. Eine im Alltag kaum bemerkte Verschiebung dieser Art ist in den Anweisungen zur Anfertigung von Hausarbeiten häufig:
Geben Sie die genaue Quelle an.
Eine Quelle ist ja nicht mehr oder weniger genau.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.02.2013 um 07.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#1032

Durch die Medien geht seit gestern ganz groß etwa folgendes: Ein Gutachten habe ergeben, daß die familienpolitischen "Leistungen", vor allem Kindergeld und Ehegattensplitting, "wirkungslos" oder "kontraproduktiv" seien. Das hat mich gewundert, denn die Wirkung kann ich ja ständig wahrnehmen. (Seit ich die nicht absetzbaren Studiengebühren für die Töchter zahlen muß, könnte ich sogar noch mehr Kindergeld gebrauchen.)
Man muß lange suchen, bis man im Kleingedruckten einen Hinweis findet, um welche erwartete, aber nicht eingetretene Wirkung es sich eigentlich handeln soll. Diese "Leistungen" erhöhten nicht die Geburtenzahl und brächten nicht mehr Frauen zur Erwerbstätigkeit. Aber das war ja auch nie der Grund für den Familienlastenausgleich. Dagegen seien Zahlungen für Kindertagesstätten sinnvoll, denn diese Ausgaben flössen zu 48 % an den Staat zurück. Ach so!

Den Familienlastenausgleich als unverdiente Wohltat des Staates darzustellen, ist seit je rhetorische Praxis. Das Sozialsystem ist überhaupt nicht begriffen.

Durch die Auslassungen erzeugt die Meldung mehr Aufsehen, als sie verdient. Steinbrück und Nahles haben sich erwartungsgemäß gleich drangehängt und fordern mit starken Worten irgend etwas, wovon sie genau wissen, daß es nicht geht.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.02.2013 um 12.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#1031

Ich bin es gewohnt, von Dienststellen freundlich aufgefordert zu werden, mich an sie zu wenden, ich bin es aber nicht gewohnt, von Dienststellen aufgefordert zu werden, mich freundlich an sie zu wenden. Das Rechenzentrum unserer Universität mailt folgendes:

Wenn Sie Fragen, Probleme, Kommentare etc. haben, können Sie sich (bitte freundlich) an mailman-owner@lists.fau.de wenden. Bitte versuchen Sie es vorher allerdings selbst; mailen Sie nur, wenn es wirklich Probleme gibt.

Ein weiteres Beispiel dafür, wer sich hier als der eigentliche Herr im Hause fühlt.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.01.2013 um 18.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#1030

Fast alle Medien schreiben ungefähr so:

Seit mehr als vier Jahrzehnten war der Wille der bayerischen Wähler bei einem Volksbegehren nicht mehr so klar: 14,4 Prozent haben den Gesetzentwurf unterzeichnet, der die Studiengebühren im Freistaat zu Fall bringen sollen. (Spiegel online 31.1.13)

In Wirklichkeit hat das Volk nur dafür gestimmt, daß ein Volksentscheid durchgeführt wird. Dabei kann es immer noch gegen die Abschaffung der Studiengebühren entscheiden. Die FDP behauptet sogar, damit zu rechnen und sich darauf zu freuen.

Mit Volksbegehren und Volksentscheid haben wir seinerzeit auch unserer Erfahrungen gemacht. Seitdem sind wir natürlich gut informiert.

Übrigens heißt die Sache bei uns in Bayern "Studienbeiträge", vielleicht aus Vorsicht, damit sie nicht steuerlich absetzbar werden. Diese Frage war ja lange umstritten und wurde nach Kassenlage entschieden, wenn ich mich recht erinnere.

Für wirkliche Studiengebühren könnte man mehr Leistung verlangen, die Studienbeiträge sind nur ein bedingungsloser Zuschuß. Jedes Jahr wird neu überlegt, wohin mit dem vielen Geld?

 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.10.2012 um 16.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#975

Wegen des Abis in Klasse 12 muß es keinen Nachmittagsunterricht geben. Zu meiner Zeit (im Osten) hatten wir von 7.00 Uhr bis etwa 13.00 Uhr meist 6 bis 7 Stunden Unterricht, allerdings auch am Sonnabend vormittag noch 3-4 Stunden. Trotzdem gab es von Montag bis Freitag Schulmittagessen (auch subventioniert). Das ist m. E. notwendig, auch wenn danach kein Unterricht mehr statfindet, denn sonst bekommen viele zu Hause trotzdem kein Mittagessen. Schließlich arbeiten viele Eltern.

 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.10.2012 um 13.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#974

Wenn das Mittagessen am Gymnasium, das nur durch dessen Verkürzung auf 8 Schuljahre und den deswegen erforderlichen Nachmittagsunterricht nötig geworden ist, das kosten würde, was es wirklich kostet, würden die Einkommensverhältnisse der Eltern für die Schüler deutlich sichtbar werden und Neid verursachen und zu politisch unerwünschte Diskussionen über die Notwendigkeit der Schulzeitverkürzung führen. (Quidquid delirant reges, plectuntur Achivi. Was immer die Könige Wahnwitziges unternehmen, die Achäer (das Volk) werden dafür bestraft. Horaz, Epdas1,2,14)

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.10.2012 um 16.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#973

Ja, nur Marktpreise enthalten Information über die wirklichen Knappheitsverhältnisse. Wo das Wasser "nichts" kostet, läßt man eben den Wasserhahn einfach laufen, wenn man die öffentliche Toilette verläßt. (Selbst erlebt.) Natürlich ist es wünschenswert, daß auch ärmere Leute gelegentlich in Theater oder Oper gehen können, aber das ließe sich billiger erreichen als durch die 100 bis 300 Euro Subvention für jeden (!) Besucher.

Außerdem gehört zur Subventionswirtschaft immer jemand, der über die Subventionswürdigkeit entscheidet. Von diesen weitgehend unbekannten und undurchsichtigen Gremien ist man dann abhängig. Die krasse Ungerechtigkeit bei der Mehrwertsteuer ist ja sprichwörtlich. Über das Semesterticket haben teilweise die Studenten selbst abgestimmt, aber es ist ja von vornherein wahrscheinlich, daß es vielerorts mehr Begünstigte als Benachteiligte gibt. Letztere haben dann gefälligst "solidarischer" zu sein als die Empfänger ihrer Spende.

 

Kommentar von R. M., verfaßt am 21.10.2012 um 11.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#972

Das Problem der Subventionierung besteht darin, daß der tatsächliche Preis eines Produkts oder einer Leistung in jeder Hinsicht verschleiert wird und damit auch die durch diesen transportierten Informationen, die für die Deckung der tatsächlichen Nachfrage von entscheidender Bedeutung sind. Vereinfacht gesagt, subventioniertes Mensaessen ist notwendigerweise »Fraß«.

 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 21.10.2012 um 10.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#971

Wikipedia: Die Tauglichkeit des Semestertickets sei an den Vorteilen für die Gesamtheit der Studierenden zu messen. ... Das Bundesverfassungsgericht würdigt dabei ausdrücklich, dass „die Verbesserung der Umweltbedingungen, die Entspannung der Parkplatzsituation und die Möglichkeit das Ticket zu Freizeitzwecken zu nutzen im Prinzip allen Studierenden zugute kommt“.

Noch ungerechter als innerhalb der Studentenschaft ist es, daß mit dem Semesterticket-Pflichtbeitrag Studenten allein für Verbesserungen für die Gesamtbevölkerung aufkommen müssen.

Ich habe nichts dagegen, Rentnern, Studenten, Schülern, Kindern, Behinderten, Sozialhilfeempfängern bestimmte Ermäßigungen zu gewähren, das gibt es doch überall, wo Eintrittsgeld verlangt wird. Aber das sollte von der Allgemeinheit getragen werden.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.10.2012 um 09.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#970

Das ist richtig, und man könnte sich ein System vorstellen, in dem alle solche Subventionen abgeschafft sind und die Dinge kosten, was sie eben kosten (man denke an die unglaublich hohen Subventionen für Opernkarten, im Gegensatz zu Kino usw.) und die Beseitigung der Armut durch Umverteilung direkt am Käufer ansetzt und nicht am Anbieter, aber das müßte man anderswo diskutieren. Ich wollte eigentlich nur sagen, daß das gemeinsame Interesse der Studenten sich gewiß auf die Studienbedingungen im eigentlichen Sinne (Versorgung mit Dozenten, Räumen, Büchern...) erstreckt, aber nicht zwingend auf Personenbeförderung.

In Erlangen z. B. kenne ich mich einigermaßen aus, schon weil ich gerade wieder eine Wohnung für eine Verwandte suche. Natürlich können nicht alle in der kleinen Stadt wohnen, es gibt fast 30 000 Pendler (Siemens, Uni usw.). In Erlangen ist der Quadratmeterpreis, ob Miete oder Kauf, doppelt so hoch wie in der ländlichen Umgebung. Es kommt nicht darauf an, ob die Studenten "absichtlich teuer" oder "frohlockend billig" wohnen (Ihre Worte, Herr Mahlmann, nicht meine!). Das ist wie das berüchtigte Argument: Kinder machen soviel Freude, da muß es nicht auch noch Kindergeld geben!
Übrigens wird natürlich auch in Erlangen schon lange über Semestertickets diskutiert. Dazu ein Student auf der Website der Regionalzeitung:

"Mario schrieb am 14.09.2012
Wer aus dem Umland kommt, muss zwar deutlich mehr an Fahrtkosten, dafür aber auch deutlich weniger an Miete bezahlen, so dass sich das Ganze am Ende wieder ausgleicht. Ich selbst zahle im Semester fast 500 Euro für die VGN, da ich etwas weiter weg wohne, kann aber die Erlanger Studenten sehr gut verstehen, die alles per Rad erledigen und dadurch nicht auf ein Semesterticket (welcher Art auch immer) angewiesen sind. Deswegen wird die Einführung eines solchen Tickets wohl auch weiterhin für erhebliche Diskussionen sorgen."

Das ist doch sehr vernünftig. Der junge Mann würde es nicht gerecht finden, von den städtischen Studenten subventioniert zu werden. Der Begriff "Solidargemeinschaft" deckt eine Umlage- und Zuteilungswirtschaft, in der viel Willkür und Bevormundung steckt. Er verschleiert oft nur ein Ausbeutungsverhältnis, und das ist es, was uns auch sprachlich interessieren sollte.

 

Kommentar von R. M., verfaßt am 20.10.2012 um 22.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#969

Für das Mensaessen zahlen ja schon alle (Studenten und Steuerzahler), da es verbilligt angeboten wird. There ain't no such thing as a free lunch.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.10.2012 um 17.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#968

Nach dieser Logik kann man sich noch viele schöne "Solidargemeinschaften" ausdenken, die mit dem ursprünglichen Zweck von Assoziationen so viel zu tun haben wie das Studieren mit dem Benutzen öffentlicher Transportmittel. (Zum Beispiel: Alle zahlen für das Mensaessen, auch wenn sie anderswo essen.) Man kann für die eine Gemeinschaft zahlen wollen, für andere aber nicht – ohne sich unfaires Verhalten vorwerfen lassen zu müssen.

Zur "Bekanntlichkeit" s. Wiki s. v. "Semesterticket". Die Ungerechtigkeit wird ja durchaus anerkannt, aber durch einen höheren Zweck gerechtfertigt.
Aber darüber werden wir uns wohl nicht verständigen können, deshalb will ich dazu nichts mehr sagen.

 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 20.10.2012 um 14.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#967

Das Semesterticket ist weder "bekanntlich" noch tatsächlich ungerecht, und schon gar nicht aus dem genannten Grund.
Jeder Student zahlt das gleiche für das Semesterticket und erhält die gleiche Leistung daraus; das ist schon mal nicht ungerecht.
Daß Studenten das Ticket unterschiedlich nutzen und deshalb der eine mehr profitiert als der andere, liegt an der freiwilligen Nutzungstiefe, die jeder für sich definiert.
Wenn das ungerecht wäre, wäre auch eine Tageskarte im ÖPNV ungerecht, weil sie bei festem Preis zu beliebig vielen Fahrten am Tag berechtigt und jeder Fahrgast bestimmt, wie stark er davon Gebrauch macht.

Studenten wohnen auch nicht absichtlich teuer in der Innenstadt, um dann mit dem Rad zur Uni zu kommen, während andere frohlockend billig im Umland wohnen und auf Kosten der anderen Studenten kostenlos zur Hochschule kommen. Studenten wohnen dort, wo es gerade eine bezahlbare Wohnung gibt. Oft genug ist das das Kinderzimmer zu Hause; und morgens um 5.00 Uhr aufzustehen, um per Bus und Bahn die erste Veranstaltung um 8.00 Uhr zu erreichen, nimmt keiner auf sich, um die schöne Landluft zu genießen oder weil er ja umsonst die Bahn nutzen kann.

Es läuft immer darauf hinaus, daß manche Leute einfach für die Solidargemeinschaft, in der sie – ob freiwillig oder nicht – Mitglied sind, nichts bezahlen wollen. Wenn dieselbe Solidargemeinschaft aber etwas zu geben hat, lehnen die Leute, die nicht zahlen wollen, sehr selten ab.

So funktionieren Solidargemeinschaften nun einmal. Ich zahle mit meinen Krankenkassenbeiträgen die Therapie für Raucher mit, obwohl ich nicht rauche und den Rauch sogar verabscheue. Ich zahle den Solidaritätszuschlag, obwohl der Aufbau Ost verhindert, daß in meiner Heimat investiert wird, obwohl ich nichts dafür kann, daß der Osten marode ist, und obwohl mich keiner gefragt hat, ob ich die Wiedervereinigung will.
Ich nutze auch keine Museen und Theater und muß dafür zahlen.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.10.2012 um 07.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#966

Das „Semesterticket“ ist bekanntlich ungerecht, weil Studenten, die für viel Geld in der Innenstadt wohnen und daher zu Fuß oder mit dem Rad zur Uni gelangen (oder nur Kurzstrecken fahren), zwangsweise ein Ticket mitbezahlen, für das die weiter draußen und billiger wohnenden Kommilitonen dann günstig fahren können. Das nennt sich „Solidarmodell“. Der Regensburger Bürgermeister findet das richtig, aber: „Seiner Ansicht nach waren die städtischen Studenten bisher ohnehin solidarischer als alle anderen, da sie trotz kürzerer Wege den gleichen Preis zahlen.“ (SZ 20.10.12) Ein bemerkenswerter Komparativ, mit dem kleinen Schönheitsfehler, daß die „städtischen Studenten“ nie darüber entscheiden konnten, wie solidarisch sie sein wollen.
Das Regensburger Modell gilt als vorbildlich für ganz Bayern. In Erlangen wollen sie es auch einführen, und die regionale Zeitung findet es skandalös, daß diese besondere Form der Ausbeutung (vergleichbar der geplanten Haushaltsabgabe fürs Fernsehen) nicht schon längst durchgesetzt ist.
(Erlangen ist allerdings wegen der zetralen Lage der meisten Institute noch weniger als Regensburg für eine solche Umverteilung geeignet, deshalb dürfte es bisher unter den Studenten auch keine Mehrheit gegeben haben.)

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.02.2011 um 18.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#818

In Bayern dürfen wir nicht nur Studiengebühren für unsere Kinder (und Kindergartengebühren usw.) zahlen, sondern über den Länderfinanzausgleich auch die Studiengebührenfreiheit (usw.) in anderen Bundesländern, deren Regierungen uns dafür auch noch beschimpfen: "Bildung muß kostenlos sein!"

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.12.2010 um 16.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#813

Wie schon gesagt: An der Uni Erlangen z. B. werden die Studiengebühren teilweise zur Eliteförderung zweckentfremdet ("Leonardo-Kolleg"). Trotzdem hatten sich seit Einführung der Gebühren im Jahr 2007 schon 2009 über 100 Mill. Euro angehäuft, die nicht ausgegeben werden konnten, obwohl so viele Menschen sich etwas einfallen ließen. Deshalb hat das Wissenschaftsministerium jetzt einen vertraulichen Brief an alle Universitätsleitungen abgeschickt: man möge doch das viele Geld bis Jahresende ausgeben, damit nicht die politische Grundlage der Gebühren hinfällig werde. Damit wird zugegeben, daß die Gebühren mindestens viel zu hoch sind.

Mir fallen immer wieder Neuanschaffungen der Universitäts- und Institutsbibliothek in die Hände, die laut Stempel "aus Studienbeiträgen finanziert" sind. Darunter viel Mist, den man bei knapperen Mitteln gewiß nicht gekauft hätte. Aber so füllen sich die (ebenfalls aus Studienbeiträgen finanzierten) neuen Regale mit lauter Überflüssigem, das bald aussortiert werden wird wie seit einigen Jahren die "aus Mitteln der Volkswagenstiftung" angeschafften Bücher. Es tut den Universitäten offenbar nicht gut, zuviel Geld zu haben.

 

Kommentar von Pt, verfaßt am 17.09.2008 um 18.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#701

Ich bitte die Redaktion, vergessene Großschreibung von Sie und vergessene Anführungszeichen zu korrigieren.

 

Kommentar von Pt, verfaßt am 11.06.2008 um 20.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#636

Angeregt vom Beitrag 140#630 vom 05.06.2008, 11:53 von Oliver Höher möchte ich einmal von den im Gegensatz zu den seinen doch recht marginalen Problemen meines Studiums berichten. Ich denke aber, daß dies die Wertschätzung der Bildung und der Mühen, denen sich diejenigen unterziehen, die die Unwägbarkeiten einer im günstigesten Fall mehrjährigen Universitätsausbildung (Stichwort Regelstudienzeit) auf sich nehmen, um später einmal in diesem unseren Lande durch ihre Arbeit, ihr Können und ihren Einfallsreichtum für Arbeitsplätze und Wohlstand auch derjenigen zu sorgen, die ebenjene Unwägbarkeiten nicht auf sich zu nehmen bereit waren, und die gerne über Studenten, insbesondere wenn diese schon etwas länger dabei sind, herziehen, ins rechte Licht stellt.

Fragen Sie bitte nicht, welches Fach und wie lange ich bereits studiere. Vieles muß ich hier sehr stark vereinfacht wiedergeben, einiges, das zum wirklichen Verständnis wichtig wäre, muß unerwähnt bleiben. Meine Situation war und ist in Wirklichkeit noch sehr viel komplizierter.

Doch zuerst einiges zu meiner Schulzeit:

Ich komme aus einer einfachen Familie, in der sich die Eltern redlich abgemüht haben, ein Haus zu bauen. Da blieb nicht viel Zeit für die Kinder. Viel gesprochen wurde nicht!

Als kleines Kind wurde ich mal von meinem Vater mit der Lederpeitsche geschlagen. Ich kann mich noch erinnern, daß meine Mutter mit ihm böse war und sagte, daß er sich nicht an mir versündigen solle.

Ich wurde fast meine gesamte Schulzeit und noch viele Jahre danach systematisch schikaniert, verspottet, angegriffen, ''gemobbt'', wie es heute ''so schön'' verharmlosend heißt (ich muß bei diesem Begriff immer ans Staubwischen denken). Das ging so weit, daß ich, teils mehrmals, von anderen, älteren Mitschülern auf den Boden geworfen und herumgeschleift, im Schulbus vom Sitzplatz gezerrt, vom Fahrradweg abgedrängt oder während des Fahrens vom Fahrrad durch Festhalten desselben heruntergeworfen wurde und mich dabei verletzte, und neben den vielen Spottnamen, die man mir verpaßte, auch in Umkleidekabinen angegriffen wurde. Man schlug da z. B. auch mit nassen Handtüchern um sich. (Sammelumkleidekabinen sind ein Verbrechen an den Schülern!)

Außerdem hatte man einmal versucht, mir vorzuwerfen, mein Fahrrad, bei dessen Kauf durch meinen Vater ich anwesend war, gestohlen zu haben. Als ich nach Hause fahren wollte, war da ein zweites Schloß, es kamen mir unbekannte Schüler, die mich bedrohten. (Die Schule hatte damals etwa 2500 Schüler. – Politisch korrekt müßte ich von Schülerinnen und Schülern sprechen, aber wenn sich die Politik auch nicht korrekt verhält ...) Ich habe mich gegenüber diesen körperlich verteidigt – ich sehe nicht ein, warum ich diese beleidigenden und absolut haltlosen Vorwürfe über mich ergehen lassen sollte –, aber gegen mehrere kann auch ich nichts ausrichten.
Feiglinge haben es immer nötig, in einer Gruppe zu erscheinen und jüngere Mitschüler als Schutzschilde zu mißbrauchen. Ich wurde dann zu einem mir unbekannten Lehrer gebracht, dem ich dann eine Telephonnummer geben mußte. Da wir damals noch kein Telephon hatten, gab ich eine andere Nummer, unter der er eventuell meine Tante oder indirekt meine Mutter hätte erreichen können. Ob er sie erreicht und mit ihr gesprochen hat, weiß ich nicht, ich habe mit meiner Mutter nie darüber gesprochen, und sie hat auch nie etwas gesagt. Wahrscheinlich hat er sie nicht erreicht. Dann durfte ich gehen.
Ich habe für diesen Vorfall weder eine Erklärung noch eine Entschuldigung bekommen. Ich habe nie Erklärungen oder Entschuldigungen bekommen!

Versuchen sie sich einmal vorzustellen, was in einem 11 oder 12 Jahre alten Schüler vorgehen muß, der den Vorwurf eines Fahrraddiebstahls von wildfremden Leuten bekommt, obwohl der doch unzweifelhaft weiß, daß das Fahrrad sein eigenes ist. (Was für ein Kind sein Fahrrad ist, ist für einen Erwachsenen sein Auto. Stellen Sie sich vor, sie würden von wildfremden ''Menschen'' verklagt, ihr eigenes Auto gestohlen zu haben und deswegen von diesen vor Gericht vorgeführt weden.)

Wir waren in der 5. Klasse 43 Kinder, oder besser gesagt, knapp über 30 Kinder und der Rest Terroristen, neben mir wurden noch mindestens zwei andere Kinder ebenfalls systematisch fertiggemacht, eines davon ein Mädchen. Am Ende waren wir noch etwas 25, die anderen kamen in andere Klassen, blieben sitzen oder gingen auf die Hauptschule.
Die Anzahl der Jungen nahm in den sechs Jahren überproportional stärker ab als die der Mädchen.

So wurde einem Mädchen einmal ein Schulranzen gegen den Kopf geworfen, so daß sie behandelt werden mußte. Die Demütigung eines Mädchens, für das ein Junge vom Zweigleiter einen öffentlichen Verweis bekam, wurde vom Lehrer später vor der Klasse heruntergespielt.

Leider wurde damals dieses Phänomen (Mobbing) noch verkannt, so daß ich dafür von meiner Mutter u.a. den Vorwurf bekam, daß ich mich eben anpassen müsse. (Soll ich mich an Terroristen anpassen? Wir waren doch Christen! Heute würde ich diese Begriffe gleichsetzen, Christen sind Moralterroristen!) Als ich einmal heimkam und sagte, daß heute wieder etwas gegen mich gelaufen sei, hat sie mich ziemlich lange angeschrien. Sie sagte mir auch einmal, daß sie mich nicht mehr in Schutz nehmen würde. (Hat sie das jemals getan? Hat sie das jemals tun müssen?)

Das ist einer der Gründe, warum ich mich mit meiner Mutter nicht verstand. Zur Verteidigung meiner Mutter wäre noch zu sagen, daß sie selber massive Probleme hatte, für die sie nichts konnte, und daß sie ihre Mutter pflegen mußte.

Lehrer haben diese Geschehnisse geduldet und noch dadurch bestärkt, daß sie uns vor der Klasse bloßstellten. Es gab Zeiten, da kam ich jeden Tag weinend aus der Schule und habe mich jedesmal vollständig umgezogen, damit ich die ''dreckigen'' Schulsachen nicht zuhause tragen mußte.

In der 5. und 6. Klasse habe ich die Klassenfahrt noch mitgemacht. Bei einer dieser Klassenfahrten gab es an einem Tag eine Nachtwanderung, an der nur einige wenige Jungs teilnahmen. Der Lehrer meinte, wenn am nächsten Tag die für alle verpflichtende Nachtwanderung stattfinden würde, sollten wir uns irgendwo verstecken und dann jeweils? ein Mädchen aus der Gruppe herausziehen um ihr Angst zu machen. (Nebenbei bemerkt: Ein solcher Lehrer gehört standrechtlich erschossen!)

Jedes Jahr, wenn die Zeit der Klassenfahrt nahte, gab es in der Familie Ärger, weil ich nicht mitfahren wollte. Warum ich nicht mitfahren wollte, da hat man mich nie so richtig gefragt (soweit ich mich erinnern kann). Es ist für ein Kind auch schwierig, solche Vorkommnisse auszudrücken, insbesondere, wenn Erwachsene dann alles so verdrehen, daß es in ihre mit perverser christlicher Schnullerbabymoral verseuchten Gehirne paßt.

Es gab auch Vorfälle außerhalb der Schule, wo mich einmal ein Erwachsener von einem Balkon herunter angriff, nachdem er mir unvermittels eine Flüssigkeit über den Kopf gegossen hatte. Er sprang von einem etwa 3 m hohen Balkon herunter. Ich konnte nicht vor ihm fliehen und habe mich gegen ihn verteitigt, dabei wurde er verletzt. Ich war damals etwa 15 und habe – meines Wissens – nie vorher mit diesem Mann etwas zu tun gehabt. Als ich nach Hause kam, war er offenbar schon dagewesen und meine Mutter hat mich ausgeschimpft und mein Vater hat mich in der Küche geschlagen.
Ich bin von niemanden gefragt worden, was vorgefallen war. Es wurde danach auch nie darüber geredet.

Studium:

Ich wollte unter anderem auch deshalb studieren, um einmal bessere Erfahrungen im Umgang mit Menschen zu machen als in meiner Schulzeit.

Ich habe schon während meiner Realschulzeit kleine Nebenjobs gehabt, habe dann in den Ferien und während der Oberstufenzeit als Aushilfe gearbeitet, um mir mein Studium verdienen zu können.

Um an meinem Studienort in Frankfurt zu kommen, brauchte es damals etwa zwei Stunden, pro Tag also etwa vier Stunden. Ich stand etwa um sechs Uhr morgens auf und kam um 18 Uhr heim. Dann mußte ich noch einen Nebenjob machen und danach die Übungsaufgaben. In den mathematischen Fächern habe ich die fast immer abgeschrieben, im Hauptfach habe ich sie selbst gemacht. Um zwei Uhr nachts habe ich dann aufgehört.

Für mein gesamtes Studium habe ich von meinem Vater damals in Häppchen aufgerundet etwa 500 DM bekommen. (Am Telephon prahlte dieser einmal damit, daß er mich ''studieren ließe''.) Der Rest war Erspartes oder selbst verdient. Ich habe natürlich nicht sofort nach meiner Schulzeit mein Studium aufnehmen können, sondern erstmal zwei Jahre gearbeitet. (Irgendwo habe ich mal gelesen, daß Eltern ihren Kindern eine Ausbildung bezahlen müssen!)

Die Mensen waren damals überfüllt, so daß man kaum in der einen Stunde zwischen Praktika vom Institut zur Hauptuni und zurück kommen konnte.

Nach wenigen Semestern war dann mein Erspartes zuende, aber das Vordiplom noch lange nicht abgeschlossen. Meine Mutter, zu der ich ein extrem schlechtes Verhältnis hatte, starb an Krebs.

Einige Monate danach gab es im Dorf eine Verleumdungskampagne gegen mich. Jemand, den ich nicht kannte, machte sehr seltsame Vorwürfe gegen mich. Mir wurde damals etwas angelastet, weil ich oft nachts spazierenging bzw. nebenjobbedingt erst spät nachhause kam.

Irgendwann um diese Zeit ging ich mal nachts spazieren. Ich kam an einem Haus vorbei, in dessen Hof sich ein älterer Herr, den ich nicht kannte, aufhielt, der aber – offenbar als er mich sah – anfing, wie irrsinnig loszuschimpfen. Ich hätte auch weitergehen können. Ich ging zurück und fragte, was los sei, schließlich hätte er ja auch verletzt sein können. Er warf mir vor, daß ich schon zu lange studiere und drohte mir anschließend mit der Mistgabel. Damals war ich im neunten Semester.

Ich mußte sparen und trampen. Kaum jemand nahm mich mit, so daß ich zumeist mehrere Kilometer zum Bahnhof laufen mußte. So versäumte ich den Zug und kam zu den Veranstaltungen zu spät.

In dieser Zeit gab es einen Vorfall, in dem u.a. Polizei, Gericht, Gerichtsvollzieher, ein Pfarrer, den ich um Hilfe bat und der mich mit seiner irrsinnigen Reaktion erst recht in Schwierigkeiten gebracht hatte, und Schlimmeres involviert waren. Man hatte eine Mikrobe zum Riesenmonster aufgeblasen. Was wirklich passiert ist weiß ich selber nicht so genau. Man machte mir einen Vorwurf, und ich sollte dafür zahlen. Ich weigerte mich, insbesondere auch, weil ich von dem entsprechenden Unmenschen auch früher schon ziemlich fies behandelt worden war. Außerdem hatte ich so gut wie kein Geld mehr. Kaum zwei Wochen später gab es eine weitere Anklage gegen mich, ebenfalls wegen einer Nichtigkeit, die bei anderen ohne Probleme durchgegangen wäre. Irgend jemand muß sich ja immer aufplustern. Was andere dürfen, darf ich noch lange nicht! Ich hatte damals ja lange Haare!
Hätte es den ersten Vorfall nicht gegeben, hätte auch der zweite nicht stattgefunden. Ich war damals schon wegen des ersten Vorfalls total mit den Nerven am Ende. Als Folge dieser Vorfälle war ich etwa 10 Jahre lang weder nervlich noch finanziell in der Lage, mein Studium fortzusetzen, hatte keine Arbeit, konnte nachts nicht mehr schlafen, schlief dann gegen 8 oder 10 Uhr morgens ein und wachte total gerädert gegen 17 Uhr auf. Dafür wurde ich von meinem Vater angeschrien, außerdem gab es eine Gruppe von etwa 10 Jahre jüngeren rechtsextremen Terroristen, die damals mit der Reichskriegsflagge durchs Dorf zogen, die mich verspotteten und bedrohten, Erdklumpen gegen das Telephonhäuschen warfen, wenn ich telephonieren wollte (dieses öffentliche Telephon war in dieser Zeit öfter verstopft – wenn ich geschickt war, konnte ich ein oder zwei Münzen aus dem blockierten Geldschacht holen, das war damals viel Geld für mich – und wurde schließlich ganz entfernt), Beleidigungen schmierten, so daß ich es jedesmal, wenn ich das Haus verließ, sehen mußte, mich mit ihrem Auto verfolgten, wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs war. Dabei gingen sie sehr geschickt vor, es gab fast nie Zeugen.
Ich wurde von vier dieser Leute in einem Nachbarort angegriffen, dabei ging meine Brille kaputt. (Ich lief dann jahrelang mit einer alten und total verkratzten Brille rum, weil ich mir keine neue leisten konnte.) Ich wollte in eine Kneipe fliehen, aber man ließ mich nicht rein, wegen ''geschlossener Gesellschaft''. Die Sache ging weiter: Ich setzte mich in einiger Entfernung irgendwo hin. Einer der Angreifer kam und zeigte mir sogar seinen Paß. Daher weiß ich, wie er heißt. Einige Zeit später wurde ich von diesem in meinen ''Heimat''ort über mehrere hundert Meter verfolgt und mit seltsamen Verrenkungen bedroht, bis seine ''Freunde'' kamen und ihn mitnahmen. Sie saßen in einem Auto, an dem ich vorher zufällig vorbeigekommen war. Sie haben aber erst einige Zeit gewartet, bis sie ihn holten. In dieser Zeit hätte sonstwas passieren können.

Meine Tante unterstützte mich eine Zeitlang mit 400 DM pro Monat. Viel Geld, könnte man meinen. Davon gingen dann etwa 200 DM für die Krankenversicherung drauf (mit steigender Tendenz) und für die Rückmeldung mußte ich auch etwas sparen.

Als ich einmal zur Rückmeldung in Frankfurt war, wurde ich in der Mensa von einem ziemlich martialisch aussehenden jungen Herrn mit Glatze und Springerstiefeln fies angemacht. Um ein Haar hätte es eine körperliche Auseinandersetzung gegeben, aber der junge Herr zog es dann doch vor, sich aus dem Staub zu machen. Leider bin ich noch nicht so hart, daß ich sowas einfach wegstecken könnte. Man meidet dann für eine längere Zeit diese Örtlichkeiten. Hatte damals ''glücklicherweise'' sowieso kein Geld, um regelmäßig nach Frankfurt zu fahren.

Je länger jemand (in unserem Fall ein Student) mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren muß, desto länger ist er möglichen Attaken von seltsamen Leuten ausgesetzt, die sich offenbar überall da finden, wo viele Leute auf engem Raum zusammen sind. (Da kann man seinen Terror hinter der Masse verstecken, und wenn das Opfer sich wehrt kann man so tun, als ob man der arme Angegriffene sei. Moralisten fallen immer wieder gerne darauf rein.) So passiert es schon mal, daß einem jemand seltsam kommt, weil man im Zug mal seine Beine in eine andere Stellung bringt und sich besagter Geisteskranker davon gestört fühlt. Das Rückeln des Zuges stört offenbar nicht.
Auch nach einem solchen Vorfall sind wieder mehrere Tage kaputt, in denen man kaum etwas fürs Studium tun kann. Ein älterer, deutscher Busfahrer hat zweimal (an verschiedenen Tagen), als er sah, daß ich ein Semesterticket vorzeigte, eine böse Bemerkung über Studenten losgelassen. (Es ging darum, daß solche Leute wie ich dann in die Regierung kämen – Pardon, ich dachte mir damals, sollte ich mal in die Regierung kommen, würde ich dafür sorgen, daß Leute wie er ihren Arbeitsplatz verlören und dann mit einer Flasche billigsten Fusel in der Hand im Winter erfroren unter einer Brücke aufgefunden werden würden. Sein Glück, daß ich nicht die geringsten Ambitionen hege, in die Politik zu gehen.)

Ganz nebenbei muß man sich mit Schaffnern – pardon, Kundenbetreuern – herumärgern, die die Tür zu früh zumachen, so daß man gezwungen ist, zum nächsten Bahnhof mitzufahren, wo man dann von den netten Leuten vom Sicherheitsdienst vom Bahngelände verjagt wird, wo man zwangsweise auf den nächsten Zug in etwa 1 Stunde warten wollte.

Es gab dann noch einen weiteren, sehr schlimmen Vorfall in dem Kaufhaus, in dem ich früher sieben Jahre lang als Aushilfe gearbeitet hatte. Ein aufgeblasener Rentner machte mich von hinten an und flüsterte mir eine Beleidigung ins Ohr. Ich ließ das nicht auf mir sitzen – ich bin schon zu oft beleidigt worden, irgendwann muß Schluß sein, schließlich ist das Leben auch irgendwann zu Ende (Das ist der Grund dafür, warum ich prinzipiell für die Todesstrafe bin!) – und warf ihm eine der durchsichtige Plastikbehälter gegen den Latz, in dem sich zumeist ziemlich faule Erdbeeren befanden. Daraufhin ist dieser vollständig durchgedreht und hat mich angegriffen. Ich hielt ihm mit einem Stab auf Distanz. Es erschien ziemlich schnell der Junior-Chef, ich bekam Hausverbot und wurde wegen Beleidigung und Körperverletzung angeklagt. Besagter Junior-Chef war aber geistig so zurückgeblieben, daß er mich noch nicht mal fragte, was überhaupt vorgefallen war. Auch die anderen Mitglieder der Familie, der dieses Kaufhaus gehört und die mich alle persönlich kannten, hielten es nicht für nötig, ihrem ehemaligen Mitarbeiter im persönlichen Gespräch die Möglichkeit einer Stellungnahme zu geben. Ein Schelm der Böses dabei denkt!

Die Anklagen gegen mich wurden immer unter der Vorgabe, daß ein besonderes öffentliches Interesse bestünde – was ich prinzipiell bestreite, denn so wichtig bin ich ja nun auch wieder nicht –, weiter breitgetreten, statt daß sie sofort eingestellt worden wären, da sie ja offensichtlich den Zweck erfüllten, mich unter Zuhilfenahme des Gerichts zu mobben. Eine Schande, daß sich ein deutsches Gericht dazu mißbrauchen läßt.

Ich bat einen ehemaligen Lehrer, mir zu helfen. Dieser versuchte dies zwar, war zuerst aber ziemlich mißtrauisch. Irgendwann kam dann der Begriff Mobbing auf und ich machte ihn darauf aufmerksam. Dann hatte er's kapiert. Er deutete mir auch an, daß der Richter, mit dem er wegen mir gesprochen hatte, mir offenbar tatsächlich eins auswischen wollte, bzw. daß dieser Vorurteile gegen mich hätte.

Ich habe Jahre gebraucht, um mich von diesen erneuten Horror zu erholen. Damit ich wieder etwas Geld verdiente, habe ich zwei Jahre Spargel gestochen, eine Arbeit, neben der man nicht lernen kann.

Mein Vater starb (als wir sein Zimmer ausräumten, fand sich auch die oben erwähnte Lederpeitsche wieder), ich war enterbt, mußte von einem Tag auf den anderen ausziehen, mußte um meinen Pflichtteil kämpfen. Währenddessen habe ich Hauptstudiumsvorlesungen gehört, Klausuren geschrieben, Seminarvortrag gehalten, an einem Praktikum teilgenommen.

Ich habe dann mein Vordiplom beendet und bekam glücklicherweise einen guten Job an einer Professur, in einem Projekt und als Tutor, der mehrmals verlängert wurde.

Da ich in einem Doppelstudium – beide Studiengänge gelten gemeinhin als schwer – eingeschrieben bin, habe ich auch das andere Vordiplom beendet, mit Noten 1, 1, 1, 2 und sogar noch einen Seminarvortrag für das Hauptstudium gehalten.

In den beiden Diplomprüfungen, die ich bis jetzt gemacht habe, habe ich jeweils eine 1.0!

Natürlich mußte ich auch das volle Gebührenprogramm von Herrn Roland Bildungsräuber durchlaufen, mit dem dieser laut AStA u.a. die bedürftigen Manager von Fraport unterstützte und neue Weinkeller für das hessische Staatsweingut anlegen ließ. Wäre mein Vater nicht ''rechtzeitig'' an Krebs gestorben und hätte mir nicht ein Mitstudent, mit dem ich damals für dessen Prüfung gelernt habe, gesagt, daß es zur Einforderung des Pflichtteils Ausschlußfristen gäbe – ich war damals mit Praktikum, Seminar und Vorlesungen beschäftigt –, und hätte ich nicht zusätzlich jenen Studentenjob gehabt, um mir dafür einen Rechtsanwalt nehmen zu können, ich wäre spätenstens daran gescheitert.

Es gab weitere Vorfälle gegen mich, als ich mit einem davon, bei dem ich mir eine blutende Wunde zuzog, zur Polizei ging, war die nicht dafür zuständig. Dabei war diese Wache die für mich am günstigsten erreichbare.

Insgesamt hat es über 90 (neunzig!) außergewöhnliche, teils extreme Vorfälle gegen, die gewönnlichen (Spott, Beleidigungen durch Mitschüler, Ärger zuhause, etc. nicht mitgezählt.)

Wieviel Terror erträgt der Mensch?

Stellen Sie sich die Tage des Leben eines Menschen durch eine Anordnung von Feldern auf einem Blatt Papier vor. Jedes Horrorerlebnis verdirbt einen oder mehrere Tage, Wochen, Monate etc., und markieren Sie im Geiste alle verdorbenen Tage rot. Das sind Tage, an denen man nicht lernen kann, an denen man auch nicht leben kann, es sind Tage, an denen man nur leidet. Ist es nicht auch eine Art, einen Menschen um sein Leben zu betrügen, ihn ''ums Leben zu bringen'', wenn ein bestimmtes Kontingent an roten Feldern überschritten wird?

Ich habe mich seit Beginn der Rechtschreibreform gegen diese engagiert, habe Texte geschrieben, gezeichnet, ausgedruckt, kopiert, an der Uni verteilt, auf eigene Kosten und auch mit der Unterstützung eines anderen Liebhabers der Deutschen Sprache, mich über das Desinteresse und die naive Befürwortung dieser Reform geärgert.

Ich hoffe, daß Sie spätestens jetzt verstehen, warum ich hier anonym bleiben will.

 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 11.06.2008 um 14.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#635

Im Münchner- und im Bayern-Teil der Süddeutschen Zeitung wird von der Abweisung von Schülern mit Übertrittsempfehlung an den Gymnasien in München und Regensburg berichtet, sodaß man schließen muß, Direktoren, Staat und Städte seien froh um jeden Schüler, der nicht aufs Gymnasium geht.

 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 10.06.2008 um 17.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#634

Mich befremdet, daß so etwas Ideologielastiges überhaupt erscheint – was ja nur sinnvoll ist, wenn es dafür einen Markt gibt; ist darin auch eine Aussage über Eichborn zu sehen?

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.06.2008 um 17.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#633

Die Beobachtungen von Herrn Mahlmann mögen zutreffen, aber alle Statistiken, die ich in den Zeitungen gelesen habe, sprechen eine andere Sprache. Zwar sind die bekannten Berechnungen unseres Rektors Grüske auch kritisiert worden, aber im Kern dürfte er recht haben.

 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 06.06.2008 um 13.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#632

Anders als Herr Ickler und andere bezweifle ich, daß sich ein Universitätsstudium heute noch "lohnt" bzw. daß es zu einem gutbezahlten Posten führt. Selbst in den klassischen Studiengängen Jura, BWL und Medizin gilt das nicht mehr. Die meisten Absolventen von heute hangeln sich jahrelang durch Praktika, Aushilfsjobs und Urlaubsvertretungen, bis sie irgendwann mit Glück eine Festanstellung ergattern oder fachfremd in Stellung gehen. Das Salär ist dabei meist nicht der Rede wert.
Somit ist das Lebenseinkommen eines Abiturienten, der einen Lehrberuf ergreift und sich innerbetrieblich weiterbildet, vielfach deutlich höher als das eines Akademikers.
Und bei den Studenten werden die sozialen Unterschiede noch am deutlichsten: Das Arbeiterkind muß während des Studiums dauerhaft arbeiten, um sich zu finanzieren (mit Studiengebühren umso mehr). Das verschleppt die Studienzeit und verschlechtert die Noten. Zeit und Geld für Praktika, Auslandsaufenthalte und dergleichen fehlt auch.
Reiche Eltern kaufen dem Sprößling eine Wohnung am Studienort, die erstens steuerlich geltend gemacht werden kann, zweitens Sohnemann kostengünstiges Wohnen garantiert und drittens nach dem Studium gewinnbringend wieder veräußert wird. Der Student muß auch nicht arbeiten und kann sich ganz dem Studium widmen. Sind die Noten schlecht, wird Nachhilfe organisiert.
Und nach dem Studium steht Papas Kanzlei als Berufseinstieg offen.

Das mag sich alles nach altlinkem Geschwafel anhören, ich habe es aber selbst hinreichend oft beobachtet.
Und auf Rechte, die sich aus den bezahlten 500 Euro ergeben, pochen nur die, die das Geld ohne weiteres zahlen können. Die anderen sind froh, daß sie überhaupt irgendwie studieren können, und sehen zu, daß sie den Abschluß kriegen, um der teuren Anstalt zu entfliehen.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.06.2008 um 18.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#631

An unserer Universität finanziert sich sogar die Eliteförderung ("Leonardo-Kolleg") aus Studienbeiträgen. Alle Studenten zahlen also dafür, daß die besten (5 Prozent), die es wahrscheinlich im Durchschnitt ohnehin besser getroffen haben, in den Genuß besonderer Vergünstigungen kommen. Bisher halten die Studentenvertreter still, vielleicht haben sie es noch gar nicht bemerkt, aber ich erwarte irgendwann eine Klage. Hier setzt sich im Grunde fort, was seit Jahrzehnten galt, die Umverteilung von unten nach oben: Arbeiter finanzierten den Akademikern die Ausbildung, damit diese später ungleich mehr verdienten als jene.

 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 05.06.2008 um 11.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#630

Aber lieber Herr Wagner, Zustände, in denen Studenten auf vermeintliche Rechte pochen, nur weil sie jetzt 500 Euro Studiengebühren bezahlen, haben wir doch längst in Deutschland.

An der Universitätsbibliothek Braunschweig sind die Zustände inzwischen gar nicht mehr einladend. Überall klingeln (wenn's geht polyphon) Mobiltelephone, über halbe Tage werden Arbeitsplätze mit ein paar Bücher "freigehalten" (das Pendant zum Badehandtuch auf der Strandliege), Arbeitsgruppen bereiten sich laut palavernd in einer Ecke auf eine Prüfung vor und im Kopierraum wird weniger kopiert, als vielmehr gegessen und getrunken. Ich komme mir regelmäßig wie ein Störenfried vor, wenn ich Grüppchen von Regalen vertreiben muß, nur weil ich tatsächlich mal ein Buch suche. Das Personal hat weitgehend kapituliert und versucht nur noch, das Chaos in gemäßigten Bahnen zu verwalten. Das Zeitschriftenmagazin im Kellergeschoß mutiert freitags zum Gebetsraum muslimischer Studenten, die auch gerne arglosen Zeitgenossen wie mir, die nur eine Bibliographie einsehen wollen (die stehen als Präsenzbestand dummerweise auch dort!), den Zutritt zum "Gebetsraum" verwehren.
Naja, man zahlt halt Studiengebühren und nimmt sich somit die Rechte, die einem vermeintlich zustehen.

 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 05.06.2008 um 11.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#629

Lieber Herr Ludwig, da habe ich mich wohl etwas zu knapp ausgedrückt bzw. mit der Wortwahl "Zustände" eine Allgemeingüktigkeit suggeriert, die gar nicht beabsichtigt war. Ich meinte natürlich nicht, daß das von mir Erwähnte für amerikanische Privatuniversitäten generell typisch sei, sondern lediglich, daß so etwas dort in Einzelfällen vorkommen kann (und daß es so etwas gibt, habe ich von einem Arbeitskollegen erfahren). Dabei spielen zwei Dinge eine Rolle: Zum einen sind die Gebühren (mehrere 10.000 Dollar pro Jahr) so hoch sind, daß sie zu entsprechenden Anspruchshaltungen Anlaß geben können, zum anderen kann es Einrichtungen geben, die relativ klein sind und es sich nicht leisten können, Schüler zu verlieren oder in den Ruf zu kommen, daß man dort trotz der hohen Gebühren den Abschluß nicht bekommt. Erwähnt habe ich das nur, weil ich es für einen echten Fall von Besitzstandswahrung halte, wie er von Preisendörfer aufs Korn genommen wird, weil wirklich nur allein das Geld die entscheidende Rolle spielt. (Damit will ich auch nichts gegen die von Germanist erwähnten Internatsschulen sagen.)

 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 05.06.2008 um 00.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#628

"Zustände wie an amerikanischen Privatuniversitäten, wo Eltern aufgrund der gezahlten Gebühren verlangen, daß ihre Kinder (selbst die faulsten) den Abschluß bekommen (nicht: schaffen), haben wir ja hier zum Glück noch nicht – oder?" Naja, lieber Herr Wagner, ich lehre an so einer Privatuniversität in den Staaten; und ich meine, die Sache ist nicht nur nicht ganz so, wie Sie es nahelegen, — ja, sie sieht nicht mal so aus. Einmal laufen da bei der Graduation durchaus eine große Zahl "Graduierte" mit Talar und Graduiertenkopfbedeckung händeschüttelnd über die Bühne, aber nicht bei allen ist da im überreichten Diplom-Lederfaksimileeinband auch ein Diplom drin, sondern nur ein Zettel, daß doch noch ein oder zwei Anforderungen zu erfüllen wären, bevor dann das Zertifikat zur Abholung in der Registratur bereitläge. Und zum andern — und das ist das Wichtige — bekommen die Studenten dieses Diplom mit allen damit verbundenen Rechten, Privilegien und Verpflichtungen; — ja, und dafür können sie sich aber was kaufen! Keine der weiterführenden Schulen oder Arbeitsstellen muß sie nämlich wegen dieses Zertifikats annehmen, einstellen oder was auch immer. Rechte spielen hier also vielleicht eine Rolle, Berechtigungen aber deshalb noch lange nicht. Und Dabbeljuh Bush hat seinen Universitätsgrad *wo* bekommen? Stand hinter seiner Laufbahn nach oben der Ruf einer klasse Universität? O nein, er mußte schon andere Hilfsmittel zu Hilfe nehmen, um das zu werden, was er geworden ist. —

Und umgekehrt: Ich habe hier jemanden kennengelernt, der von einer der für mich lächerlichsten Universitäten hier graduiert worden war; und, Mann, was für eine Bildung in der besten westlichen Tradition dieser Mann ausstrahlte! Ich weiß es, weil ich ihn auch beobachtete, wenn er mich hier kühl mehreren Nobelpreisträgern vorstellte! Allzu faul darf man jedenfalls auch hier nicht sein; und was das "Schaffen" angeht: die meisten Hohen Schulen nehmen nur Leute in ihr Programm auf, von denen sie aufgrund bezeugter früherer Leistungen meinen, daß sie sie auch zum Diplom führen können. Und bei einigen hilft es dann natürlich auch, daß sie an "diesen teuren Internatschulen" eben Tag und Nacht einer schulischen Atmosphäre ausgesetzt sind. Aber auch hier nicht bei absolut allen. Hier sieht das also mit den "Rechten, Privilegien und Verpflichtungen" etwas anders aus. Im Grunde — grundsätzlich — gilt auch hier, was Herr Schatte trotz Zigarre zwanzig Jahre lang nicht aufgehört hat zu sagen: "Bilden müssen Sie sich selbst." Und einige von uns hier sagen das ja auch immer wieder. Auch das gehört zur guten Betreuung der nächsten Generation, auf die uns unser Germanist hinweist.

 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 04.06.2008 um 19.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#627

In der BRD war es schon in den fünfziger Jahren möglich, daß Kinder wohlhabender Eltern, die wegen schlechter Leistungen das Gymnasium hatten verlassen müssen, bei unserer Abiturfeier mit dem Abiturzeugnis einer teuren Internatschule erschienen. Die wirklich gute Schülerbetreuung gibt es auch jetzt nur an diesen teuren Internatschulen.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.06.2008 um 18.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#626

Verschwörungstheorien dieser Art haben wir auch im Zusammenhang mit der Rechtschreibreform zu hören bekommen. Die Unternehmen legen angeblich Wert darauf, daß es möglichst viele unqualifizierte Arbeitskräfte gibt. (In den Anzeigenteilen der Zeitungen müßte also nach Unqualifizierten gesucht werden …) Und erst kürzlich hat, wie berichtet, Florian Coulmas die alte Geschichte aufgewärmt, daß die schreibkundige Oberschicht ihre Kunst gegen die Proleten abschirmen wollte. Statistik läßt sich in vielerlei Weise ausdeuten. Die Lebenserfahrung spricht eine andere Sprache.

 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 04.06.2008 um 16.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#625

Die Benachteiligung einiger Kinder liegt bereits in der Bildungsferne an sich. Daß es Bildungsferne gibt, liegt aber meines Erachtens nicht am dreigliedrigen Schulsystem. Eine Benachteiligung gibt es in der Schule eher durch die Klassengröße und die Qualität des Unterrichts – unabhängig vom Schulzweig. Auch Bildungsbürgerkinder fliegen vom Gymnasium bzw. handeln sich schlechte Noten ein, wenn sie die geforderten Leistungen nicht bringen. Zustände wie an amerikanischen Privatuniversitäten, wo Eltern aufgrund der gezahlten Gebühren verlangen, daß ihre Kinder (selbst die faulsten) den Abschluß bekommen (nicht: schaffen), haben wir ja hier zum Glück noch nicht – oder?

 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 04.06.2008 um 12.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#624

Mir fällt stark auf, daß vielfach "Wissen" mit "Bildung" gleichgesetzt und verwechselt wird. Da werden Fakten aus Lexika und Wikipedia-Artikel auswendig gelernt, und schon hält man sich für "gebildet".

Prinzipiell allerdings halte ich den Ansatz, daß der Staat Bildung für jeden verfügbar machen muß, für richtig. Aus dem Grund sind auch in den sechziger und siebziger Jahren Gymnasien auf dem Land gebaut worden, damit die Schüler nicht mehr stundenlang hin- und herreisen mußten. An den Anforderungen für die Abiturprüfung änderte sich dadurch aber nichts.
Pauschal ausgedrückt: Jeder muß die Chance haben, die Latte zu überspringen; man darf sie aber nicht niedriger aufhängen.

Das Problem in der akademischen Ausbildung ist m. E. eher, daß es nur noch eine Handvoll Studiengänge gibt, mit denen man wirklich etwas anfangen kann. Und ist man dann Absolvent eines Fachs, nach dem niemand fragt, hat man kaum Gelegenheit, sich in einem anderen Fach weiterzubilden, will oder kann man nicht ein komplett neues Studium absolvieren.

 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 03.06.2008 um 21.37 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#623

Zum Beitrag von Frau Pfeiffer-Stolz (140#621) fällt mir ein, daß ich etwa 1987 beim Rektor auf dem Teppich stand und mir eine Zigarre abholen durfte für den mir in irgendeiner Vorlesung entfahrenen Satz

"Hier werden Sie auf Staatskosten ausgebildet. Bilden müssen Sie sich selbst."

Das Problem scheint also weiterhin anhängig zu sein.

 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 03.06.2008 um 17.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#622

Zur Zulassung zu allen Staatsexamen als Universitätsabschluß gehört immer noch der Nachweis der "allgemeinen Hochschulreife", welcher erfolgreiche Abschlußnoten in mindestens zwei Fremdsprachen enthalten muß. In Bayern hat Kultusminister Schneider diese Abschlußmöglichkeit auch für die berufsbildenden Schulen wie Fach- und Berufsoberschule eingeführt. Bei Universitätsabschlüssen gilt der erfolgreiche Studienabschluß nichts, wenn die entsprechende formale Hochschulreife fehlt. Ist es auch Blödsinn, hat es doch Methode.

 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 03.06.2008 um 17.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=140#621

"Bildung": was verstehen die Leute darunter? Dieser Begriff ist inzwischen sinnentleert wie viele andere auch, die in wirtschafts- und bildungspolitischen Debatten ständig gebraucht werden. Worin Preisendörfer eine Benachteiligung erkennen will, ist nicht die Verwehrung von "Bildung", sondern das Privileg, sich durch Bildung in Wirtschaft und Gesellschaft besser positionieren zu können. Dabei ist Bildung kein Gut, das zugeteilt wird; jeder muß es mühevoll selbst erwerben. Was Preisendörfer verlangt, sind Zertifikate, die nach einem Schlüssel zugeteilt werden sollen, der "bildungsferne" Schichten zu gleichen Teilen berücksichtigt. Diese Zertifikate – völlig widersinnig "Bildung" genannt – würden wunderbarer Weise zu Aufgaben befähigen, die Bildung voraussetzen. In einer zentral gesteuerten Gesellschaft ist ja alles möglich, warum nicht auch das. Wann bekommen wir die Quotenregelung?

Es gibt Kinder und Erwachsene, die sich aus eigenem Antrieb Bildung aneignen. Bildung ist etwas Privates, ein Ergebnis von Neugier, Strebsamkeit, Verzicht, individueller Anstrengung und nur bedingt abhängig von Schulbesuch und staatlicher Förderung. Das Wissen liegt heute auf der Straße. Niemand wird einen bildungswilligen Kopf daran hindern können, zu denken und zu lernen, was immer er will.

Bildung ist kein Kuchen, den man unter die Leute verteilen kann. Es wirkt geradezu rührend, wie versucht wird, diesen Eindruck zu erwecken! Der Knoten löst sich, wenn wir erkennen, daß es gar nicht um Wissen und Können geht. Blanker Neid bewegt das Gemüt.
Im Fußball holt man sich z.B. keine Hinterhofkicker in die Nationalmannschaft. Niemand wird sich darüber aufregen und sagen, daß die Profikicker damit bösartige Besitzstandswahrung betrieben.
Mit Begriffen wird viel Schindluder getrieben (Neusprech), und das oberflächliche Zuhören und Mitquatschen tut dann das seinige. Etwas bleibt immer hängen, so irrational es auch sein mag.

 

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