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Nachrichten rund um die Rechtschreibreform

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16.09.2006
 

Geordneter Rückzug
Auch bei der FAZ wird „Missstand“ bald kein Mißstand mehr sein.

Das ß ist kein Dogma, folglich darf jetzt ss eines sein.

Siehe hier.



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Kommentare zu »Geordneter Rückzug«
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Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 23.09.2006 um 14.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4845

Sollte man nicht begrüßen, daß es jetzt fast alle Zeitungen versuchen mit Pseudo-Heyse? Diese ss-Schreibung funktioniert, wie bekannt ist, nur auf dem Hintergrund der klassischen s-Schreibung, die wir fast alle noch in den Köpfen haben. Die sichersten ss-Schreiber beherrschen alle noch Adelung und erfreuen sich täglich, wie wir wissen, der Logik beim Transformieren von ß in ss.
Wenn in späteren Jahren diese "Hilfskrücke" des Herkömmlichen im Wissen der Schreiber wegfällt, wird das Umdenken einsetzen. Das Chaos um die nichtlernbare reformierte s-Schreibung wird zur Erkenntnis führen, daß die Logik der Heyse-Schreibung keinen Vorteil bringt, war doch die Adelungsche Schreibung ebenso logisch, sonst könnte man nicht beide Systeme gegeneinander reibungslos austauschen. Dabei aber bringt Heyse trotz der Gleichwertigkeit der Logik beträchtliche Nachteile. Auf der Basis Kurzvokal/Langvokal funktioniert das Schreiben schlecht. Eine visuelle Stütze wie beim "doofen" ß gibt es nicht. Alles verschwimmt vor den Augen in eine „dicke“ S-ssssuppe. Das erschwert nicht nur das Lesen, sondern es beeinträchtigt vor allem das Erinnern, verwischt Schreib-Bilder und stellt gerade Schulkinder vor große Probleme.
Diese beiden Nachteile werden für erhebliche Schreibunsicherheit sorgen. Diese wird zunehmen, je mehr Schulabgänger aus den staatlichen Verbildungssystemen ins "Schreibleben" treten.

Warten wir es gelassen ab: Die s-Schreibung wird scheitern. Und komme mir keiner mit der Schweiz: auch dort geht das Schreiben ohne ß und mit viel sss (Süssspeise, Massstab …) nur deshalb problemlos, weil Schriftwerk mit klassischer ß-Schreibung aus anderen deutschsprachigen Ländern in der Schweiz zu lesen ist. Vor dem Hintergrund des Guten kann man sich auch schon mal was Schlechtes leisten.
Hiermit stelle ich die Behauptung auf, daß sämtliche s-ss-Schreibungen nichts anderes sind als "Schmarotzerschreibungen", deren Funktionsweise so lange garantiert ist, als das "korrekte" Gegenstück, nämlich die klassische s-Schreibung, an der man sich reibt, gut sichtbar vorhanden ist.

Sollten sich dennoch die „Fortschrittlichen“, die in Wahrheit rückwärtsgewandte Bürokraten sind, für die Abschaffung des Buchstaben ß entscheiden, so wird dies auf die gesprochene Sprache nicht ohne Auswirkung bleiben. Daß Nachdenken und kritisches Hinterfragen auch bei einigen „klugen“ Köpfen unserer Republik nicht zum täglichen Geschäft gehört, ist eine Enttäuschung, mit der zu rechnen war.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.09.2006 um 16.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4848

Die Süddeutsche Zeitung regt heute Kinder zum Basteln mit "Reiszwecken" (zweimal!) an, und der Bund Naturschutz quittiert dankend eine Spende "anläßlich der Haus- und Strassensammlung". Soviel Schönes an einem Tag! Da könnte man fast das furchtbare Unglück mit der Magnetbahn vergessen, die übrigens von einem "Technik begeisterten Gymnasiasten" erfunden wurde, wie die heutige "Welt" mitteilt. So schreiben Tag für Tag die großen Zeitungen, die den endlich eingekehrten Rechtschreibfrieden begrüßen.


Kommentar von R. M., verfaßt am 23.09.2006 um 17.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4849

Im Zusammenhang mit dem Skandal um die Badische Landesbibliothek war kürzlich in den Badischen Neuesten Nachrichten von Vassallen die Rede.


Kommentar von Ralf Gruner, verfaßt am 23.09.2006 um 18.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4851

Letztlich hat mich die Suchfunktion auf einer Philips-Webseite gefragt: "Haben Sie gefunden, wass Sie gesucht haben?"
Ich kann mir nicht vorstellen, daß solche Fehler vor 10 Jahren schon passiert wären.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 23.09.2006 um 18.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4852

So wenig aussagekräftig das auch sein mag, weil keine entsprechenden Daten von vor der Reform vorliegen: Geben Sie mal „Verzeichniss“ in eine beliebige Suchmaschine ein!
Dagegen ist der Befund zu „Diskusion“ (das ich selbst von Radio-Nachrichtensprechern fast nur noch so höre) gar nicht so dramatisch.


Kommentar von Ralf Gruner, verfaßt am 23.09.2006 um 19.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4854

Ja schon, aber die Suchmaschine liefert ja auch Treffer von den unzähligen privaten Seiten und Diskussionsforen. Da ist sowieso keine Rettung mehr zu erhoffen.
Aber auf einer Firmenseite erwarte ich derartiges nicht.


Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 23.09.2006 um 23.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4856

Die Aussprache "Diskusion" (mit stimmhaftem s) höre ich hier auf der Straße und in den Medien auch praktisch ausschließlich, die schriftlichen Befunde sind aber nicht entsprechend.

Die etwa 300.000 Googlefundstellen für "Diskusion" ("Seiten auf Deutsch") fallen gegenüber 83.000.000 Fundstellen für die richtige Schreibung "Diskussion" nicht ins Gewicht. Da sind "authorisiert", "Gallerie" und "funiert" bedeutend häufiger. Erstaunlich finde ich die Häufigkeit der Fehlschreibung "Häckchen".


Kommentar von Hans-Jürgen Martin, verfaßt am 24.09.2006 um 13.58 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4857

Der von Werner D’Inka konstruierte Gegensatz von Sinn und Konvention zeigt, daß auch die Herausgeber der FAZ nicht verstehen, was jeder Student in einem linguistischen Proseminar lernt: daß Konvention gerade die Voraussetzung für (gesprochene und geschriebene) Sprache und folglich für Verständigung ist. Rezeptiv funktioniert diese deshalb meist intuitiv, weil "ss" dem "ß" ähnlich ist und an denselben Stellen auftritt ("laß - lasse"), und produktiv zuverlässig nur bei den Schreibern, die die korrekte ß-Schreibung (noch) beherrschen (siehe den Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz). Deutschlehrer mit Rückgrat können und sollten die Umformungsregel ihren Schülern auch umgekehrt vorstellen: In klassischer Rechtschreibung schreibt man "ß", wenn "ss" nicht getrennt werden kann oder darf!
Natürlich läßt sich eine Konvention durch eine andere Konvention ('Zusammen- bzw. Übereinkommen') ersetzen - da hat Herr D’Inka recht, schließlich ist sie willkürlich. Im Falle der Rechtschreibung soll sie aber durch den Zwang eines Erlasses, durch staatliche Willkür ersetzt werden. Die Sehnsucht des Mitläufers nach Konformität hat auch die FAZ befallen.


Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 24.09.2006 um 14.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4858

"'Diskusion' ([Aussprache] mit stimmhaftem s) [...] praktisch ausschließlich" (Gerdes, #4856): Demnach hätten wir bei der Schreibung "Diskusion" also eine Schreibung nach der Aussprache und nicht eine Aussprache nach der Schreibung; der falschen Schreibung geht hier also eine Aussprachevariante voraus. Die Mediensprecher, die mit ihrer Sprache ungebildet hier wohl Vorbild sind, haben vielleicht von den Fremdwörtern "Fusion", "Illusion" u. ä. gehört und danach ihre Aussprachevariante eingeführt, — was dann für Nachahmer ja auch Sprachkompetenz deutlich kennzeichnet. Und sie haben's zur Rechtschreibfrage ja auch oft genug vorgesprochen: Sprache ändert sich.


Kommentar von Rominte van Thiel, verfaßt am 25.09.2006 um 11.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4866

Die ss/ß-Regel der bewährten Rechtschreibung, die Hans-Jürgen Martin -wie schon vorher einmal ein anderer Besucher dieser Seiten - so schön kurz und prägnant formuliert, nämlich daß man ß schreibt, "wenn der ss-Laut nicht getrennt werden kann oder darf", kann man den Reformbefürwortern, die ständig die "Logik" der Neuschreibung lauthals preisen, gar nicht oft genug entgegenhalten.


Kommentar von Peter Schubert, verfaßt am 25.09.2006 um 12.01 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4867

ß schreibt man, wenn der ss-Laut nicht getrennt werden kann oder darf.

Die Regel ist zwar einprägsam, hilft aber nur dem, der schon weiß, wann der ss-Laut einerseits mit ss/ß oder andererseits mit s geschrieben wird. Gerade da liegen aber die Schwierigkeiten. Auch ist es - vorsichtig gesagt - ungewöhnlich, von der Trennbarkeit auf die Schreibung zu schließen; sonst macht man es ja umgekehrt.


Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 25.09.2006 um 12.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4868

Kann es sein, daß die "Sehnsucht nach Konformität" auf einer tiefsitzenden Rotstift-Furcht beruht? Entstanden in frühen, prägenden Jahren, deshalb nicht bewußt verarbeitet, später verdrängt und deshalb heute noch unterschwellig wirksam? So wird eben jetzt noch mit merkwürdiger Beflissenheit und angelegten Scheuklappen etwas mitgemacht, ohne es zu hinterfragen und zu durchschauen - wie eben in der Grundschule.


Kommentar von Peter Schubert, verfaßt am 25.09.2006 um 17.33 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4871

Hat der Beitrag von 12.21 Uhr irgendetwas zu tun mit dem Beitrag von 12.01 Uhr? Ich kann keinen Zusammenhang erkennen.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 25.09.2006 um 20.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4872

Ich auch nicht, aber dafür gibt es einen Zusammenhang mit dem gestrigen Beitrag #4858 (von 14.27 Uhr).


Kommentar von Konrad Schultz, verfaßt am 26.09.2006 um 10.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4876

Es gibt in der Ostsee eine wunderschöne Halbinsel, den Darß. Hoffentlich bleibt sie es, schön, Halbinsel, geschrieben mit ß. Der Eigenname "Darß" ist ja zunächst vor den Reformern geschützt, aber nicht vor der örtlichen Staatsgewalt. (Beispiel: Saßnitz -> Sassnitz, auch wenn das schon früher passierte.) Und wenn die sich von den Reformern inspirieren läßt, was dann? Nach bewährtem Gebrauch kann das ß nicht angegriffen werden, weil es nicht getrennt werden kann. Aber es steht nicht nach einem kurzen Vokal, nicht nach einem langen Vokal, nach gar keinem Vokal. Was haben die Reformer dann zu sagen? Vor Ort findet man beide Schreibweisen. Gibt es ein Beispiel außerhalb der Eigennamen?


Kommentar von Peter Schubert, verfaßt am 26.09.2006 um 10.34 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4877

Der Darß. Außerhalb der Eigennamen gibt es wohl kein Wort, in dem ein ß auf einen Konsonanten folgt. Beim Darß und den betreffenden Ortsnamen sollte das ß aber auch bleiben. Es klingt zwar geziert, aber man kann einen Genitiv bilden: Die Schönheit des Darßes. Dann signalisiert das ß, dass der Zischlaut stimmlos gesprochen wird, nicht "Darses".


Kommentar von Germanist, verfaßt am 26.09.2006 um 11.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4878

Ein ss nach einem Konsonannten wäre nicht in s-s silbentrennbar, sondern nur nach dem vorhergehenden Konsonanten; dann würde die abgetrennte Silbe mit ss beginnen wie bei Stra-sse, und das ist falsch (außer in der Schweiz).


Kommentar von Peter Schubert, verfaßt am 26.09.2006 um 11.36 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4879

Ja, einverstanden. Aber die Trennung Stra-sse war nach alter Rechtschreibung richtig, wenn kein ß vorhanden war. In der Schweiz war und ist es anders. Dort trennt man seit Abschaffung der Fraktur solche Wörter zwischen beiden s. Ich vermute, dass ein Schweizer die Trennung Stra-sse als falsch ansehen würde.


Kommentar von GL, verfaßt am 26.09.2006 um 13.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4881

Dass das Wort "Strasse" überhaupt getrennt wird, fiel mir bis heute in der NZZ nicht auf. Eine Trennung wie Stra-sse würde mich nicht nur ablenken, sondern auch unglaublich ärgern.


Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 26.09.2006 um 21.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4888

Die Trennvorschrift Stra-sse (unreformiert für die Schweiz) war zweifellos weltfremd.

Zurückkehrend zum Thema des drohenden Umfalls der FAZ: Vorgestern wurde ich vom Vertrieb der SZ angerufen, ob ich mein vor einem halben Jahr gekündigtes SZ-Abonnement wieder aufnehmen möchte. Das gab mir Gelegenheit, noch einmal meine Mißbilligung des Verhaltens dieser Zeitung kundzutun und meine feste Absicht, für so etwas keinen Pfennig zu zahlen.

Im Moment habe ich noch die Sonntagszeitung der FAZ abonniert. Auch diese werden mir keine Zeitung in Pseudo-Heyse verkaufen. Die Zeiten, wo der Kunde eine Zeitung brauchte, sind schneller vorbei, als die Verlage denken.


Kommentar von U.N. Gläubiger, verfaßt am 26.09.2006 um 22.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4889

Irgendwie drängt sich eine Parallele auf: So wie jetzt die Deutsche Oper vor den Islamisten einknickt, sind Politik und Presse vor den Rechtschreibreformern eingeknickt. Das ss ist der Prophet, den man nicht beleidigen darf, deshalb muß auch die FAZ das "daß" opfern.


Kommentar von Ballistol, verfaßt am 27.09.2006 um 08.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4891

Germanist schrieb: Ein ss nach einem Konsonannten wäre nicht in s-s silbentrennbar, sondern nur nach dem vorhergehenden Konsonanten; dann würde die abgetrennte Silbe mit ss beginnen wie bei Stra-sse, und das ist falsch (außer in der Schweiz).

Seit wann ist denn a ein Konson(n)ant?


Kommentar von Schubert, verfaßt am 27.09.2006 um 14.31 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4893

Dass a kein Konsonant ist, weiß der Germanist natürlich auch. Er hat auch nichts Gegenteiliges behauptet, sondern nur, dass eine nach hinten abgetrennte Silbe nicht mit Doppelkonsonant (wie im Spanischen) beginnen sollte.

Es gehört hier nicht hin, aber ein Wort zum Beitrag des ungläubigen U.N.-Gläubigers: Die Kunst ist frei. Auch vom guten Geschmack.


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 27.09.2006 um 22.05 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4895

Weder Herr Germanist noch Herr Schubert überzeugen mich so recht. Angenommen, man würde "Darss" schreiben, dann wäre die korrekte Trennung des postulierten Genitivs nach altherkömmlicher und unveränderter Regel (Abtrennung des letzten Konsonanten) eben Dars-ses. Na und?
Auf einem anderen Blatt steht, daß die erwähnte Regel keineswegs in allen Fällen phonetisch begründet und somit reine Konvention ist.
Deshalb erscheint es mir auch wenig sinnvoll, ja zirkulär, die ß/ss-Schreibung aus der Silbentrennung ableiten zu wollen. Wenn man das scharfe s als ss schreibt, dann kann, ja muß es nun mal getrennt werden.
Die Konvention legt fest, wo nicht getrennt werden "darf", aber was soll das eigentlich heißen, daß nicht getrennt werden "kann"? Können kann man alles, jedenfalls bei der Rechtschreibung.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 27.09.2006 um 22.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4896

Bei du musst kann nicht getrennt werden (selbst wenn der SPIEGEL etwas von dieser Art letztens fertiggebracht hat).


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 29.09.2006 um 00.38 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4901

Können kann man schon, etwa "du mus-st", nur dürfen darf man nicht, weil es nicht den "Regeln" entspricht.
Mir ging es ja nur darum, die Unterscheidung zwischen "können" und "dürfen" und die Behauptung, man könne die ss/ß-Schreibung aus die Silbentrennung ableiten, anzuzweifeln.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 29.09.2006 um 10.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4902

Solange das Wort „Silbe“ eine sinnvolle Bedeutung behalten soll und solange man von „Silbentrennung“ mit eben derselben sinnvollen Bedeutung von „Silbe“ spricht, kann das einsilbige Wort mußt nicht getrennt werden. Daher kann die s-Schreibung sehr wohl aus der Silbentrennung abgeleitet werden.

(Zur Beachtung: Die reformierte Rechtschreibung hat sich vom Prinzip der Silbentrennung verabschiedet, es heißt jetzt „Worttrennung am Zeilenende“. Anders ist ja auch eine Trennstellenangabe wie Ka|ta|s|t|ro|phe nicht zu verstehen, denn bei

Ka-
ta-
s-
t-
ro-
phe

handelt es sich offensichtlich nicht um Silbentrennung.)


Kommentar von Hans-Jürgen Martin, verfaßt am 29.09.2006 um 10.35 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4903

Um einem Mißverständnis vorzubeugen, auf das Herr Schubert am 25.09. hinwies:
Der Spruch "In klassischer Rechtschreibung schreibt man 'ß', wenn 's' nicht getrennt werden kann oder darf!" ist nur eine Umformungsregel, die den Weg vom "ss" zurück zum "ß" weist. Das einfache "s" wird ja dort bewußt nicht erwähnt; das Problem der Verschriftlichung des s-Lautes löst auch diese "Regel" natürlich nicht, dafür ist die s-Schreibung viel zu kompliziert, eben auch in klassischer Schreibung:

Während etwa ein weiches /b/ durch "b" und der entsprechende Plosivlaut durch "p" verschriftlicht wird (analog: /d–t/, /f–w/, /g–k/), ist die Schreibung des s-Lautes eher chaotisch; würde die deutsche Schriftsprache am Reißbrett des Linguisten neu erfunden, so würde wie in der Lautschrift das "gezischte" s ebenso wie das "gesummte" konsistent seinen eigenen Buchstaben erhalten, z. B. "z" & "s" oder gar "s" & "ß" – zwei Beispiele: "Zonnenfinsternis" – "Sonnenfinßterniß".


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 29.09.2006 um 10.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4904

Mit 's' in dem zitierten Satz („In klassischer Rechtschreibung schreibt man 'ß', wenn 's' nicht getrennt werden kann oder darf“) meinen Sie den s-Laut, nicht den Buchstaben „s“, nicht wahr?


Kommentar von Germanist, verfaßt am 29.09.2006 um 12.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4905

Lautlich entsprechend müßten fast alle englischen Wörter, die mit s beginnen, eingedeutscht mit ß beginnen.


Kommentar von Hans-Jürgen Martin, verfaßt am 29.09.2006 um 20.09 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4906

Ich meinte natürlich (wie schon am 24.09.06): "..., wenn 'ss' nicht getrennt werden kann oder darf"). Bei der Umwandlung der doppelten in einfache Anführungszeichen ist ein "s" meinem nervösen Zeigefinger zum Opfer gefallen ;-)
Es wäre praktisch, wenn dieses Forum eine Vorschau-Funktion hätte ...


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 29.09.2006 um 23.22 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4907

Zu Herr Wagner:
Ich glaube nicht, daß sich die reformierte Rechtschreibung von der Silbentrennung "verabschiedet" hätte. In § 107 wird das Prinzip der Silbentrennung nicht anders als im alten Duden festgelegt.
Übrigens ist diese Regel in der Neufassung von 2006 etwas umformuliert worden. Danach stimmen Trennstelle und Silbengrenze nur "gewöhnlich" überein. Den Grund für diese Neuformulierung kenne ich nicht. Der Bericht des Rates enthält, soweit ich sehen kann, dazu keine Begründung, erwähnt nicht einmal die Änderung.
Das Beispiel "Katastrophe" erscheint mir etwas schief. Am Zeilenende gibt es natürlich nur eine Trennung; für die Trennstelle gibt es aber verschiedene Möglichkeiten. Deshalb bedeuten die angegebenen Trennstellen keineswegs, daß man etwa den Einzelbuchstaben t abtrennen dürfte, sondern nur, daß man zwischen Kata-strophe, Katas-trophe und Katast-rophe wählen kann. Das ist auch insofern gerechtfertigt, als bei mehreren aufeinanderfolgenden Konsonanten die Silbengrenze häufig nicht eindeutig zu bestimmen ist(abgesehen davon, daß der Begriff "Silbe" überhaupt unklar ist). Allerdings erscheint mir die Trennung Katast-rophe höchst unnatürlich.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 29.09.2006 um 23.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4908

Das eigentliche Diskussionsforum hat eine solche Vorschau (und noch viele andere Vorzüge). Und eigentlich ist diese Diskussion wohl besser in jenem Forum aufgehoben, z.B. unter „Heyse als Variante“ (siehe dort insbesondere Beitrag #631).


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 29.09.2006 um 23.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4909

Zu Herrn Achenbach:
Dann schauen Sie doch einfach mal in den amtlichen Regeln nach, was da als Überschrift des letzten Abschnittes (Buchstabe F) steht. – Ich habe nicht behauptet, die Reform hätte die Silbentrennung gänzlich verworfen, jedoch hat sie deren Prinzipien durchbrochen. In einem vorreformatorischen Wörterbuch erfuhr man anhand der angegebenen Trennstellen etwas über die Silbenstruktur eines Wortes. Das ist jetzt nicht mehr in allen Fällen so. Davon hat man sich also verabschiedet.


Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 30.09.2006 um 05.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4910

Immer wieder hört man die Meinung, die reformierte ss-Schreibung, im folgenden kurz „Heyse“ genannt, sei akzeptabel und in sich ebenso logisch wie die klassische s-Schreibung, kurz „Adelung“. Ich kann diese Auffassung auch und gerade nach jahrelangem Überlegen nicht teilen. Deshalb möchte ich auch denen widersprechen, die meinen, Heyse sei das kleinste Übel an der sogenannten Rechtschreibreform.
Meine Meinung ist, daß gerade Heyse die Einheitlichkeit der Schriftsprache in besonders auffälligem und intensivem Maße zerstört. Die ss-Schreibung ist die Einfallstür für Nachlässigkeit und reformeifernde Torheit, weil sie, mehr noch als alles andere, völlig unbeherrschbar ist, und bei den Schreibern als psychologische Folge fortdauernder Frustration über die Nichtbeherrschbarkeit Gleichgültigkeit erzeugt.

Im folgenden unternehme ich den Versuch, meine These zu erläutern. (Die folgenden zeilen sind nächtens in aller eile geschrieben, eventuelle Patzer möge man mir nachsehen.)

1. Heyse kommt nicht ohne Adelungsches Betriebssystem aus
Wir sehen, nicht ohne anfängliches Staunen, wie viele Fehler im Bereich der s-Schreibung selbst von professionellen Schreibern und in Lehrern gemacht werden.
Dies allein genügt, um zu beweisen, wie schwierig die Beherrschung dieser Materie geworden ist. Gegen die theoretische Logik sprechen die mangelhaften Ergebnisse der Realität.

Ohne jeden Bezug und ohne jede Anleihe auf die klassische s-Schreibung ist Heyse eben nicht logisch. Wir alle können gar nicht anders, als Heyse ständig mit Adelung zu vergleichen, weil wir Adelung verinnerlicht haben. Und so geht es auch allen Reformbefürwortern. Sie sind unfähig sich die neue ss-Schreibung vorzustellen ohne das Adelungssche Betriebssystem. Beweis dafür sind Rechtschreibregeln, die man zur s-Schreibung aufgestellt hat. Direkt oder indirekt beziehen sie sich alle auf Adelung. Ohne Adelungsche Hintergrundmusik tönen sie nicht. Noch gibt es niemanden, der Heyse in Regeln packen könnte, die ohne Adelung-Betriebssystem auskommen. Bevor dies geschehen kann, müssen wir gestorben sein und mit uns all die Millionen Bücher in klassischer Rechtschreibung, die auch der nachwachsenden Generation immer wieder vors Auge kommt.

2. Schrift ist allein für das Auge gemacht, nicht für das Ohr.
Das Auge bestimmte deshalb, welche Buchstaben als lesefreundlichste sich etabliert haben. Die Buchstabenschrift mit breiten und schmalen, mit hohen und kurzen Lettern, mit Lücken und Löchern und allem, was uns eine störungsfreie Diskriminierung von Wortbildern ermöglicht, ist die Suche nach augenfreudnlichen und gut zu diskriminierenden Buchstabenfolgen.
So hat das ß seine Rolle erhalten: Im Orchester der zahlreichen s- und Zischlaute wurde es Schlußlaut. Seine Gestalt fiel dem Leser ins Auge und signalisierte automatisch den Silben- und Wortschluß. Das mußte niemand WISSEN. Man fühlte es.
In dieser Funktion muß das ß nach Adelung unserer Schreibintuition entgegenkommen, denn vor 1996 hat kaum jemand gegen die klassischen s-Regeln verstoßen, auch nicht die vielzitierten „Wenigschreiber“, mit denen ich selbst jahrelang zu tun hatte. Man kann daraus ableiten, daß Adelung dem Schreibempfinden entgegenkommt.
Nun mag man einwenden, die Schreibung sei ein willkürliche Festlegung, weshalb das ß auch nicht tabu sei. Dabei wird übersehen, daß Heyse ebenso willkürlich ist, wobei sich zur Willkür die Verletzung von Schreibtradition, Intuition und Lesbarkeitsanspruch gesellt. Für das lesende Auge ist Heyse eine ständige Irritation der Form des flachen und dicken s wegen. Wortfugen sind nicht mehr sichtbar.

3. Die „Hörregel“ führt in die Sackgasse.
Wer sich auf das Hören fixiert, wird der Tendenz nach viele Wörter mit ss schreiben, die aber mit ß geschrieben werden. Erstens klingen auch Zwielaute und Umlaute kurz (heissen, Füsse, Strasse), zweitens ist es eine ziemlich dumme Hoffnung zu glauben, der Schreibende habe ständig die Grammatik und den Wortstamm im Kopf und dächte stets daran, daß „hasst“ von „hassen“ stammt, während „hast“ von „haben“ kommen kann, es sei denn, es ist großgeschrieben. Wer schreibt, denkt an den Inhalt. Nur geübte Schreiber haben das Wortrepertoire im Hinterkopf, den meisten Menschen fehlen das nötige grammatische Grundwissen.

Eine Rechtschreibung, die der Intuition nicht entgegenkommt, ist nicht praktikabel.

Die Schulen lehren: nach kurzem Vokal ss. Dieser Unfug verstärkt auch die ohnehin durch optische Ähnlichkeit hervorgerufene Tendenz zur Verwechslung von das und dass. Das Relativpronomen das oder der Artikel das klingen meist nicht länger als das Bindewort daß. Niemand sagt: „Daaaas Haus, daaaas wir jetzt betreten …“

Und noch ein bislang kaum beachteter Faktor, durch den die neue s-Schreibung torpetiert wird: Durch die neue Trennregel (trenne stets st) entstehen noch mehr ss-Fallgruben. Früher trennten wir so:

mei-stens
fa-sten
Ki-sten

Man spreche dies laut aus. Die erste Silbe wird mit langem Vokal gesprochen.
Nun lernen die Kinder, und es wird ihnen regelrecht eingehämmert, das st zu trennen:

meis-tens
fas-ten
Kis-ten

Man spreche auch dieses laut. Wir hören „meiss“, fass“, Kiss.
In all dem wird ein fast unwiderstehlicher Zwang zum Schreiben von ss erzeugt, wo es nicht hingehört. Verstandesmäßige Einsicht in Regeln hilft nicht. Wann jemals haben im Leben Verstand und Einsicht eine Verhaltensänderung bewirkt? Man kann täglich sehen, wie wenig der Verstand beim Schreiben regiert, sonst würde nicht in Schriftstücken selbst aus „gutem Hause“ immer wieder gegen ebendiese Regeln verstoßen werden.

Bei Adelung wurde ss als Silbengelenk verwendet. Diese Funktion des ss ist nun verwässert, wie auch die Funktion des ß. Ich komme noch einmal auf die „Füsse“ zurück. Beim Sprechen kann man ein Silbengelenk bilden: „Füs-se“. Das erklärt vielleicht die weitverbreitete „Stras-se“. Mit dem Hören kann man eben eben keine gute Rechtschreibung ausbilden.


Fazit
Adelung mit dem ß als optisches Schlußsignal kommt der Schreiblogik entgegen, mehr als man sich das hat anfangs vorstellen mögen. Es gibt für die Fehlleistungen bei der s-Schreibung keine andere Erklärung als jene, daß Heyse sich intuitiv querstellt. Die Logik funktioniert nur im Vergleich mit Adelung. Entfällt der Vergleich, schwindet auch die Logik. Adelung selbst ist ebenfalls nicht logisch, sondern gute Tradition. Entfällt diese, wird auch die Logik von Heyse zerbröseln. Es ist die Scheinlogik, der wir alle auf den Leim gegangen sind.

Nur weil etwas nicht bis ins letzte erklärbar ist, muß es noch lange nicht „falsch“ sein. Bei den fortschrittlichen Intellektuellen besteht die Tendenz, all das als entsorgungsbedürftig zu kennzeichnen, was sie selbst nicht verstehen und erklären können.

Die neuen s-Regeln kommen nicht ohne Adelung aus: dies anstatt das, dies gegen das. Es sind Antagonisten, die ohne einander nicht auskommen. Wer meint, mit der Abschaffung des ß eine Lösung gefunden zu haben, irrt. Abgesehen von schlechterer Lesbarkeit und unschönem Schriftbild werden neue Unsicherheiten auftauchen: ss oder s? Dies scheint heute ein kleines Problem – aber wiederum nur auf dem Hintergrund der bekannten Adelungschen s-Schreibung. Wir können gar nicht anders als aus dieser Tradition heraus zu denken. Sie stützt das neue System, ist das Korsett. Ich habe Heyse und die Schweizer Schreibung vor kurzem als „Schmarotzerschreibungen“ bezeichnet. Sie funktionieren nur im Korsett der überall vorhandenen klassischen s-Schreibung. Ohne dieses würden sie zerfließen.

Die hier vorgetragenen Zeilen sind das Ergebnis unermüdlichen Nachsinnens über die s-Schreibung. Ich mag vielleicht auch irren, glaube aber, daß ich damit nicht so falsch liegen kann. Ich befasse mich schon allein beruflich viel mit Pädagogik und Schriftsatz. Die platzfressenden ss und sss empfinde ich immer noch als „Watschn“.
Abgesehen vom dümmlichen und realitätsverkürzenden Inhalt, was soll man von der großseitigen Werbekampagne einer österreichischen Partei im aktuellen Wahlkampf halten: Auf einem Plakat heißt es „Lebenslang muss lebenslang bleiben.“ Auf dem Plakat daneben liest man: „Asylmißbrauch stoppen“. Die „Asylmißbrauch stoppen“-Zeile benötigte die ganze Breite des Papiers. Hat man deshalb das platzsparende ß eingesetzt? Oder ist es ein Zeichen der Unbeherrschbarkeit einer „logischen“ Regel?

Alles läuft auf ein Scheitern von Heyse hin. Es kann gar nicht anders sein.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.09.2006 um 06.20 Uhr  
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Da wir seit je die Behelfsschreibungen ch, sch und etwas anders auch ng nicht verdoppeln, obwohl sie Silbengelenke darstellen, ergeben sich die eigentlich unbefriedigenden Trennungen: la-chen, wa-schen, sin-gen. Die Neuregelung hat ausdrücklich auch ck in diese Gruppe gezogen und damit die Zahl der Ausnahmen erhöht: Zu-cker. Dies beruhte auf einer Verkennung des systematisch unterschiedlichen Status von ck. ck ist keine Behelfsschreibung wie ch, sondern steht (§ 3) für kk, ist also eine Ligaturvariante und damit etwas ganz anderes. In diesem Sinne hat die Neuregelung tatsächlich die Silbenstruktur verdunkelt.


Kommentar von Yutaka Nakayama, verfaßt am 30.09.2006 um 09.59 Uhr   Mail an
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Liebe Frau Pfeiffer-Stolz,

Sie haben vollkommen recht. Weder Heyse noch Adelung sind zwar "logisch" im Sinne von Reformbetreibern, aber die letztere Schreibung ist mindestens öko"logischer".


Kommentar von Peter Schubert, verfaßt am 30.09.2006 um 11.06 Uhr   Mail an
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Zu Ziff. 1 der überlangen Zuschrift von Frau Karin Pfeiffer-Stolz:

"Noch gibt es niemanden, der Heyse in Regeln packen könnte, die ohne Adelung-Betriebssystem auskommen."

Wie ist es denn mit K 159 im Duden?


Kommentar von Charlotte, verfaßt am 30.09.2006 um 17.41 Uhr  
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Bei der Heyse-Schreibweise gibt es DREI Möglichkeiten, ein scharfes "s" am Ende bzw. Silbenende zu schreiben, nämlich:
"s" (z.B. in Zeugnis oder Bus), "ss" (z.B. in Schluss) oder "ß" (z.B. in Gruß). Bei Adelung gibt es nur ZWEI Möglichkeiten; ein "ss" am Ende gibt es nicht. Merksatz "ss am Schluß bringt Verdruß"... Hieran ist doch schon erkennbar, daß die Heyse-Schreibweise fehlerträchtiger sein muß, oder?


Kommentar von borella, verfaßt am 30.09.2006 um 19.38 Uhr  
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Bei Heyse stören mich die Dreifachbuchstaben bei Wortzusammensetzungen (Stolperstelle, wie alle anderen Dreifachbuchstaben) und die Trennunlogik; wo immer schon Doppel-s stand wird zwischen den s getrennt, wo es erst neu durch Heyse hinkam, trennt man die s nicht (obwohl ich Dinge wie Schlus-sverkauf oder Mes-sfeld schon gesehen habe).

Eine Ursache für viele Fehler scheint auch der verbreitete Usus zu sein, einen Text als abgeschlossen zu betrachten, nachdem der letzte Buchstabe getippt ist. Korrekturlesen ist Zeitvergeudung und damit Luxus. Der Leser wird schon verstehen, was gemeint ist.


Kommentar von Peter Schubert, verfaßt am 30.09.2006 um 20.53 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4918

Liebe Charlotte,

ob es zwei, drei oder vier Möglichkeiten gibt, ein Wort zu schreiben, kann ja wohl kein Kriterium sein. Ob es Finanzen, Vinanzen, Phynanzen oder Pfynanzen heißt, kann man nicht mit dem Wüürfel, sondern nur mit der Etymologie entscheiden. Übermäßig fehlerträchtig ist das Wort "Finanzen" nicht.


Kommentar von Germanist, verfaßt am 30.09.2006 um 22.57 Uhr  
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Bei der Etymologie kommt es darauf an, wie weit man zurückgeht: Entsprechend der mittellateinischen ersten Stufe "finantia" könnte man "finantiell" schreiben, entsprechend der französischen zweiten Stufe "finances" "financiell" und entsprechend der dritten eingedeutschten Stufe "Finanzen" "finanziell". Es gibt viele solche Wörter.


Kommentar von Charlotte, verfaßt am 01.10.2006 um 08.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4920

Lieber Peter Schubert,

es geht doch hier um den Vergleich zweier Systeme für die ss/ß-Schreibung und außerdem spielt bei der Herleitung der richtigen Schreibweise die Vokallänge eine Rolle. Irgendwie hinkt da Ihr Beispiel.

Viele stellen wohl auch eher selten irgendwelche etymologischen Überlegungen an, sondern schreiben eher nach Gefühl. Und dabei kommt es wegen der Ähnlichkeiten von „s“, „ss“ und „ß“ eben häufiger zu Verwechslungen, weil es offenbar – auch relativ guten Rechtschreibern – Schwierigkeiten bereitet, die Vokallänge richtig einzuschätzen (Gruss, Spass, Strasse, Weissbier, Zeugniss, Buss, Missthaufen etc.). Da spielt es bei der Fehlervermeidung m.E. schon eine Rolle, wenn es eine Variante weniger für das scharfe s am Ende oder Silbenende gibt. Und das ist eben (neben vielen anderen) auch EIN Argument gegen Heyse … Offensichtlich wird auch nur verkürzt gelehrt „ss nach kurzem Vokal“ oder es bleibt nur dies hängen…

„ss am Schluß bringt Verdruß“ bei Adelung stimmt immer, „ss nach kurzem Vokal“ bei Heyse aber nicht…

Dazu kommt natürlich noch, daß es überall vor falschen Schreibweisen nur so wimmelt (komisch eigentlich, soll doch alles so logisch und einfach sein…?), die das Einprägen der richtigen Schreibweise erschwert.

Reichen Sie doch mal ein paar Argumente für die Heyse-Schreibung her. Ich kenne keins, außer dieser nebulösen Aussage, daß sie „logischer“ sein soll.


Kommentar von W. Cremer, verfaßt am 01.10.2006 um 10.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4921

Seit langem verfolge ich die Einträge in diesem Forum mit Interesse. Im Grunde wiederholen sich die Argumente einiger Diskutanten ständig, da wäre weniger mehr. Es gibt allerdings bemerkenswerte Beiträge, für die es sich lohnt, immer wieder diese Seite zu besuchen, dafür sei den Betreibern gedankt. Besonderer Dank gilt Herrn Ickler.
Ich will weiter passiv bleiben, doch dies muß ich einmal loswerden:
Verwundern muß, weshalb nicht Bezug genommen wird auf Beiträge, die wirklich Nachdenkenswertes enthalten statt der unergiebigen Allgemeinplätze. Ein Beispiel: die gelegentlichen Beiträge von Frau Pfeiffer greifen praxisbezogene Aspekte auf. Diese werden in der Diskussion vernachlässigt. Dabei ist doch der Praxisbezug das wichtigste: Funktioniert etwas, oder funktioniert es nicht? Bei den Ärzten heißt es: Wer heilt, hat recht. Da interessieren pharmakologische oder „wissenschaftliche“ Einwände wenig.
So auch hier: Das Festkrallen an irgendwelchen Formeln oder Logiken führt in der Sache selbst keinen Schritt weiter. Die neue s-Schreibung funktioniert eben in der Praxis schlecht, wie Charlotte richtig feststellt. Deshalb sollte man endlich aufhören, gebetsmühlenhaft die Logik einer unpraktikablen Regel zu betonen und sich dabei (ungewollt) der Position der Rechtschreibbefürworter annähern. Kompromisse in fragwürdigen Dingen sind schon immer der Anfang vom Ende gewesen.


Kommentar von Peter Schubert, verfaßt am 01.10.2006 um 11.12 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4922

Liebe Charlotte,

ich gebe Ihnen zu, daß meine Varianten von "Finanzen" nicht sehr weiterführend sind.

Das Hauptargument für die Heyse-Schreibung ist, daß sie die Vokallänge eindeutig anzeigt. Dadurch vermindert sie die Fehlerträchtigkeit. Mit dieser Meinung stehe ich in diesem Kreis alleine, das weiß ich. In diesem Forum werden immer wieder genüßlich ss/ß-Fehler serviert. Keiner will sich mehr daran erinnern, wie viele solcher Fehler schon vor der Rechtschreibreform gemacht wurden. Ich weiß aber noch, wie aussichtslos es war, einem Schreiber klarzumachen, daß es zwar "Elsaß", aber "Elsässer", "Roß", aber "Rösser" heißen mußte.

Die beiden Merksätze "ss am Schluß bringt Verdruß" und "ss nach kurzem Vokal" stimmen, jeder in seinem Betriebssystem, immer, aber nur, wenn zwischen ss und ß zu entscheiden ist. Bei der Wahl zwischen ss/ß und s sind beide keine Hilfe.

Ja, Herr Cremer, ich wiederhole mich schon wieder. Das tun hier alle.
Im übrigen meine ich, daß die Diskussion Heyse vs. Adelung fruchtlos ist. Bei der Rechtschreibreform muß und wird es noch Korrekturen bei der Groß- und Kleinschreibung sowie der Getrennt- und Zusammenschreibung geben, sei es durch Festlegung, sei es durch den Schreibgebrauch. Und man kann ruhig einmal zugeben, daß auf diesen Gebieten die deutsche Sprache schon immer in Bewegung war, auch vor 1901. Nachdem aber der Axel-Springer-Verlag mit allen seinen Publikationen wieder auf Neuschrieb umgeschaltet hat, ist die Sache mit dem ck, dem st und dem ß erledigt.



Kommentar von Rominte van Thiel, verfaßt am 01.10.2006 um 11.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4923

Wenn die Vokallänge angeblich so ein wichtiges Kriterium ist, wie ist es dann mit der neuen eigenartigen (Nicht-)Trennung von -ck-? Die Trennung beglü-cken läßt erst einmal einen langen Vokal vermuten, so daß der Leser bis zum Lesen der neuen Zeile in die Irre geführt wird, genauso bei drü-cken, wo der Leser ein Wort wie drü-ben vermutet. Wenn man -ck- bei der Trennung nicht in -kk- auflöst (weil Zuber und Zuckung nun mal verschieden gesprochen werden), müßte man dementsprechend auch wi-ssen trennen.


Kommentar von Germanist, verfaßt am 01.10.2006 um 14.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4926

W. Cremer ist zuzustimmen: Wenn die neue Rechtschreibung in gedruckten Texten eindeutig zu mehr Fehlern führt als die alte, ist sie eindeutig schlechter. In der Schule geschriebene Texte zählen nicht mit, weil dort noch Übergangsschreibweisen gelten und die Lehrer lieber zuwenige als zuviele Rechtschreibfehler anstreichen.


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 01.10.2006 um 16.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4927

Es werden nicht nur mehr Fehler gemacht, sondern noch schlimmer: Menschen, die einmal recht sicher in Orthographie waren, wissen plötzlich nicht mehr, wie sie schreiben sollen. Das hat nichts mit Übergangsschwierigkeiten zu tun (nach 10 Jahren!), sondern in der Reform ist einfach der Wurm drin. Sie steht quer zum intuitiven Können. Ich frage mich manchmal, wieso ich selbst nie s, ss und ß verwechsle, während jede Ausgabe einer Zeitung mindestens einen solchen Fehler enthält. ("Das auch Biogemüse tödliche Gefahren bergen kann..." WELT-online). Nun gut, das macht wahrscheinlich das Korrekturprogramm. - Herrn Cremer ist zuzustimmen: Die scharf- und tiefsinnigen Debatten um Heyse und Adelung führen in der Praxis (auf die allein es ankommt) zu nichts. Prof. Ickler hat es schon früh ausgesprochen: Die Theorie liefert nicht mehr und nicht weniger als den Kommentar zu den beobachtbaren sprachlichen Fakten.


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 01.10.2006 um 21.12 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4928

Zu Herrn Wagner (#4909):
Ich bin nach wie vor anderer Meinung. Die RSR hat die Trennung nach Sprechsilben keineswegs zurückgedrängt, sie hat sie im Gegenteil sogar verstärkt. Die Hauptkritik an der reformierten Regelung war doch gerade, daß diese die strukturelle Trennung bei Fremdwörtern (und bei einigen wenigen deutschen Wörtern) zugunsten der Trennung nach (vermeintlichen) Sprechsilben zurückdrängen wollte.
Insofern ist die Bezeichnung "Worttrennung am Zeilenende" durchaus zu vertreten, denn nicht immer wird nach Sprechsilben getrennt.
Der alte Duden konnte nur deshalb einfach von Silbentrennung sprechen, weil er etwas gekünstelt zwischen Sprech- und Sprachsilben unterschied.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 01.10.2006 um 21.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4929

Was ist der Unterschied zwischen Sprech- und Sprachsilben? Damit kenne ich mich nicht aus, könnten Sie das freundlicherweise kurz erläutern?


Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 02.10.2006 um 03.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4930

Lieber Herr Schubert,

Sie mögen zwar mit Ihrer Einschätzung der sogenannten Heyseschen s-Schreibung hier alleine dastehen (auch wenn das nicht so ganz stimmt), aber das macht doch überhaupt nichts. Solange man in gesitteter Manier Meinungen austauscht, auch wenn diese nicht übereinstimmen (dann bräuchte man sie auch nicht auszutauschen), ist das doch völlig in Ordnung.

Gestatten Sie mir deshalb, auf Ihre Argumentation einzugehen.

Das Hauptargument für die Heyse-Schreibung ist, daß sie die Vokallänge eindeutig anzeigt. Dadurch vermindert sie die Fehlerträchtigkeit.

Die einzige Erleichterung, die ich hier sehe, ist eine Erleichterung der Aussprache des gelesenen Textes, denn wenn Heyse die Länge anzeigt, dann setzt das ja den geschriebenen Text voraus. Insofern spiegelt Ihre Aussage meine Erfahrungen aus anderen Diskussionen mit Pseudo-Heyse-Befürwortern wider, die meinten, diese Schreibweise sei doch eine willkommene Gelegenheit, die korrekte hochdeutsche Aussprache zu erlernen. Ich sehe darin eine Geringschätzung gerade der Zielgruppe, die von der Reform am meisten profitieren sollte, nämlich der Wenigschreiber. Häufig handelt es sich bei diesen um Dialektsprecher, die niemals in ihrem Leben die hochdeutsche Aussprache lernen werden (in einem Bundesland ist man darauf sogar besonders stolz). Es kommt noch hinzu, daß die Reformer hier, wie auch in anderen Teilen ihrer Neuregelung (z. B. der Fremdwortschreibung), Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzen, die gerade bei orthographisch Unsicheren einfach nicht gegeben sind. In diesem Fall ist es die Fähigkeit, Vokallängen und -kürzen zu hören. Selbst Akademiker, die kein Studium einer Sprache absolviert haben, und das dürften die meisten sein, sind an dieser Stelle oft im wahrsten Sinne des Wortes "taub". Das dürfte die unglaublich vielen Fehler in der s-Schreibung seit der Reform wenigstens teilweise erklären.

Ich weiß aber noch, wie aussichtslos es war, einem Schreiber klarzumachen, daß es zwar "Elsaß", aber "Elsässer", "Roß", aber "Rösser" heißen mußte.

Wie kommt es dann, daß es trotzdem fast niemand falsch geschrieben hat?

Die beiden Merksätze "ss am Schluß bringt Verdruß" und "ss nach kurzem Vokal" stimmen, jeder in seinem Betriebssystem, immer, aber nur, wenn zwischen ss und ß zu entscheiden ist.

Das ist richtig und auch wieder nicht, und darin liegt möglicherweise der Erfolg der sicheren Anwendung der Adelungschen Schreibweise begründet. "ss vor t und am Schluß bringt Verdruß" gilt immer und ohne Einschränkung. Es gibt kein Vertun, und es sind keine Ausnahmen zu beachten (außer Eigennamen und eine Handvoll Fremdwörter aus dem Englischen, die auch mit ss am Schluß geschrieben werden durften, etwa "Fitness"). Die Regel hätte eigentlich so recht nach dem Geschmack der Reformer sein müssen, denn sie läßt sich mechanisch, ja geradezu stumpfsinnig anwenden und erzeugt dabei lesetechnisch weitaus bessere Resultate als Pseudo-Heyse.

"ss nach kurzem Vokal" bedarf hingegen des Auswendiglernens zahlreicher Ausnahmen und Bedingungen, die selbst dann noch kompliziert sind, wenn man die oben genannten Schwierigkeiten außer acht läßt. Die Regel gilt eben so nicht, es sei denn, man versteht sie als bloßes "Ersetzen", und das bedeutet eben, daß die Folie Adelung im Hintergrund immer präsent sein muß.

Bei der Rechtschreibreform muß und wird es noch Korrekturen bei der Groß- und Kleinschreibung sowie der Getrennt- und Zusammenschreibung geben, sei es durch Festlegung, sei es durch den Schreibgebrauch.

Ganz gewiß. Aber nicht nur hier, sondern auch im Bereich der Augstschen Etymogeleien und der Fremdwortschreibung, die ja durch die Reform unerträglich schwierig geworden ist.

Und man kann ruhig einmal zugeben, daß auf diesen Gebieten die deutsche Sprache schon immer in Bewegung war, auch vor 1901.

Sie werden hier sicherlich niemanden finden, der Ihnen widerspricht, ganz im Gegenteil. Reformkritiker haben von Anfang an beklagt, daß die sogenannte Rechtschreibreform die deutsche Schriftsprache in ein Korsett zwängt, das gerade der von Ihnen angesprochenen "Bewegung" zuwiderlief. Die Getrennt- und Zusammenschreibung oder die Groß- und Kleinschreibung sind hier die Paradebeispiele. Das kommt eben davon, wenn man versucht, Dinge endgültig zu regeln, die sich ihrer Natur nach eben nicht in Regeln pressen lassen, jedenfalls nicht ohne Schäden, die mit der Ersetzung einer grünen Wiese durch eine grün angestrichene Betonfläche zu vergleichen sind.

Nachdem aber der Axel-Springer-Verlag mit allen seinen Publikationen wieder auf Neuschrieb umgeschaltet hat, ist die Sache mit dem ck, dem st und dem ß erledigt.

Sicherlich nicht. Nur die Rückkehr zu besser les-, lehr- und lernbaren Schreibweisen verzögert sich dadurch erheblich.

Vielen Dank übrigens, daß Sie entgegen Ihrer Überzeugung die Adelungsche s-Schreibung verwendet haben.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.10.2006 um 07.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4931

Manche Autoren unterscheiden die phonetische Sprechsilbe von der morphologischen Sprachsilbe, aber das ist eher irreführend, denn die Morphologie nimmt auf die lautliche Gliederung keine Rücksicht. Man sieht das z. B. an der "Sprachsilbe" ung. Besser ist es, hier von Morphemen zu sprechen. Eisenberg hat noch die "Schreibsilbe" eingeführt, es ist aber strittig, ob eine autonome Definition der Schreibsilbe möglich ist oder ob man dabei doch auf die Sprechsilbe schielt. Anders gefragt: Wenn wir von einer nur alphabetschriftlich überlieferten Sprache gar nicht wüßten, wie sie klingt, könnten wir vielleicht ihre Morpheme erkennen, aber die Schreibsilben?


Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 02.10.2006 um 09.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4932

Wenn ich Post von Schulkindern bekomme, dann freue ich mich und antworte auch. Vor den Sommerferien schrieben mir Erstkläßler. Im Rahmen des „Freien Schreibens“ hatten sie kleine Mitteilungen an mich (als Autorin eines Kinderbuches) verfaßt.
Freies Schreiben in der ersten Klasse bedeutet, daß der Lehrer sich jeder Fehlerkorrektur enthält. Die Kinder schreiben also wirklich frei. Manches dabei ist schlicht unleserlich, wird aber als Fortschritt gefeiert, denn beim Schreiben kommt es ja vor allem darauf an, alle Fesseln der Konvention abzuwerfen. Damit der Spaß erhalten bleibt.

Nun waren die Briefe, auf die ich mich jetzt beziehe, recht ordentlich, die meisten Texte kamen normgerecht einher. Die Lehrerin macht offensichtlich guten Unterricht (Bayern!). Eines beeindruckte mich jedoch sehr: Zwei Kinder benutzten beim Schreiben das ß - das eine Kind bei „daß“ (zweimal, also kein Unfall), das andere bei „bißchen“. Natürlich hat sich die Lehrerin an die Richtlinien des „Freien Schreibens“ gehalten und weder das eine noch das andere angestrichen.

Die Frage drängt sich auf: Wie kommt es, daß Schüler am Ende des ersten Schuljahres „daß“ und „bißchen“ schreiben? Beide Wörter kommen häufig in der Grundschule vor und müßten eigentlich mit ss verinnerlicht sein.


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 02.10.2006 um 11.42 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4934

"Kleidermacher"

Interessant ist es ja, daß man die Sprachpuristen immer in den Reihen der Reformgegner sucht, während die Erneuerer immer ein liberales Röckchen tragen. Ein kurzer Streifzug in den Lebens- und Schaffensweg des Sprachwissenschaftlers Johann Christoph Adelung (8.8.1732 bis 10.9.1806) soll den Begriff der „Liberalität“ und den Umgang mit ihr ein bißchen erläutern.

J. Ch. Adelung hat keineswegs den Buchstaben „ß“ erfunden. Die sog. Ligatur (das ist in diesem Falle die Zusammenschmiedung zweier unterschiedlicher Darstellungsformen des Buchstabens „s“) existierte bereits im Schriftwesen, insbesondere in der Fraktur und in der Sütterlinschrift. Allerdings hat der Grammatiker Adelung die Ligatur fein analysiert. Unter anderem stellte er einen grundsätzlichen Unterschied im Bereich der Ligatur selbst fest, und er verdeutlichte seine eigentlich banale Erkenntnis sinngemäß wie folgt: 1. Das „ß“ in „Fuß“ hat eine eigene Funktion – (nämlich eine phonetische). 2. Das „ß“ in „Faß“ hat völlig andere Funktion – (nämlich eine ästhetische und ökonomische).

Adelung hat auch diese Funktionen nicht erfunden, denn sie existierten bereits im Schreibusus der Bevölkerung. Allerdings lieferte Adelung die wissenschaftliche Begründung dafür, so daß sich das „ß“ nach kurzem Selbstlaut (am Silbenschluß und am Wortende) im allgemeinen Schreibgebrauch durchsetzen konnte bzw. etablieren durfte. Und im eigentlichen Sinne hat Adelung als renommiertester deutscher Sprachwissenschaftler seiner Zeit nur etwas zugelassen, was im Grunde von der Grammatik (vom Stammprinzip her!) gar nicht erlaubt war.

Zugeständnisse gemacht zu haben an den „schreibenden Pöbel“, war das eigentliche Verdienst J. Ch. Adelungs. Nur mit Übersicht und Kompromißfähigkeit konnte er den schwierigen Rechtschreibfall der „S-Laute“ zufriedenstellend lösen. Immerhin ist der Buchstabe „s“ der am häufigsten vorkommende Mitlaut des deutschen Alphabets. Immerhin hat das „s“ zahlreiche Zusatzfunktionen (es dient als Verbindungs-, Konjugations-, Deklinations- und Suffixelement ...), und Professor Adelung hat erkannt, daß man nicht jedes „ß“ dahingehend verpflichten kann, daß es eine phonetische oder stammprinzipielle Rolle einnimmt. Im übertragenen Sinne hat Adelung an einer neuen Kleiderordnung mitgewirkt. Er hat das „ß“ nach kurzem Selbstlaut salonfähig gemacht.

Man könnte sich nun wundern, daß die gegenwärtigen Machthaber in den Regierungssesseln, an den Universitäten, in den Presse-, Ausbildungs- und Wirtschaftszentren jenem liberalen und weitsichtigen Sprachwissenschaftler keine Referenz mehr erweisen wollen. Man könnte sich maßlos darüber aufregen, daß mit staatlicher Gewalt die Vorzüge eines perfekt durchdachten (von Kompromissen getragenen) Systems vom Tisch gefegt werden.
Warum aber wundern. Es gibt einen neuen Zunftmeister namens Heyse. Und wie eh und je gibt der Zunftmeister die Kleiderordnung aus.

„Leute machen Kleider!“ Nicht umgedreht!


Kommentar von Guido Meyer, verfaßt am 02.10.2006 um 13.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4935

Beim Streit um Adelung oder Heyse geht es im Grunde darum, wie man am besten aus einer deutschen Schriftpeinlichkeit eine Tugend macht. Professor Ickler hat mehrfach darauf hingewiesen, daß es bei uns keinen besonderen Buchstaben für den stimmhaften "s"-Laut gibt. Davon ist nicht der Wortanfang ("s" stets stimmhaft) und auch nicht das Wortende betroffen (wo generell die Auslautverhärtung gilt). Problematisch ist dagegen die Darstellung des "s"-Lauts zwischen zwei Vokalen. In dieser Stellung folgt glücklicherweise das stimmhafte "s" stets einem langen Vokal, folglich bot sich zur Bezeichnung der Vokalkürze und zugleich der Stimmlosigkeit des "s" die Verdopplung an. Hier wurde jedoch ein Loch geflickt und zugleich ein anderes aufgerissen: Wenn nun umgekehrt der Langvokal vor stimmlosem "s" zu bezeichnen ist, wie verfährt man dann? Die Lösung lautet bekanntlich bei Adelung wie bei Heyse: Man verwendet die Ligatur "ß". Professor Ickler attestiert ihr in "Falsch ist richtig" (S. 30), daß man das "ß" in dieser Verwendung am besten als "Einzelbuchstaben" betrachtet. Das hebt aber seine Herkunft als Verschmelzung von zwei "s" nicht auf, und so erscheint diese bei Adelung auch am Silbenende. Das wiederum hält Heyse für gefährlich (er sagt sogar "verwerflich"), denn nun sind Vokallänge oder -kürze nicht mehr zu unterscheiden. Die Schweizer haben sich inzwischen über beide hinweggesetzt und kümmern sich überhaupt nicht mehr um die Vokalquantität: "ss" bezeichnet die Stimmlosigkeit, weiter nichts. Wo den Lesern nur Adelung, Heyse oder der Schweizer Brauch begegnen, haben sie als Schreiber keine Schwierigkeiten damit. Gilt jedoch keine einheitliche Norm, geraten wenig souveräne Schreiber in die Bredouille.

Der Streit ginge um des Kaisers Bart, wenn nicht so viele Wörter betroffen wären. Das vermehrte Vorkommen von "ss" ist jetzt schon das Markenzeichen der "neuen deutschen Rechtschreibung", so wie "Eigentum" (statt ("Eigenthum") und Heldentat (statt "Heldenthat") die Schreibmoderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts einläuteten. Epochenwechsel werden im Deutschen eben orthogaphisch bezeichnet. Übrigens hat die deutsche Rechtschreibung in dieser Hinsicht noch lange nicht ihr Pulver verschossen. Die nächste Rechtschreibreform wird wahrscheinlich nicht erst in weiteren hundert Jahren kommen. Ihr Signum steht jetzt schon fest: Die Einschränkung der Großschreibung auf Satzanfänge und Eigennamen. Prophylaktisch könnte man ja schon einmal dagegen argumentieren, aber vielleicht sollte man sich doch von dem gerade abklingenden Streit warnen lassen: Es scheint Kulturgesetze zu geben, die so unerbittlich sind wie Naturgesetze. Wer wird sich mit diesen anlegen?


Kommentar von Stefan Stirnemann, verfaßt am 02.10.2006 um 15.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4936

Kulturgesetze?
Es gibt keine Kulturgesetze, und wenn es sie gäbe, so würden sie sicher nicht von Kultusministern und Erziehungsdirektoren erlassen.
Wer allerdings alles mitmachen und überall dabei sein will, der nennt am besten das, wovor er sich auf den Boden wirft, ein unerbittliches Kulturgesetz. Der Boden ist dann vielleicht etwas weniger hart.


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 02.10.2006 um 15.23 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4937

„Falschspülereien“

Guido Meyer schreibt: „Problematisch ist dagegen die Darstellung des ‚s’-Lauts zwischen zwei Vokalen. In dieser Stellung folgt glücklicherweise das stimmhafte ‚s’ stets einem langen Vokal, folglich bot sich zur Bezeichnung der Vokalkürze und zugleich der Stimmlosigkeit des ‚s’ die Verdopplung an. Hier wurde jedoch ein Loch geflickt und zugleich ein anderes aufgerissen: Wenn nun umgekehrt der Langvokal vor stimmlosem ‚s’ zu bezeichnen ist, wie verfährt man dann? Die Lösung lautet bekanntlich bei Adelung wie bei Heyse: Man verwendet die Ligatur ‚ß’.“

Einwand: Die Darstellung des „S-Lautes“ zwischen zwei Vokalen löst absolut keine Schwierigkeiten aus. Entscheidend bei der Lösung der S-Laut-Problematik in diesem speziellen Bereich ist jedoch die Bereitschaft der Regulierenden und der Gemaßregelten, daß beiderseits auf gewisse Sonderheiten und eingeschliffene Wortbilder verzichtet wird. Im Falle einer "notwendigen" Regeländerung gilt es, das kleinere oder das kleinstmögliche Übel zu wählen.

Begründung:
1. Für den S-Laut nach kurzem Selbstlaut (nebst nachfolgendem Selbstlaut) folgt eine automatische Mitlautverdopplung. Mitlautverdopplung bedeutet dabei nicht unbedingt, daß der Mitlaut zweifach zu schreiben ist (siehe Wortbeispiele: „fasten, faßten, fassten, nisten, lustig ...“). Besonders das „t“ übernimmt häufig die Verdopplungsfunktion („Halbligatur“: „st“). Mit Hilfe sog. Ableitungen läßt sich das „t“ allerdings oftmals isolieren. Wenn es z.B. möglich ist das Wort „faßten“ vom Wort mit dem Bedeutungsinhalt „fassen“ abzuleiten, dann muß das „s“ selbst verdoppelt werden. Ableitungen sind im Rechtschreibunterricht so geläufig wie das Amen in der Kirche. Sie sind gängige Kodier- und Dekodiermethoden. In einigen Fällen versagen sie; besonders dann, wenn der kindliche Wortschatz einen äußerst begrenzten Umfang hat.
2. Für das „ß“ nach langem Selbstlaut (nebst nachfolgendem Selbstlaut) gibt es prinzipiell keine Begründung. Es sei denn, man möchte zusätzlich eine Unterscheidung verdeutlichen (Unterscheidung bzgl. der Stimmhaftigkeit bzw. Stimmlosigkeit; Unterscheidung bzgl. des Bedeutungsinhalts). „Füße“ könnte man mit gleichem S-Laut schreiben wie „Hase“. Allerdings wäre „Muße“ von der „Muse“ zu scheiden, während sich die „Mase“ (bei Verzicht auf phonetische Hervorhebung) automatisch von der „Masse“ abheben würden.

An anderer Stelle habe ich einmal behauptet, daß man das falsche „ß“ beseitigt hat. Diesen Vorwurf wiederhole ich hier: Prozentual gesehen hat man nämlich ungleich mehr Wortbilder verändert als es im anderen Falle (nach Langvokal oder Zwielaut) nötig gewesen wäre, und man hat sich zudem im Wortfugenbereich (insbesondere nach Aufhebung der einstigen Dudenregel 204) einen neuen Problembereich eingehandelt.
Ich selbst habe nie einen Anlaß für Änderungen gesehen. Die bestehende Regel konnte ich wertschätzen und vermitteln. Dabei habe ich, wie es phonetisches Brauchtum war, im Unterricht Kehlkopf-, Atemhauch-, Sprech- und Fühlproben durchführen lassen. Hirnproben habe ich auch genommen mittels sog. Leistungsnachweise. Die gerieten sogar recht ordentlich.
Aber mir scheint, daß nach der staatlichen Gehirnwäsche (quasi in Nebenwirkung) auch äußerst viel Substantielles hinweggespült worden ist.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 02.10.2006 um 15.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4938

Zu Herrn Schaefer (#4930):
Herr Schubert hat klar gesagt, daß es nur die Entscheidung zwischen ss und ß ist, bezüglich derer die beiden Merksätze „ss am Schluß bringt Verdruß“ und „ss nach kurzem Vokal“ jeder in seinem Betriebssystem stimmen, und das ist ja völlig richtig.

Andererseits hatte Herr Schubert bereits selbst darauf hingewiesen (#4867), daß eine solche Regel nur dem hilft, der schon weiß, wann der stimmlose s-Laut mit einfachem s zu schreiben ist und wann nicht (sondern mit ss/ß, wobei die Unterscheidung zwischen diesen beiden zunächst keine Rolle spielt). Hierzu zwei Fragen:
(a) Welche Konsequenzen bezüglich der Verwechslungsmöglichkeit mit s haben die beiden zitierten Merksätze?
(b) Stellt sich die Frage der s-Laut-Schreibung wirklich in der beschriebenen Form, daß zuerst zwischen s auf der einen Seite und „nicht-s“ auf der anderen Seite unterschieden werden muß?

Zu (a): Bei „ss am Schluß bringt Verdruß“ kann es nur noch eine Verwechslung (bzw. eine Unsicherheit/Unklarheit in der Schreibung) zwischen s und ß geben, bei „ss nach kurzem Vokal“ nur zwischen s und ss (außer bei Eigennamen und davon abgeleiteten Wörtern [„Litfaßsäule“], die aber generell nicht unter die Rechtschreibregeln fallen; ein anderer Fall, daß im Heyseschen System nach kurzem Vokal regulär ß steht, ist mir nicht bekannt, und ich halte es für sehr unwahrscheinlich, daß der Diphthong in dreißig als kurz empfunden wird – wie ich auch sonst davon ausgehe, daß die Vokalquantität korrekt erkannt wird).

Mein Lieblingsargument an dieser Stelle ist, daß ich den Unterschied im Schriftbild zwischen s und ß für augenfälliger halte als den zwischen s und ss, was für die Entscheidung zwischen beiden günstiger ist: Wenn man sich unsicher ist und daraufhin beide Schreibungen ausprobiert, wird man eine von beiden als seltsam/komisch/ungewöhnlich empfinden und sich für die andere entscheiden. Was man aber als seltsam/komisch/ungewöhnlich empfindet, hängt stark davon ab, worauf man geprägt ist. Die Herangehensweise „was komisch aussieht, ist falsch“ kann in beiden Systemen funktionieren.

Zu (b): Wie ich an anderer Stelle ausführlich dargestellt habe, entspricht diese Herangehensweise keinem der beiden Systeme (siehe hier). Wenn man sich überlegt, welcher der drei Schreibungsfälle (s/ss/ß) sich deutlich von den anderen beiden abhebt (etwa dadurch, daß man ihn in der jeweiligen Regelung gewissermaßen ohne weitere Umstände und mit relativ hoher Sicherheit identifizieren kann), kommt man m.E. auf folgende Herangehensweise: Im Gottsched-/Adelungschen System ist die Unterscheidung zwischen ss und den anderen Möglichkeiten (s/ß) primär, im Heyseschen System die zwischen ß und s/ss.

Fazit: Man kommt nicht darum herum, zu wissen, wann nur ein einfaches s geschrieben wird, und also sollte dasjenige System als das bessere betrachtet werden, bei dem in der Praxis weniger Verwechslungen mit s vorkommen.


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 02.10.2006 um 17.48 Uhr   Mail an
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„Fisherman`s friend“

Herr Wagner und Herr Schubert vergleichen die beiden Merksätze „ss am Schluß bringt Verdruß“ und „ss nach kurzem Vokal“. Sie konstatieren, daß beide Merksätze in sich schlüssig sind.

Anmerkung: Zu beiden Merksätzen gibt es Ausnahmen:
a) „Wellness, stressless, business, miss ...“ sind neue Wortbilder, die aufgrund ihres internationalen Flairs in den Kinderstuben Einzug gehalten haben. D.h.: Zusätzlich zu den Gruppen der Fremdwörter und Lehnwörter muß wohl baldigst eine neue Kategorie (z.B. die Gruppe der „Globalwörter“) aufgemacht werden. Dieses Globale verlangt Offenheit und Deregulierung.
b) Bei Wörtern wie „Fuß, Geschoß, Maß ... – Bus, Zeugnis ... Lust, Knospe, Flasche ...“ benötigte man schon immer ein bißchen Zusatzwissen und ggf. Kompromißfähigkeit.
Besonderheiten in der regional üblichen Aussprache, Sonderregelungen für Kurzwörter, Lehnwörter, Fremdwörter und Nachsilben sowie ligaturähnliche Verbindungen („st“, „sp“ und „sch“) verlangten seit jeher ein Basisverständnis. Ohne Sprachraumerweiterung in Richtung Globalität war jenes schon immer vonnöten, und es gehört zu den großartigen Leistungen deutscher Sprachwissenschaftler, daß sie auf Probleme, die meist von außen hereindrangen, fach-, sachgerecht und dezent reagiert haben.

Zum obigen Vergleich:
Ist es denn möglich, mit mathematischer Genauigkeit einwandfrei festzustellen, welcher Merksatz in der Gesamtheit aller denkbaren Fälle besser und sicherer funktioniert?
Welche Testreihe müßte man hierzu statuieren; welchen Zeitraum festlegen? Genügen zehn Jahre?
Zweitens: Kann man seine Wahl für das schlechtere System eigentlich damit begründen, daß es schließlich auch im anderen System aufgrund des „Sprachwandels“ Ausnahmen gibt? Mathematik hat doch etwas mit Mengen und Zahlenverhältnissen zu tun; mit weniger und mehr, mit besser oder schlechter! Und Wissenschaft hat doch etwas mit Ethos zu tun! Ist es in diesem Zusammenhang nicht verräterisch, wenn „eine“ Darmstädter Akademie im Fall "Rechtschreibreform" von der zweitbesten Lösung spricht?

Im übrigen gibt es in alle Ewigkeit Ausnahmen von der Regel. Eine solche bildet z.B. Reichsminister Rust – zweifelsfrei kein Wissenschaftler. Er hat aber zahlreiche Nachahmer gefunden scheinbar auch in der Reihen der Wissenschaft!


Kommentar von Peter Schubert, verfaßt am 03.10.2006 um 08.57 Uhr   Mail an
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Volle Zustimmung zu Herrn Wagner (vom 2.10., 15.31) einschließlich des Fazits, wobei offen bleiben kann, wo die Verwechslungsgefahr größer ist.

Eine Anmerkung zu Herrn Schäbler (2.10, 17.48): Das Heyse-System löst locker das Problem mit englischen Fremdwörtern mit Doppel-s im Auslaut. Schreibungen wie Business sind dann keine Ausnahmen mehr. Nach altem Duden musste "Stewardess" mit ß geschrieben werden. Auch dazu kann man Herrn Wagner zitieren: Was komisch aussieht, ist falsch. Eine Anmerkung zur Anmerkung: Englisch ist nicht meine Stärke. Aber das Wort "Wellness" steht nicht in meinem Wörterbuch. Ist das vielleicht auch so eine Bildung wie Handy?


Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 03.10.2006 um 12.03 Uhr  
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"Nach altem Duden musste "Stewardess" mit ß geschrieben werden." (#4941) Naja, "musste"? Nur, wenn man sich vom Duden alles vorschreiben ließ und ihn sich nicht bloß als Ratgeber ansah! Berechtigt ist aber die Schreibung mit "ß", den dieses Wort ist schon gut eingebürgert. Der deutsche Plural ist "Stewardessen"! Das mit der guten Einbürgerung ist bei Business und den Wellness-Centers aber nicht der Fall. Business ist Business für die Deutschen, die aus Geschäftigkeit nicht auf das deutsche Wort dafür kommen oder eben unbedingt zeigen müssen, was ihre Stärke ist. Sobald aber die Allgemeinheit von Wellneß-Zentr*en* spricht (falls dann nicht schon wieder eine andere Bezeichnung fürs Wohlsein in ist), besteht kein Grund mehr, lockere Problemlösungen weiter zu verwenden, denn die sehen dann eben doch komisch aus.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 03.10.2006 um 13.10 Uhr  
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Ich wage mal die Vermutung, daß einem nur im Rückblick die Schreibungen „Stewardeß“ oder „Busineß“ seltsam anmuten, und zwar aus mindestens zwei Gründen: Zum einen waren solche Schreibungen vor der Reform vollkommen unauffällig, weil sie vollkommen in das Schreibschema „kein ss am Ende eines Wortes“ paßten, und wie schon von Herrn Wrase angemerkt (siehe hier), prägen sich solche vielfach gelesenen unauffälligen Schreibungen kaum ein. Zum anderen verstellt uns wohl auch unsere Bildung ein wenig den Blick auf die vorreformatorische Zeit, scheint eine Schreibung des Fremdwortes, die sich mehr am Original orientiert, doch besser, sinnvoller zu sein – aber ich behaupte, daß wir ohne die vielen Beispiele, die es erst seit der Reform zu lesen gibt, nicht auf diesen Gedanken gekommen wären.

Ich habe mal beim Leipziger Wortschatzlexikon nachgeschaut, was es dort an Belegen für Busineß und Business gibt. Neben der stark unterschiedlichen Häufigkeit (die überwältigende Mehrzahl an Funden wird mit -ss geschrieben) fällt dabei auf, daß sich das Spektrum der „signifikanten Kookkurrenzen“ bei den beiden Schreibungen erheblich unterscheidet: Bei Business sind dies überwiegend englische Begriffe, wohingegen es bei Busineß fast nur deutsche Wörter sind. Das dürfte dafür sprechen, daß die hohe Anzahl der Fundstellen stark relativiert zu betrachten ist; auch die angegebenen Beispiele für „ist Teilwort von“ sprechen dafür.
Bei Stewardeß vs. Stewardess liegt die Sache m.E. klarer zutage: Es gibt nahezu gleich viele Fundstellen für beide Schreibungen, und die eine ist die bis einschließlich 1999 allein anzutreffende, die andere die der Jahre 2000ff.

Mein Eindruck: Es wurden Stewardeß und Busineß bis vor der Reform wie selbstverständlich mit Eszett geschrieben, Duden hin oder her.


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 03.10.2006 um 13.24 Uhr   Mail an
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Ein Haselnüßchen zur Entkrampfung

Mein Rechtschreibprogramm ist Spirituosenkenner. Schreibe ich „Whyskey“ oder „Wiskey“, dann nimmt es meine Bestellung nicht an. Whiskey und Whisky serviert es mir hingegen in Oberkellnermanier.
Über den Unterschied muß ich mich natürlich andernorts belehren lassen. „Whiskey“ ist nämlich nicht gleich „Whisky“. Das merkt man schon beim Probieren.
Duden meint, daß Whiskey die gälisch-englische Art sei, die in Amerika oder Irland gebrannt werde, während Whisky als die schottische Form gelte, die man aus Getreide oder Mais brenne.

Mein Tip („Tipp“) an künftige Spirituosenliebhaber: Wenn einem Edles widerfährt, dann sollte man sich unbedingt das Etikett der Flasche einprägen, aber danach ganz besonders vor dem sog. Etikettenschwindel auf der Hut sein. Es sind nämlich reichlich viele Nachahmerprodukte und Raubkopien unterwegs.
Meine ganz besondere Spirituosenempfehlung heißt übrigens: „Haselnußschnaps“ – der/das steht so im neuen Duden nicht drin!


Kommentar von Germanist, verfaßt am 03.10.2006 um 15.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4945

Weil "-nis" und "-ness" aus derselben Wurzel stammen und dasselbe bedeuten, darf man "-ness" auch zu "-nis" eindeutschen.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 03.10.2006 um 16.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4946

Zu Herrn Schubert (#4941): Ob es analog zum Fall des „Handy“ jemanden gibt, auf den das Wort „Wellneß“ zurückgeht, weiß ich nicht. Selbiges ist aber älter, als ich gedacht hätte, beim Leipziger Wortschatzlexikon gibt es unter anderem folgende Fundstellen:

»Daneben steigt aber immer mehr das Verlangen nach Wohlbefinden, nach Entspannung, nach Abschalten, nach Wellneß, wie es seit einigen Monaten auf neudeutsch heißt. (Quelle: Stuttgarter Zeitung 1995)

Sie tun das mit Programmen, die Fitneß, Fun, Beauty, Wellneß und weitere amerikanisch verbrämte Wohltaten verheißen. (Quelle: Süddeutsche Zeitung 1995


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 03.10.2006 um 16.29 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4947

Eindeutschungswelle

Ergänzend zum Beitrag von "Germanist" soll hier der erste Prototyp der Eindeutschungswelle von „-ness“ zu "-nis" - (gängig im Verlaufe des 19. Jahrhunderts) nachgeliefert werden. Beispielsweise schrieb Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach (13.09.1830 bis 12.03.1916) seinerzeit in Einklang mit der Regel das vom Schriftbild her anmutige Wörtchen: „Verständniß“.


Kommentar von Jan Henrik Holst, verfaßt am 06.10.2006 um 17.22 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4976

Habe heute mit jemandem von der FAZ geredet. Er sagte, solch eine Umstellung in puncto ß / ss werde es nicht geben. Hoffentlich hat er recht.
Text von meiner Person: www.janhenrikholst.de/indey3.htm


Kommentar von F.A.Z., 07.10.2006, Nr. 233 / Seite 42 (Leserbrief, verfaßt am 06.10.2006 um 19.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4978

Unverständnis in Italien

Nach meiner Rückkehr von einem mehrwöchigen Aufenthalt an der Ludwig-Maximilians-Universität in München ist es mir ein großes Anliegen, meine Befriedigung über die Tatsache zum Ausdruck zu bringen, daß die Frankfurter Allgemeine Zeitung noch in traditioneller Rechtschreibung erscheint. Im übrigen habe ich den Eindruck gewonnen, daß niemand in Deutschland genau weiß, was unter dem Begriff "neue Rechtschreibung" zu verstehen ist.

Ich arbeite an der Università degli Studi di Catania in der Abteilung für deutsche Sprache und Literatur, und ich kann Ihnen versichern, daß die Entwicklung der deutschen Sprache, vor allem die der Orthographie, in Italien mit größter Sorge verfolgt wird. Man kann nicht verstehen, daß eine so unsinnige Reform überhaupt durchgeführt wird.

Dr. Giuliana Cacciola, Catania, Italien



Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 07.10.2006 um 12.00 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4981

Nicht nur in Italien, sondern auch in ganz Mittelosteuropa. Die meisten Deutsch als Fremdsprache Lernenden gibt es übrigens nicht in Frankreich, Großbritannien, Japan, China oder den USA, sondern in Polen (nicht weitersagen!). Leider haben die Germanistenverbände des Ausland keinerlei Einfluß auf die Werkelei an der Orthopgraphie. Die meisten Länder, in denen Deutsch mit geringem oder größerem Abstand nach Englisch die zweite Fremdsprache ist, sind übrigens nicht so reich wie Deutschland, das ja jedes Jahr Schullehrbücher oder halbe Bibliotheksbestände einstampfen kann. Daß sich die Gütersloher Brüder, der Duden-Verlag, Langenscheidt usw. allseits schon recht gut festgebissen haben, ändert daran nichts.


Kommentar von R. M., verfaßt am 07.10.2006 um 14.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4986

Nichts gegen die Polen, aber laut Göthe-Institut steht Rußland noch an erster Stelle, bei stark rückläufiger Tendenz.


Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 08.10.2006 um 06.56 Uhr  
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Heute letzter Tag der Frankfurter Buchmesse. Das Thema „Rechtschreibreform“ haben wir an unserem Stand nur dann angesprochen, wenn dies ein Besucher selbst thematisieren wollte. Das wollten nicht viele, aber von diesen äußerte jeder seinen Überdruß.

Nach meiner Beobachtung führt die Verunsicherung zu einer Art Trotzhaltung nach dem Motto: „Ich habe die ständige Verunsicherung satt, ich schreibe jetzt wieder so, wie ich es gefühlsmäßig für richtig halte.“ Gefühlsmäßig richtig, das ist klassisch – es sei denn, die automatischen Korrekturprogramme der Computer mischen das „wohlgeschriebene“ Wortbild wieder auf. Eine Journalistin ärgerte sich über die vielen verschiedenen Rechtschreibungen der Auftraggeber („Da müßte ich ja x verschiedene Hausorthographien lernen! Also schreibe ich wieder, wie ich es gelernt habe.“), eine Mutter sprach offen ihre Verzweiflung über die Schriftverwahrlosung der Kinder aus. Sie alle sehnen nichts mehr herbei als das: einen Zustand, der intuitives Schreiben ohne Verunsicherung und Nachschlagen erlaubt – wie es eben vor 1996 gewesen ist. Und alle sehen, daß die Reform unermeßlichen Schaden angerichtet hat.

Ich habe kurz am Stand der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorbeigeschaut und mich für das vorläufige Standhaftbleiben bedankt. Ein Problem habe man in der Redaktion, das seien – wen wundert es – die Schüler. Das Projekt „Zeitung in der Schule“ solle weitergeführt werden. Ich kann mir vorstellen, daß dieses Problem der Redaktion tatsächlich großes Kopfzerbrechen bereitet. Die Entscheidungsbefugten mögen jedoch bedenken, daß sie den Schülern mit der unsäglichen ss-Schreibung einen Bärendienst erwiesen. Sie ist, wie das übrige dieses seltsamen Reformbürgerstreiches, unbeherrschbar und trägt ebensolche zerstörerischen Züge wie die „neue“ Getrennt- und Zusammenschreibung.
Die Einsicht wächst langsam, aber sie wächst. Man muß noch mehr Geduld haben und eine gewisse Sturheit. Liebe FAZ-Leute, sitzt es aus! Entscheidet euch jetzt noch nicht, wartet, bis der richtige Wagen des Karussells wieder an uns vorbeikommt. Wir müssen ihm nicht nachlaufen! Man wird wieder zurückgreifen wollen auf das ß am Silbenschluß: denn dazu ist es ja da, das Eszett, um den Silbenschluß zu markieren! Wenn es das ß nicht gäbe, müßte ein ähnlich markanter Buchstabe erfunden werden. Die Lesefähigkeit unserer Schüler geht zurück. Die Verwischung des Silbenschlusses durch die Reformschreibung trägt maßgeblich dazu bei, daß Lesen keine Freude mehr macht.
Nur nicht zu früh sich einem faulen Kompromiß anschließen, der sicherlich schon anderen voreilig Gehorsamen auf den Nägeln brennt!


Kommentar von Peter Schubert, verfaßt am 08.10.2006 um 09.47 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4998

"Dazu ist es ja da, das Eszet, um den Silbenschluß zu markieren."

Zum Beispiel in "Straße" und "Maße".


Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 08.10.2006 um 09.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#4999

Genau. Dabei ist auch der Anfang ein Schluß im Sinne der Regel.


Kommentar von Walter Lachenmann, verfaßt am 08.10.2006 um 10.08 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5000

Oder ist nicht eher jeder Schluß ein Anfang? Nicht jeder. Aber jeder Anfang führt irgendwann zu einem Schluß. Und an diesem hat das Dreierles-ß eine sinnvolle Funktion in der überlieferten deutschen Rechtschreibung. Es wäre bedauerlich, wenn uns diese Lesehilfe abhanden käme.

Aber ist etwas darüber bekannt, daß bei den Deutschschweizern schlechtere Schreib- und Leseleistungen festzustellen sind. Haben die deutschen Exilschriftsteller auf ihren amerikanischen Schreibmaschinen weniger gutes Deutsch geschrieben als die zuhause gebliebenen? Derartige Argumente sind einfach zu leicht zu widerlegen, der Pfarrer wird besser gehörtr, wenn er die Kirche im Dorf läßt.

Es reicht doch, wenn man sagt, die bisherige ß-Praxis bringt so viele Vorteile, daß es töricht ist, sie ohne Not für eine schlechtere aufzugeben.


Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 08.10.2006 um 11.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5001

Vielleicht wäre hinzuzufügen: Das Eszett hat eine Doppelfunktion, die eine ist die Darstellung des stimmlosen s nach langem Vokal, wie Herr Schubert es mir unter die Nase reibt. Weil die Doppelfunktion allgemein bekannt ist, habe ich mich darauf beschränkt, das ß in seiner Funktion als optisches Schlußsignal (Schlusssignal??) herauszustreichen. Es ist ja gerade diese Funktion, die Probleme bereitet.


Kommentar von Germanist, verfaßt am 08.10.2006 um 14.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5011

ß als Zeichen für stimmloses ("scharfes") s nach langem Vokal, aber vor der Verb-Endung t auch nach kurzem Vokal (bisher), obwohl dieses t noch zur Silbe gehört, weil es Einzelbuchstabensilben nicht gibt.


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 08.10.2006 um 17.33 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5013

"Grießbreikrise"
Im speziellen für Herrn Schubert habe ich ein kleines Diktat verfaßt, in dem S-Laute nach langem Vokal gehäuft vorkommen. Bewußt habe ich auch darauf Wert gelegt, einige Unterscheidungsschreibungen („lies, ließ, Griesgram, Grießbrei ...“) einzubauen, damit nicht der Verdacht aufkommt, daß ich das „ß“ nach langem Selbstlaut nicht richtig einschätzen könne.
Drei Dinge will ich klarstellen:
1. Es dürfte selbst einem phonetisch vorgebildeten Sprecher schwerfallen, die S-Laute des nachfolgenden Diktates beim erstmaligen Lesen (und zugleich Vorlesen) allesamt so deutlich auszusprechen, daß ein unbefangener Schreiber jeweils den stimmhaften bzw. stimmlosen S-Laut problemlos erkennen kann.
2. Es dürfte klar sein, daß es im Falle der gänzlichen Abschaffung des scharfen „ß“ nötig würde, sämtliche im Diktat vorhandenen „ß“ in „ss“ umzumünzen. Das würde beim Lesen zumindest in der Übergangsphase Probleme nach sich ziehen. Das würde beim Schreiben die altbekannte Regel „nach langem Selbstlaut kann keine Verdopplung stehen“ maßgeblich beeinträchtigen.
3. In diesem Sachzusammenhang muß deutlich werden, daß die „Faustformel“ – „ss am Schluß bringt Verdruß“ – unsägliche Lernhilfen bot. Mit ihr war es möglich, bei der Enddurchsicht des Diktates sämtliche Fehler im Schluß-S-Lautbereich mit Hilfe einer banalen Gedächtnisleistung aufzustöbern. D.h.: Die Rechtschreibreform hat den leichter erkennbaren S-Laut rationalisiert. Im übrigen darf angemerkt werden, daß zahlreiche „ß“ nach langem Selbstlaut (z.B. „schließlich, aß ...“) über die Stammschreibung (hier: z.B. „Schluß, essen ...“) erschlossen werden können. Diese rückbezügliche Wirkung der Stammschreibung war den Reformern offensichtlich unbekannt.

Das Diktat: „Grießbreikrise“
„Lies jetzt“, befahl Gustav seinem Kind und ließ es allein. Dann kochte sich der alte Griesgram einen Grießbrei mit Apfelmus und fraß gierig die süße Speise in sich hinein. Doch kaum hatte er gegessen, verspürte er ein scheußliches Reißen im Bauch. Schnell raste das alte Scheusal hinaus und entleerte sich am Wiesenrand vor einem Reisighaufen. Für seine nächste Reise nahm er sich vor, ausschließlich Reisbrei mitzunehmen, denn seinem Schließmuskel wollte er auf der Fahrt diese Krise nicht noch einmal zumuten. Zum Schluß entschied er weise, all seine Grießprodukte an arme Waisenkinder zu verschenken.


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 08.10.2006 um 18.21 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5014

Zum Diktat von Herrn Schäbler:
Ich halte die Beispiele "Grießbrei" und Reisbrei" für nicht sehr zweckmäßig, denn beide Schreibungen sind nicht selbstverständlich. Zwar verzeichnet mein Duden die Mehrzahlformen "Grieße" und "Reise", diese scheinen mir aber kaum gebräuchlich zu sein. Deshalb dürfte es für den durchschnittlichen Schreiber nicht ohne weiteres klar sein, wann ß und wann s zu schreiben ist.


Kommentar von Peter Schubert, verfaßt am 08.10.2006 um 19.17 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5015

Herrn Schäblers Beispiele sind nicht sehr aussagekräftig. Die Eszetts bei "schließen" und "aß" lassen sich aus der Stammschreibung nicht gut herleiten, weil schon im Stamm ss und ß wechseln: Schließen, aber geschlossen, essen, aber aß. Beim Reis und beim Grieß gibt es Schwierigkeiten; beides ist eine Pampe, bei der es kaum mal erforderlich ist, einen Plural zu bilden. Erschwerend kommt hinzu, dass es sowohl in Darmstadt als auch in Frankfurt (Main) einen westlichen Vorort namens Griesheim (ohne ß, mit s) gibt.


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 08.10.2006 um 19.30 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5016

Oh pardon!

Soll ich denn lieber ein Diktat vom fußkranken Markus oder vom grußfaulen Bastian erfinden, oder gar vom Lieschen, das vergißt, seine Blumen zu gießen?
Ich habe doch auch Fragen gestellt, Urteile vorgenommen. Wieso geht niemand darauf ein?
Was ist denn mit dem Grießbrei und mit Griesheim: Spricht man das denn anders aus?

Ich jedenfalls verspüre gewisse Bestätigung, daß es mit der Phonetik gar nicht so weit her ist!


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 08.10.2006 um 19.53 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5017

"Ganz schöner Mist" (Nachtrag zum letzten Beitrag von Herrn Schubert)

Lieber Herr Schubert!

Auf welchen S-Laut kann man eigentlich schließen, wenn sich im Wortstamm ein Doppel-S findet?

Sie können nun sicher den Merksatz ergänzen: „Wenn sich bei Wortfamilienmitgliedern im Inlaut ein „ss“ findet, dann schreiben wir im Auslaut (?) oder nach langem Selbstlaut und Diphthong (?).“

Wortbeispiele: "geschlossen, schließen, Schluß, essen, aß, eßbar, messen, Maß ... Mist".


Kommentar von Kaiser Günter, verfaßt am 09.10.2006 um 16.35 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5022

Für Herrn Peter Schubert: Auf ss-Deutsch schreibt man zum Beispiel nunmehr abartigerweise "das Ass", Englisch "the ass".
Diese haargleiche Buchstabenfolge ist keineswegs ein Zufall, sondern hier zeigen tiefere Seinsschichten auf, daß die künstlich erschaffene Schreibweise "das Ass" tatsächlich für den A...h (the ass) ist.
Apropos haargleich: In Überschriften ist im Englischen gezielte Großschreibung durchaus üblich: The Ass, das Ass.


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 10.10.2006 um 19.45 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5032

Zu Germanist (#4905):
In "eingedeutschten" englischen Wörtern wird das anlautende s stimmhaft ausgesprochen, sonst sind die Wörter eben nicht "eingedeutscht". Ähnliches gilt für anlautendes st, das im Deutschen scht ausgesprochen wird (Streik, Stil).
Das mag sich in Zukunft mit zunehmend verbreiteten Englischkenntnissen ändern. Vielleicht wird es sogar zu Rückentwicklungen in der Aussprache kommen. So fällt mir auf, daß "sexual" immer häufiger mit stimmlosem s ausgesprochen wird, vielleicht in Anlehnung an "Sex". Merkwürdig finde ich auch die häufig zu hörende Trennung zwischen dem u und dem a. Im Fernsehen höre ich immer häufiger, vielleicht schon überwiegend, die absonderliche Aussprache "ßexu'al".
Häufig wird auch "design" mit stimmlosem s gesprochen, vielleicht in Anlehnung an "sign", obwohl das sowohl der englischen Aussprache als auch deutschen Ausspracheregeln widerspricht.


Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 11.10.2006 um 01.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5039

| In "eingedeutschten" englischen Wörtern wird das anlautende
| s stimmhaft ausgesprochen, sonst sind die Wörter eben
| nicht "eingedeutscht". Ähnliches gilt für anlautendes st,
| das im Deutschen scht ausgesprochen wird (Streik, Stil).
| Das mag sich in Zukunft mit zunehmend verbreiteten
| Englischkenntnissen ändern.

Erst einmal haben die Reformer allerdings englische Wörter auf deutsch getrimmt, die vorher nie einer falsch geschrieben hat und die jetzt für einen Menschen mit Englischkenntnissen grotesk oder anstößig wirken müssen ("Cashtipp", "Ass").

Als Süddeutscher spreche ich normalerweise kein stimmhaftes s, wodurch sich die Originalaussprache beim Wort "Sex" praktich automatisch ergibt. Auch das deutsche Wort "sexuell" spreche ich mit stimmlosem s im Anlaut. Standardwidrig! Ich bin bekanntlich bekennender Standardwider, man sieht das ja an meiner Schreibung.

In Norddeutschland erlebe ich die gegenteilige Erscheinung: Dort werden viele nach Standard stimmlose s stimmhaft gesprochen, z.B. der Anlaut des Wortes "Sex". Häufig höre ich stimmhaftes s im Wort "Diskusion" (s zur Verdeutlichung einfach geschrieben).

Das Wort "Streik" halte ich für eingedeutscht (Sch im Anlaut).

Das Wort "Stil" spreche ich mit Sch im Anlaut, höre die Aussprache "S-til" aber nicht selten, vor allem dann, wenn der Sprecher sich um gehobene Sprache bemüht. Dies betrifft allerdings nur das Wort "Stil" selbst, Komposita sprechen die Leute hier mit sch.


Kommentar von R. H., verfaßt am 11.10.2006 um 09.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5040

Die Annahme, Stil sei ein "eingedeutschtes" englisches Wort, verdankt sich wohl der lange Zeit (bis ins 19. Jh.) verbreiteten Schreibung Styl. Diese Variante (vgl. frz., engl. style) beruht auf Anlehnung an das nicht verwandte gr. stylos (Pfeiler).
Zugrunde liegt vielmehr lat. stilus (Stiel, Griffel; Darstellung), das als stil bereits 1425 in heutigem Sinn belegt ist.


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 11.10.2006 um 23.36 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5050

Die Diskussion zwischen Herrn Schäbler und Herrn Schubert über die Stammschreibung scheint mir schief. Für die Schreibung des s-Lauts kommt es nicht darauf an, wie er zwischenvokalisch geschrieben (das wäre zirkulär), sondern wie er gesprochen wird.
Zu Herrn Günther:
Was an der Schreibung Ass "abartig" sein soll, ist mir schleierhaft. Die Schreibung As war schon nach alter Rechtschreibung eine isolierte Ausnahme. Regelgerecht hätte es Aß (wegen Asse) geschrieben werden müssen. Wenn Ass "abartig" wäre, dann müßte das englische Wort "mist" erst recht "abartig" sein, wegen des deutschen "Mist". Auf das Vulgärwort "cunt" will ich nicht näher eingehen.
Zu Herrn Meyer:
Das stimmhafte s kann durchaus auch einer kurzen Silbe folgen. Jedenfalls spreche ich "Fussel" mit stimmhaften s aus, ebenso übrigens "wuscheln" und "kuscheln" mit stimmhaftem sch. Die deutsche Schrift unterscheidet eben nicht immer zwischen stimmhaften und stimmlosen Lauten.
Zu Herrn Wagner:
Ich bin nach wie vor der Meinung, daß - unabhängig von Adelung oder Heyse - die Unterscheidung zwischen ss/ß und s die grundlegende Unterscheidung ist. Sie ist nichts anderes als die Unterscheidung zwischen stimmhaftem und stimmlosem Laut, also schon in der gesprochenen Sprache angelegt, nicht nur in ihrer (mehr oder weniger konventionellen) Verschriftlichung. Sie entspricht genau den Unterscheidungen b/p, d/t, g/k, w/f. Auch bei diesen Lauten ergeben sich Rechtschreibprobleme, wenn zwischenvokalische Formen fehlen oder unüblich sind: ab, Abt, Alb/Alp.


Kommentar von R. M., verfaßt am 12.10.2006 um 00.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5051

Die Schreibung As ist etymologisch bedingt (lat., frz.) und kann, soweit die lateinische Münze gemeint ist, auch gar nicht geändert werden. (Sehr wahrscheinlich weiß ein Gerhard Augst gar nicht, daß es eine solche Münze gibt.)

Es gibt im Deutschen kein Zeichen für das stimmhafte s nach kurzem Vokal, das betrifft z. B. auch Massel und Schlamassel aus dem Jiddischen, sowie für das stimmhafte sch. In der DDR übrigens wollte man sich bei der Transkription des Russischen durch die Unterscheidung von sch und sh behelfen (Marschall Shukow). Nicht sehr schlau, steht doch das sh im Englischen (und Albanischen) auch für den stimmlosen Zischlaut.


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 12.10.2006 um 09.35 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5054

Ratschlag erwünscht

Herr Achenbach schrieb: "Die Diskussion zwischen Herrn Schäbler und Herrn Schubert über die Stammschreibung scheint mir schief. Für die Schreibung des s-Lauts kommt es nicht darauf an, wie er zwischenvokalisch geschrieben (das wäre zirkulär), sondern wie er gesprochen wird."

Bezugnehmend auf vorhergehende Beiträge von P. Schubert und K. Achenbach hier einige Ableitungen: “Gruß, Grüße, Fuß, Füße, Sträßchen, Straße, Maß, Maße, bloß, Blöße, weiß, weißeln – Hase, lese, Krise, Rose, Bluse, Wiese, Waise, weise...”
Die erste Gruppe der obigen Wortbeispiele beschäftigt sich mit dem Eszett nach langem Selbstlaut. In allen Fällen wird angestrebt, das Eszett zwischen zwei Vokale zu bringen. Die Beispiele mit einfachem S sind aufgezählt, um ggf. einen Kontrast zur Aussprache vorgenannter Wörter herzustellen.
Zu speziellen Differenzen innerhalb der Diskussion: Das Wort „Grieß“ (siehe Beitrag von P. Schubert) verweigert sich der „Zwischenvokalität“. Scheinbar kann daraus etwas abgeleitet werden.
Ich bitte Herrn Achenbach, den Begriff „zwischenvokalisch“ in diesem Zusammenhang näher zu erläutern. (Geht das z. B. am Wortbeispiel „Soße“?)

Völlig andersgelagert sind die folgenden Ableitungen:
„Schluß, schließen; Guß, gießen; Riß, reißen; ... – messen, Maß, Maße; fressen, fraß; ...“
In obigen Wortbeispielen spielt der Vokal, der dem Eszett vorhergeht, eine besondere Rolle. Er wechselt von kurz zu lang. Nicht in jedem Fall läßt sich Zwischenvokalität herstellen (siehe „fraß“), und daraus kann man möglicherweise wieder etwas ableiten. Bitte auch in diesem Zusammenhang um Aufklärung, Herr Achenbach!


Kommentar von P. Schubert, verfaßt am 12.10.2006 um 14.45 Uhr   Mail an
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Herr Schäbler, wenn Sie einen Ratschlag wünschen, wäre es zweckmäßig, dass Sie eine klare Frage stellen.


Kommentar von Germanist, verfaßt am 12.10.2006 um 15.04 Uhr  
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Auch bei Verbformen hilft die Mehrzahlprobe (1. und 3. Pl.) oder die Infinitivprobe.


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 12.10.2006 um 17.23 Uhr   Mail an
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V i e r Fragen

1. Läßt sich das Eszett eindeutig von anderen S-Lauten unterscheiden, wenn es zwischen zwei Vokalen steht?
2. Gibt es irgend einen Qualitätsunterschied zwischen dem Eszett in „schließen“ und dem Eszett in „Füße“?
3. Gibt es einen Qualitätsunterschied zwischen dem Eszett am Silbenschluß und dem zwischenvokalischen Eszett?

Zusatzfrage:
4. Besteht im Falle unterschiedlicher Antworten auf die obigen Fragen eigentlich die unbedingte und zwingende Notwendigkeit einer Regeländerung? Oder wäre es nicht ebensowohl möglich und sinnvoll, die Ligatur Eszett für zwei unterschiedliche "Aussprachefälle" gleichermaßen gelten zu lassen (zumal der Sprachfall selbst sehr starke Verästelungen und Überlappungen aufweist)?


Kommentar von R. M., verfaßt am 12.10.2006 um 17.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5059

Nein.


Kommentar von Kaiser Günter, verfaßt am 12.10.2006 um 17.33 Uhr   Mail an
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Bei Eugen Roth heißt es in einem Gedicht:

.....dem ist die Schweiz nicht kühn genug,
die Steiermark nicht grün genug.....

...und so manchem Zeitgenossen sind ss und sss in der Verschriftung
des Deutschen nicht häufig genug.
Eugen Roth wußte, was er wie und warum zu Papier brachte.


Kommentar von nos, verfaßt am 12.10.2006 um 18.18 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5061

R.M.’s "nein" ist gut.
Den zweiten Teil meiner Zusatzfrage nehme ich hiermit zurück, denn hier paßt (mir) das "nein" nicht.


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 12.10.2006 um 19.54 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5062

Um die Sache noch etwas zu komplizieren, schlage ich vor, bei den Diskussionen zu s/ss/ß auch noch das z einzubeziehen.
Ich vernehme jedenfalls zwischen "Gans" und "ganz" keinen phonetischen Unterschied, d.h. das z steht hier auch für den einfachen s-Laut.
Beispiele wie Gans/Gänse, ganz/Gänze, winseln, bumsen usw. zeigen auch, daß zur Beurteilung der Stimmhaftigkeit ein nachfolgender Vokal ausreicht. Insofern nehme ich meine Aussagen zum zwischenvokalischen Auftreten zurück.


Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 07.11.2006 um 18.28 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#5408

Interview zur Stigmatisierung und Disziplinierung

Der interviewte Mitherausgeber der FAZ wurde von den Staatsdienern des Regierungssprachrohres "tagesschau.de" solange mit Fragen aus dem Milieu der Belagerungsberichterstattung bombardiert, bis er dem Journalistenkollektiv unverblümt zu verstehen gab, wie unmäßig tendenziös die Fragen sind. Ein Schulbeispiel für Stigmatisierungs- bzw. Disziplinierungs"journalismus" in Ausführung junger Revolutionäre in Staatsdiensten.


Kommentar von Christoph Kukulies, verfaßt am 04.10.2010 um 15.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=508#8290

Allerlei Tand – auch Misstand.

Heute lese ich in faz.net die Schreibweise "Misstände". Etwa ein vorsichtiger Rückzug, die Furcht vor dem Häßlichen?



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